Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Siedlungsbau in der Kritik

Ägypten warnt Israel vor "gefährlichen Konsequenzen" *

Ägypten hat Israel erneut aufgefordert, den Siedlungsbau auf besetztem palästinensischem Gebiet einzustellen.

Der ägyptische Präsident Husni Mubarak drängt Israel auf einen Stopp des Siedlungsbaus in palästinensischen Gebieten. Eine »Judaisierung von Jerusalem« würde gefährliche Konsequenzen haben, sagte Mubaraks Sprecher am Sonntagabend in Kairo nach einem Gespräch des ägyptischen Staatschefs mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. Jerusalem habe für die arabisch-muslimische Welt eine ganz besondere Bedeutung. Mubarak habe seinen Gast auch aufgefordert, jegliche Siedlungsaktivitäten im Westjordanland zu beenden, sagte der Präsidentensprecher. Von israelischer Seite wurden nach dem Treffen zunächst keine Erklärungen abgegeben.

Der israelische Siedlungsausbau ist einer der wichtigsten Streitpunkte zwischen Israel und den Palästinensern. Während die Palästinenser und auch die USA auf einen umfassenden Siedlungsstopp drängen, will Netanjahu eine derartige Verpflichtung nicht eingehen.

Nach dem Tod eines Luftwaffen-Piloten in Israel sind die für den gestrigen Montag geplanten Gespräche zwischen Netanjahu und dem US-Nahostgesandten George Mitchell um einen Tag verschoben worden. Dies teilte Netanjahus Büro am Montag mit. Israel trauerte um Assaf Ramon, den Sohn des ersten israelischen Astronauten im Weltraum, Ilan Ramon. Der 21-Jährige war am Sonntag bei einem Trainingsflug mit seinem Kampfjäger über dem Westjordanland abgestürzt. Assaf Ramon wurde im Beisein von Netanjahu und Präsident Schimon Peres bei Tel Aviv an der Seite seines Vaters bestattet.

Der rund vierwöchige Gazakrieg zur Jahreswende hat einer Untersuchung der UN zufolge auch die Umwelt der Krisenregion schwer geschädigt. Die Auswirkungen der Grundwasserverschmutzung bedrohten sowohl die Gesundheit der 1,5 Millionen Menschen im Gazastreifen, als auch großer Teile Israels, warnte Achim Steiner, Direktor des UN-Umweltprogramms am Montag bei der Vorstellung der Untersuchung in Nairobi. Gefordert sei daher eine Zusammenarbeit über die Grenzen des Gazastreifens hinweg. Aus den Trümmern zerstörter Häuser und Industrieanlagen drohten giftige Stoffe wie Asbest, Furane und Dioxine ins Grundwasser zu gelangen. Etwa 17 Prozent der Landwirtschaftsfläche im Gazastreifen seien zerstört worden.

* Aus: Neues Deutschland, 15. September 2009

"Das E1-Projekt wird ein Desaster für uns sein"

Im Folgenden dokumentieren wir Auszüge aus einem Feature von Sebastian Engelbrecht vom ARD-Hörfunkstudio Tel Aviv, das auf der Website www.tagesschau.de am 12. September erstmals veröffentlicht wurde.

Straßen und Stromleitungen gibt es bereits - im israelischen Siedlungsprojekt "E1", östlich von Jerusalem, fehlen nur noch die Häuser. Doch sobald diese stehen, wird das palästinensische Westjordanland endgültig von Ost-Jerusalem abgeschnitten sein, so die Gegner des Projekts. Gleich östlich der Altstadt von Jerusalem, östlich vom Ölberg, beginnt die Berglandschaft der judäischen Wüste. (...)

Mitten in die Wüste hinein hat die israelische Regierung hier das Polizeihauptquartier von Jerusalem bauen lassen. Gesichert mit einem hohen Zaun thront der mehrstöckige Bau auf dem Berg. Wo der Blick am schönsten ist, haben vor ein paar Tagen der israelische Minister für Infrastruktur, Uzi Landau, und Wissenschaftsminister Daniel Hershkowitz den Grundstein für eine neue Siedlung gelegt. (...)

"E1" heißt die Siedlung im Jargon der Planer. Der Presseprecher der benachbarten Siedlerstadt Ma'aleh Adumim, Hiski Zizman, weiß genau, was auf diesem Grundstein entstehen soll: die Siedlung Mevaserret Adumim mit 3500 Wohneinheiten. "Hier auf dieser Seite sind 1250 Wohnungen geplant. Das Zentrum wird die Polizeiwache Mechos Jai sein, die sich hier befindet", sagt er: "Und auf diesem Grundstück da werden noch einmal 1250 Wohnungen gebaut - und dahinter noch ein paar Hundert Wohneinheiten."

Die Straßen und eine Brücke nach "E1" sind schon fertig. Strom- und Wasserleitungen, Straßenlaternen sind vorhanden. Es fehlen nur noch die Häuser. (...) "E1" würde das palästinensische Westjordanland von Ost-Jerusalem abschneiden - und damit Jerusalem als künftige Hauptstadt der Palästinenser unmöglich machen.

Siedler-Pressesprecher Zisman kümmert das wenig. Er verweist nur auf die Einöde der Wüste: "Wen stört das? Wo ist hier der palästinensische Staat? Wen schneidet das ab? Wo sind die Araber, wo?", fragt er. "Das ist alles Falschinformation, alles Lug und Trug. Das ist wirklich ein natürlicher topographischer Prozess, eine Entwicklung der Stadt Ma'aleh Adumim in Richtung Jerusalem, mit dem sie territorial verbunden wird."

Auf einem benachbarten Wüstenhügel liegt das Einkaufszentrum von Ma'aleh Adumim, der mit 37.000 Einwohnern größten israelischen Siedlerstadt. Bio-Croissants gibt es hier im Café, Zierfische und Kosmetik. Der Bürgermeister von Ma'aleh Adumim, Benny Kashriel, Mitglied im konservativen Likud, will "E1" als neues Viertel seiner Stadt zuschlagen. (...)

Die Siedlung "E1" hätte noch andere Nachbarn - die palästinensischen Vororte von Jerusalem nämlich, zum Beispiel Al Aizariya. 25.000 Menschen wohnen hier. Der Raum für sie wird immer enger. Während die Siedlungen expandieren, lässt die israelische Regierung bei den Palästinensern kein "natürliches Wachstum" zu. Israel nimmt die palästinensischen Vorstädte von Ost-Jerusalem in die Zange. Im Westen sind sie durch die acht Meter hohe Betonmauer von Jerusalem abgetrennt, im Osten liegen israelische Siedlungen.

(...) Aus Sicht der Palästinenser wird die Siedlung "E1" auf ihrem Land geplant - auf einem Territorium, das nach ihrem Recht zu den Gemeindegrenzen von Al Aizariya gehört. Aber die Menschen hier sind an Unrecht längst gewöhnt. Die Mauer zwingt sie zu abenteurlichen Umwegen zum Krankenhaus, zum Einkaufen, zu Verwandten. Der Bürgermeister von Al Aizariya, Issam Faroun, sieht im Bau von "E1" eine Form von "Gewalt durch Besatzung": "Wenn dieses 'E1'-Projekt wirklich umgesetzt wird, wird das ein Desaster für uns sein. Aber nicht erst in Zukunft. Schon heute sind wir total von Jerusalem isoliert."

Auszüge aus: tagesschau.de, 12. September 2009; www.tagesschau.de




Zurück zur Israel-Seite

Zur Palästina-Seite

Zur Ägypten-Seite

Zurück zur Homepage