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Vermisste israelische Jugendliche sind tot

Leichen der Religionsschüler im Westjordanland gefunden/ Israel droht mit Vergeltung / Israelische Friedensbewegung verurteilt das Verbrechen *

Im Westjordanland sind die Leichen der drei vermissten Jugendlichen von israelischen Soldaten gefunden worden. Das israelische Militär greift darafuhin 34 palästinensische Ziele an. Die Hamas wirft Israel Instrumentalisierung der Entführung vor.

Israel hat nach dem Tod von drei vermissten Jugendlichen massive Luftangriffe auf den Gazastreifen geflogen. Es seien »Präzisionsschläge« gegen 34 Ziele im Gazastreifen geführt worden, teilten die Streitkräfte am Dienstagmorgen mit. Zuvor hätten militante Palästinenser seit dem Sonntagabend mindestens 18 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert. Es war der heftigste Luftangriff auf das Palästinensergebiet seit dem letzten großen Schlagabtausch zwischen Israel und der dort herrschenden Hamas-Organisation im November 2012.

Die Leichen der seit zweieinhalb Wochen vermissten israelischen Jugendlichen waren unter einem Steinhaufen auf einem Feld nordwestlich von Hebron im Westjordanland gefunden worden, wie die Armee am bestätigte. Die Israelis wurden offenbar schon kurz nach ihrer Entführung erschossen. Ihre Leichen wurden nur wenige Kilometer entfernt von dem Ort gefunden, an dem sie zuletzt gesehen worden waren

Als Folge des Todes der Jugendlichen trat am Montag das Sicherheitskabinett unter Vorsitz von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zusammen. Nach der Beerdigung der Jugendlichen am Dienstag werde das Gremium erneut über das weitere Vorgehen beraten, sagte ein Regierungsmitarbeiter.

Auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas berief für Dienstag eine Dringlichkeitssitzung der Palästinenserführung ein. Dabei solle es um die Auswirkungen der jüngsten Spannungen gehen.

Israel beschuldigt die radikal-islamische Palästinenserorganisation Hamas, die drei israelischen Jugendlichen entführt und getötet zu haben. Israel forderte die Fatah-Organisation von Abbas auf, als Konsequenz aus der Entführung ihre Einheitsregierung mit der Hamas aufzukündigen.

Die Hamas beschuldigte ihrerseits Israel, den Tod der drei Jugendlichen für weitere Militäraktionen gegen die Palästinenser zu benutzen. »Wir weisen alle israelische Unterstellungen und Drohungen gegen uns zurück«, hieß es in einer Erklärung der Hamas. Keine palästinensische Gruppe - auch nicht die Hamas - habe sich zu der Aktion bekannt.

Bei einem israelischen Militäreinsatz in Dschenin im nördlichen. Westjordanland wurde in der Nacht ein Palästinenser getötet. Eine Armeesprecherin in Tel Aviv teilte am Dienstag mit, Soldaten seien in die Stadt gekommen, um einen »Terroraktivisten« festzunehmen. Ein Palästinenser habe daraufhin versucht, einen Sprengsatz auf die Soldaten zu werfen. Diese hätten das Feuer eröffnet. Bei dem Palästinenser handele sich um ein Mitglied der radikal-islamischen Hamas, sagte die Sprecherin. Nach palästinensischen Angaben war er der sechste Mensch, der seit der Entführung der Jugendlichen am 12. Juni bei israelischen Einsätzen im Westjordanland getötet wurde.

Augenzeugen im Gazastreifen berichteten, überall seien Explosionen zu hören gewesen. Ziele seien Militäreinrichtungen der Hamas sowie der militanten Palästinensergruppe Islamischer Dschihad gewesen. Die Einrichtungen seien vorsorglich evakuiert worden. Auch von der See aus habe die israelische Marine den nördlichen Gazastreifen beschossen. Nach Angaben des medizinischen Dienstes im Gazastreifen wurden bei Chan Junis vier Menschen verletzt. Einer wurde vermisst.

Seit dem Verschwinden der Jugendlichen auf dem Heimweg am 12. Juni hat die israelische Armee bei Razzien nach eigenen Angaben mehr als 420 Palästinenser festgenommen, die meisten davon Hamas-Mitglieder.

* Nach: neues deutschland, online, 1. Juli 2014

DOKUMENTIERT:

Avnery: The kidnapping and murder - a crime deserving of all condemnation

Also and especially now, it must be said that only peace can end bloodshed

Gush Shalom, 1.7.2014

"The kidnapping and murder of three boys is a crime deserving all condemnation", says former Knesset Member Uri Avnery of Gush Shalom.

"No political cause can justify such an act, and among other things the perpetrators caused grave damage to the Palestinian people.

The three boys now join the very long and terrible list of victims, members of both peoples, who were killed in the cause of a bloody conflict which has already lasted for more than a century.

Also and especially on this harsh and tragic moment, it must be said: only the achievement of peace between enemies can end conflicts and put a stop to bloodshed.

It is a stormy moment, when inflammatory cries are made for revenge and the landing of a blow on the other side. It would be a grave mistake for the State of Israel to take such a route, which would lead only to bloodshed and more bloodshed, revenge and counter-revenge and counter-counter-revenge.

Only peace between Israelis and Palestinians, between the exisiting state of Israel and the state of Palestine which will arise at its side, bears the hope that these three boys will be the last victims."


Offizielle Reaktionen in Israel **

Das Sicherheitskabinett kam noch am Montag zusammen. Zu Beginn der Sitzung sagte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu:

„Zu unserer großen Trauer wurden diesen Abend drei Leichname gefunden. Alles deutet darauf hin, dass es sich um die Körper der drei entführten Jugendlichen Eyal Yifrah, Gilad Sha’er und Naftali Frenkel handelt.

Sie wurden entführt und kaltblütig von menschlichen Tieren ermordet. Im Namen des ganzen jüdischen Volkes möchte ich ihren Familien, ihren Müttern, Vätern, Großmüttern und Großvätern, ihren Brüdern und Schwestern, sagen, dass wir tief getroffen sind, und dass die ganze Nation mit ihnen trauert. Wir werden für ein angemessenes Begräbnis der Jungs sorgen.

‚Rache für das Blut eines kleinen Kindes hat selbst der Satan noch nicht geschaffen.‘ Auch nicht die Rache für das Blut dreier unschuldiger Jungen, die auf dem Weg nach Hause zu ihren Eltern waren, die sie nie wieder gesehen haben. Die Hamas ist verantwortlich – und die Hamas wird zahlen. Möge die Erinnerung an die drei Jungen gesegnet sein.“

> Präsident Shimon Peres veröffentlichte nach Bekanntwerden der Nachricht vom Tod der Jungen folgende Stellungnahme:

„Ganz Israel neigt heute sein Haupt. 18 Tage lang haben wir gehofft und mit einer Stimme gebetet, dass wir die Jungen gesund und sicher finden werden. Angesichts dieser bitteren Nachricht trauert nun ganz Israel. Wir fühlen den großen Verlust und bleiben zugleich entschlossen, die Terroristen zur Rechenschaft zu ziehen. Unsere Entschlossenheit zum Kampf gegen den Terror wird noch stärker und wir versichern, dass mörderischer Terrorismus dieser Art es nicht mehr wagen wird, sich zu erheben.

In diesen schweren Tagen sind meine Gedanken und meine Gebete bei den Familien. Sie haben ihre Kinder hingebungsvoll erzogen und in ihnen die Liebe für ihr Heimatland gesät.“

Außenminister Avigdor Liberman hat seinen Besuch in Prag abgesagt, um nach Israel zurückzukehren.

Israels Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, sagt: „Meine Gedanken sind bei den Familien von Gilad, Naftali und Eyal, denen ich mein tief empfundenes Beileid ausspreche.

Dieser Mord ist sinnlos und durch nichts zu rechtfertigen. Durch diese Tat zeigt die Hamas ihr wahres Gesicht und dieser Terror muss nieder geschlagen werden – nicht nur in Israel.

Dieselben Mörder, die im Irak und Syrien derzeit eine Gefahr darstellen, betreiben nun Terror in Israel. Die Extremisten kennen keine Grenzen, und die moderaten Kräfte in der Region müssen ihnen geschlossen entgegentreten.

Israel befindet sich in einer schweren Krise. Nach diesen Ereignissen wird sich klar zeigen, wer wahrhaftig Frieden möchte. Wir erwarten von den Regierungen in Europa, dass sie sich nicht in die Irre führen lassen und dass sie die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um den Terror niederzuschlagen.“

Der zukünftige Präsident Israels, Reuven Rivlin, sagte:
„Was wir befürchtet haben, ist wahr geworden. Unsere Befürchtung reichte tief, aber wir trugen in unseren Herzen die Hoffnung, dass selbst mörderische Terroristen die Teenager verschonen würden. Unsere Herzen sind in diesen schweren Tagen bei den tapferen Familien, die für immer als Vorbild der Stärke und Hoffnung auch in den schwersten Zeiten stehen werden.“

** Newsletter der israelischen Botschaft in Berlin, 01.07.2014




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