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Teile und herrsche

Jemen: Erbarmungsloser Krieg gegen Houthi-Bewegung. Präsident Saleh hofft auf Militärhilfe. Opposition im Süden droht mit Abspaltung

Von Karin Leukefeld *

In den vergangenen Tagen seien »Hunderte Eindringlinge« der Houthis im gebirgigen Grenzgebiet zwischen Saudi-Arabien und Jemen getötet worden. Dies behauptet zumindest das saudische Militär. Kämpfer des regierungstreuen jemenitischen Shoulan-Stammes sollen nach Angaben des jemenitischen Innenministeriums mindestens zehn Mitglieder der Houthi-Bewegung mit »Maschinengewehrfeuer niedergemäht« haben. Die Houthis gehören zu einer Minderheit im Norwesten Jemens. Ihnen wird von der Regierung vorgeworfen, vom Iran militärisch und finanziell unterstützt zu werden.

»Teile und herrsche« sei das Motto der Regierung von Ali Abdullah Saleh, sagt Mohammad Abdulsalem, Sprecher der Houthis, die angeblich eine deutsche Familie und einen britischen Ingenieur entführt haben sollen. Die Regierung nahm die Entführung zum Vorwand für die Militäroperation »Verbrannte Erde« gegen die Houthi-Bewegung, die von Anfang an den Vorwurf zurückgewiesen hat. Dennoch führen die Armeen des Jemen und Saudi-Arabiens gemeinsam Krieg gegen die Bewegung der Houthi.

Nun scheint die Luft dünner zu werden für Präsident Saleh, der mit seinem Vabanquespiel und jahrelanger Mißwirtschaft nicht nur die Houthi-Bewegung gegen sich aufgebracht hat. Im Süden demonstriert eine starke Opposition fast täglich gegen die Regierung und droht mit der Abspaltung. Journalisten und Menschenrechtler werfen der Regierung Unterdrückung der Meinungsfreiheit vor. Parteien und Abgeordnete kritisieren, daß Saleh am Parlament vorbei und gegen die Verfassung regiert. 200 Millionen US-Dollar soll die Regierung monatlich für Krieg ausgeben, so die Einschätzung von Christopher Boucek, Jemen-Experte bei der US-Carnegie-Stiftung. Die hohe Korruption staatlicher Stellen im Jemen ist ein offenes Geheimnis. Gleichwohl hofft die Regierung Saleh, aus dem Chaos Kapital zu schlagen, und setzt auf Militär- und Entwicklungshilfe in Milliardenhöhe, die auf einer Krisenkonferenz in London am 27. Januar zugesagt werden könnte – zusätzlich zu der militärischen und geheimdienstlichen Unterstützung, die die USA und ihre arabischen Verbündeten dem Land jetzt schon zukommen lassen.

»Alles, was mit Drohnen, Luftangriffen und verdeckten Aktionen« gemacht werden könne, müsse man im Jemen gegen Al-Qaida einsetzen, so US-Senator Carl Levin laut Al-Arabiya. Bei »wirklich hochwertigen Zielen« sei es das Recht Washingtons, »einseitig gegen solche Ziele vorzugehen«. Islamische Gruppen drohen bei ausländischer Einmischung im Jemen mit dem »Heiligen Krieg« gegen die USA und dem Sturz der Regierung.

* Aus: junge Welt, 16. Januar 2010


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