Teilerfolg in Paris:
Israel zieht seine Panzer zurück - Kämpfe abgeflaut
Die Gespräche in Paris
Die USA und die Europäische Union
(EU) haben am Mittwoch, den 4. Oktober 2000, in Paris in der Nahost-Krise zu vermitteln versucht. Einen
Tag vor einem geplanten Treffen mit Ägyptens Präsident Hosni Mubarak, sollten
Israels Ministerpräsident Ehud Barak und Palästinenser-Präsident Yassir Arafat
dazu gebracht werden, ihre Friedensgespräche trotz der seit Jahren schwersten
Unruhen in den Palästinenser-Gebieten wieder aufzunehmen. Am Abend
kam nach zähen Verhandlungen ein Dreiertreffen zwischen US-Außenministerin
Madeleine Albright, Barak und Arafat in Paris doch noch zustande.
Zuvor waren Arafat und Barak zu getrennten Gesprächen mit dem französischen
Präsidenten Jacques Chirac und mit Albright zusammengekommen. Für das
Dreiertreffen hatte Arafat als Vorbedingung die Einsetzung einer internationalen
Untersuchungskommission und Sicherheitsgarantien für die palästinensische
Zivilbevölkerung verlangt.
Barak erklärte nach seinem Gespräch mit Chirac als Vertreter der
EU-Ratspräsidentschaft, Arafat sei für die neue Welle der Gewalt im Nahen Osten
verantwortlich und müsse sich entscheiden, ob er Frieden schließen wolle. Arafat
müsse nur seiner Miliz und Polizei befehlen, das Schießen einzustellen, und die
Gewalt hätte sofort ein Ende, sagte Barak. Dies sei eine Bedingung für die
Wiederaufnahme der Friedensgespräche.
Israel ist nach Angaben der US-Regierung mit einer Untersuchung der Vorfälle
unter Leitung der USA einverstanden. Israel und die Palästinenser sollten demnach
getrennt ermitteln und gemeinsam mit den USA Vorschläge ausarbeiten, um
zukünftige Unruhen zu verhindern. Dagegen fordern die Palästinenser, dass in der
Untersuchungskommission Frankreich, die EU und Ägypten die arabischen
Staaten vertreten sollten.
UN-Generalsekretär Kofi Annan sagte, in Paris entscheide sich, ob der
Friedensprozess wieder auf den Weg gebracht werden könne.
Die bisherige Bilanz der Kämpfe
Die Unruhen haben seit Donnerstag vergangener Woche (28. September)
mindestens 65 Menschenleben gefordert. Mehr als 1.800
Menschen wurden verletzt, die meisten von ihnen
Palästinenser. Allein am Mittwoch, den 4. Oktober, kamen acht Palästinenser
ums Leben, darunter auch ein 12-jähriger Junge.
Erste Schritte zur Deeskalation?
Israels Verkehrsminister Amnon Lipkin-Schahak sagte, Barak
habe den Rückzug von Panzern und Schützenpanzern von
Positionen im Westjordanland und dem Gazastreifen
angeboten. Arafat habe den Palästinensern das Ende der
Unruhen befohlen. Der amtierende Außenminister Schlomo Ben
Ami bezeichnete das Ergebnis von Paris als „halb gut, halb
schlecht“. Israel werde beobachten, ob Arafats Zusicherung
auch befolgt werde.
Bereits am Mittwoch (04.10.)hatte Israel 23 Panzer aus den
Außenbezirken von Nablus im Westjordanland abgezogen. Am
Donnerstag (05.10.) rückten weitere Panzer von einem Berg außerhalb
von Ramallah ab. Zwei Panzer wurden vom Südrand
Jerusalems zurückgezogen. Dort waren am Mittwochabend
noch Häuser jüdischer Siedler beschossen worden. Die Lage im
Westjordanland und dem Gazastreifen blieb trotz des
Panzerrückzugs gespannt. In Gaza versammelten sich
tausende Palästinenser auf dem zentralen Platz der Stadt und
schwenkten Arafat-Bilder.
Am Donnerstag trafen Arafat und der ägyptische Präsident
Husni Mubarak in Scharm el Scheich ein. Auch Albright war auf
dem Weg dorthin. Baraks Büro erklärte dagegen, der
israelische Ministerpräsident wolle nicht kommen.
Diplomatie
Der französische Staatspräsident Jacques Chirac sprach nach
den Gesprächen in Paris von einem bedeutenden Schritt, der
eine Rückkehr zur Ruhe in den Autonomiegebieten und in
Jerusalem gestatten könne. In grundlegenden Fragen seien
Fortschritte erzielt worden. Die Gespräche zwischen Barak,
Arafat und Albright in Paris dauerten bis zum frühen Morgen.
Kurz vor Mitternacht trafen die drei Politiker im Elysee-Palast
Chirac und UN-Generalsekretär Kofi Annan. Ein wichtiger
Streitpunkt des Verhandlungsmarathons war die Forderung
Arafats nach einer internationalen Untersuchungskommission.
Am Abend wollte der palästinensische Präsident verärgert aus
dem Raum stürmen, wie seine Beraterin Leila Schahid
berichtete. Albright habe ihn daran gehindert, indem sie
angeordnete habe, die Türen der Residenz des amerikanischen
Botschafters zu schließen.
Quellen: Tagespresse bzw. Internetmeldungen vom 5. und 6. Oktober 2000
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