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Bundesregierung soll "endlich eine aktive Rolle zur friedlichen Lösung des Nahostkonflikts" einnehmen

Im Wortlaut: Schalom 5767 (Berliner Erklärung)

Im Folgenden dokumentieren wir eine bemerkenswerte Erklärung jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich kritisch mit der israelischen Besatzungspolitik befasst. In der dazugehörigen Pressemitteilung der Initiatoren (21. Nov. 2006) heißt es:
"Rolf Verleger, Mitglied im Direktorium des Zentralrats der Juden in Deutschland, appelliert mit der heute veröffentlichten Berliner Erklärung "Schalom 5767" an die Bundesregierung, endlich eine aktive Rolle zur friedlichen Lösung des Nahostkonflikts einzunehmen. Die israelische Kriegs- und Besatzungspolitik dürfe von Deutschland nicht länger unterstützt werden. Diese Erklärung steht als Online-Petition im Internet unter www.schalom5767.de zur Verfügung. Verleger erklärt: "Mein Ziel sind eine Million Unterschriften. Wir können damit etwas bewirken!" Mehr als 60 jüdische Menschen aus Deutschland sind Erstunterzeichnende des Aufrufs. (...)
Am 23. Juli 2006 hatte Verleger einen Brief an das Präsidium des Zentralrats geschrieben, in dem er Israels militärische Maßnahmen gegen den Libanon kritisierte und für eine friedliche Lösung des Palästinakonflikts plädierte. Aufgrund dieses Briefs setzte ihn am 9. August seine Jüdische Gemeinde Lübeck als Vorsitzenden des Landesverbands Jüdische Gemeinschaft Schleswig-Holstein ab. (...)"
Außerdem wollen wir (einleitend) den Begleitbrief von Rolf Verleger zur Kenntnis bringen, mit dem er auf die "Berliner Erklärung" hinweist und um Unterschriften wirbt.
Rolf Verleger ist Referent auf dem Friedenspolitischen Ratschlag, der am 2./3. Dezember 2006 an der Uni Kassel stattfindet.
Die "Berliner Erklärung" verfolgt eine ähnliche Intention wie das von Politikwissenschaftlern herausgegebene "Manifest der 25", das wir an anderer Stelle veröffentlicht haben: "Freundschaft und Kritik".



Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde,

dieser Brief geht an die Hunderte von Ihnen, die mir nach der Veröffentlichung meines Briefs geschrieben hatten, den ich an die Mitglieder des Zentralrats der Juden in Deutschland gerichtet hatte.

Ihre ermutigenden Worte haben mir sehr geholfen. Vor allem haben Sie mir auch vor Augen geführt, dass es in Deutschland eine Mehrheit gibt, die eine friedliche Lösung des Palästinaproblems befürwortet. Diese Mehrheit steht im Gegensatz zur Haltung dieser und früherer Bundesregierungen, die alle Initiativen der EU in diese Richtung abgebremst haben. Wenn es aber diese Mehrheit in Deutschland für eine andere Politik gibt, dann können und sollen wir diese Haltung der Bundesregierung ändern!

In der Anlage finden Sie die "Berliner Erklärung Schalom 5767", mit den Erstunterzeichnenden, und eine Presseerklärung. Mit über 60 jüdischen Menschen aus Deutschland als Erstunterzeichnenden, die sich damit gegen den "mainstream" der jüdischen offiziellen Meinung stellen, appellieren wir hiermit an die Bundesregierung, endlich für Frieden und Gerechtigkeit aktiv zu werden.

Mit diesen Briefen an Sie beginnt die Phase der Sammlung allgemeiner Unterschriften, über den Kreis der Erstunterzeichner hinaus. Bitte unterzeichnen Sie diese Erklärung, bitte verbreiten Sie sie weiter. Man kann Sie direkt auf der web-site www.schalom5767.de "unterzeichnen" oder auf traditionelle Weise auf Papier. (In diesem Fall bitte zurück an Prof. Dr. Rolf Verleger, Postfach 110137, 23534 Lübeck). Ich erhoffe mir von Ihnen, dass Sie für die Erklärung Multiplikatoren sind, und ich möchte auch an die Medien gehen. Für entsprechende Anzeigen brauche ich Geld. Spendenkonto 13 0101 397 bei Sparkasse zu Lübeck, BLZ 23050101, Stichwort schalom5767. Mein Ziel sind 1.000.000 Unterschriften.

Wir können damit etwas bewirken! Die EU ist ein entscheidender Faktor für das östliche Mittelmeer, und wenn Deutschland nicht länger die israelische Besetzungs- und Kriegspolitik unterstützen wird, dann kann sich vieles zum Guten entwickeln.

Ich habe nicht allen von Ihnen auf Ihre ermutigenden Worte antworten können. Ich kam einfach mit der Korrespondenz nicht mehr hinterher. Bitte haben Sie dafür Verständnis.

Ich danke Ihnen und grüße Sie herzlich,
Rolf Verleger



Schalom 5767 (Berliner Erklärung)

Seit Jahrzehnten leben das israelische und das palästinensische Volk als Nachbarn. Es gäbe viele Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und zur gemeinsamen Entwicklung. Stattdessen wird ihr Leben vergiftet durch Krieg und Gewalt, durch Bedrohung und Terror, durch gegenseitigen Hass, Verachtung und Respektlosigkeit.

Das Grundübel ist die seit 1967 andauernde israelische Besetzung palästinensischen Gebiets. Die Besetzung bedeutet Entwürdigung und Entrechtung der Palästinenser. Sie lähmt ihr wirtschaftliches, politisches und soziales Leben. Darüber hinaus verhindert dieses täglich neu erlebte Unrecht einen friedlichen Ausgleich des alten Unrechts, das den Palästinensern mit der Vertreibung von 1948 angetan wurde. All dies treibt die Spirale der Gewalt an.

Es ist an der Zeit, diese Spirale zu durchbrechen und einer dauerhaften Friedenslösung den Weg zu bereiten, die
  • dem palästinensischen Volk ein selbstbestimmtes Leben in Würde ermöglicht
  • beiden Nationen die Existenz in international anerkannten Grenzen sichert
  • die gesamte Region befriedet und dadurch die ganze Erde friedlicher und sicherer werden lässt
In beiden Gesellschaften, der israelischen wie der palästinensischen, gibt es seit langem Stimmen für Verständigung; die „Genfer Vereinbarung“ ist dafür wegweisend (www.genfer-initiative.de). Diese Stimmen brauchen Unterstützung.

Nur wenig Unterstützung kommt jedoch aus Deutschland. Das hat seinen Grund: Vor 61 Jahren endete mit der Niederlage Nazi-Deutschlands der unter Führung von Deutschen begangene Massenmord an den Juden Europas. Scham und Trauer über dieses Verbrechen lässt viele Menschen zur Politik des jüdischen Staats Israel schweigen.
Aber dieses Schweigen ermöglicht neues Unrecht.

Um in diese erstarrte Situation Bewegung zu bringen, haben wir, Jüdinnen und Juden aus Deutschland, als Erstunterzeichnende diese Erklärung auf den Weg gebracht. Denn wir sehen mit Entsetzen, wie der mit so großen Hoffnungen gegründete Staat Israel in einer Sackgasse der Gewalt feststeckt.

Wir fordern die deutsche Regierung auf, mit der Europäischen Union
  • die israelische Besatzungspolitik nicht länger zu tolerieren
  • kurzfristig den Boykott der Palästinensischen Autonomiebehörde zu beenden
  • endlich die Verwirklichung eines lebensfähigen palästinensischen Staates ernsthaft anzustreben, in Gaza und dem gesamten 1967 besetzten Westjordanland einschließlich Ost-Jerusalems, mit voller Souveränität und freiem Verkehr.
Damit wird eine Sicherheitsregelung für die Staaten der Region zu verbinden sein, besonders für das sich bedroht fühlende Israel, ebenso wie für seine Nachbarstaaten. Fragen des Rückkehrrechts der von Israel 1948 vertriebenen Palästinenser können einvernehmlich gelöst werden, wenn Israel als Zeichen der Versöhnungsbereitschaft die Vertreibung als Unrecht benennt. Der Status Jerusalems als Doppelhauptstadt wird zu klären sein. Ein Vorschlag der Arabischen Liga zur Einigung mit Israel liegt vor. Der Frieden wäre greifbar nahe.

"Was Dir verhasst ist, tu Deinem Nächsten nicht an." So fasste vor zweitausend Jahren Rabbi Hillel das Wesen des Judentums zusammen. Das sollte auch heute der Leitfaden menschlichen Handelns sein, - auch in der Politik.

Jüdische Erstunterzeichnende der Berliner Erklärung Schalom 5767
Vera Ansbach (Berlin) Ursula Ansbach (Berlin), John Attfield (Geschäftsführer, Buchholz), Dr. Hanna Behrend (Historikerin, Berlin), Dr. Friedel Beier (Rechtsanwältin, Berlin), Edna Bejarano (Sängerin, Hamburg), Esther Bejarano (Sängerin, Hamburg), Joram Bejarano (Musiker, Hamburg), Susan Berger (Berlin), Jutta Bergt (Rentnerin, Weil am Rhein), Judith Bernstein (München), Stacey Blatt (Duisburg), Sharon Blumenthal (Juristin, Köln), Prof. Dr. Y. Michal Bodemann (Soziologe, Berlin / Toronto), Iris Borchardt-Hefets (Biologin, Berlin), Marion Brasch (Journalistin, Berlin), Prof. Dr. Almut Sh. Bruckstein (Philosophin, Berlin), Tsafrir Cohen (Journalist, Berlin) Gerty Colden (Rentnerin, Berlin), Martin Colden (Maler, Berlin), Hilary Coleman (Ärztin und Übersetzerin, Düsseldorf), Ruth Czichon (Berlin), Marianne Degginger (Berlin), Prof. Dr. Wolfgang Edelstein (Bildungsforscher, Berlin), Ursula Epstein (Musikpädagogin, Aachen), Erica Fischer (Schriftstellerin, Berlin), Alfred Fleischhacker (Journalist, Berlin), Dr. Michael Fleischhacker (Biologe, Berlin), Bettina Fraenkel (Behindertenpädagogin, Berlin), Ruth Fruchtman (Autorin, Berlin), Kurt Goldstein (Ehrenvorsitzender Internationales Auschwitz-Komitee, Berlin), Werner Goldstein (Journalist, Berlin), Harri Grünberg (Politologe, Berlin), Kurt Gutmann (Berlin), Hella Händler (Berlin), Werner Händler (Berlin), Doreet Harten (Kuratorin, Berlin), Michal Kaiser-Livneh (Psychotherapeutin, Berlin), Schira Kaiser (Studentin, Berlin), Dr. Inge Lammel (Autorin, Berlin), Dr. Kate Leiterer (Biologin, Berlin), Angelika Levi (Regisseurin, Berlin), Gabriel Lévy (Psychologe, München), Dr. Oswald LeWinter (Autor, Seligenstadt), Dr. Erika Lifsches (Ärztin, Mühlheim/Ruhr), Dr. Edith Lutz (Lehrerin, Köln), Petra Mendelsohn (Bibliothekarin, Berlin), Abraham Melzer (Verleger, Neu-Isenburg), Gerhard Moss (St. Peter-Ording), Deborah Philips (freie Künstlerin, Berlin), Margalith Pozniak (Zahntechnikerin, Hamburg), Sara Reifenberg (Rentnerin, Berlin), Prof. Dr. Fanny-Michaela Reisin (Informatik, Berlin), Michael Riese (Lehrer, Alsfeld), Dr. Ruth Rosenberg (Tierärztin, München), Rafi Rothenberg (Kameramann, Köln), Ruth Rürup-Braun (Innenarchitektin, Karlsruhe), Dr. Sonja Sager (Juristin, Berlin), Shelly Steinberg (Studentin, München), Dr. Klaus Sternberg (Lehrender, Berlin), Dr. Maria Striewe (Ärztin, Neuss), Richard Szklorz (Journalist, Berlin), Prof. Dr. Jochanan Trilse-Finkelstein (Germanist, Berlin), Prof. Dr. Ernst Tugendhat (Philosoph, Tübingen), Nora van der Walde (Lehrerin, Buchholz), Prof. Dr. Rolf Verleger (Psychologe, Lübeck), Dr. Susan Winnett (Literaturwissenschaftlerin, Hamburg), Dr. Andrea Zielinski (Anthropologin, Hamburg)

Bitte unterstützen Sie mit Ihrer Unterschrift diese Erklärung, oder tragen Sie sich ein: auf www.schalom5767.de

Verantw. i. S. d. Presserechts: Prof. Dr. Rolf Verleger. Postadresse: "Schalom5767", Postfach 110137, 23534 Lübeck.




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