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Im Zeichen des Tempels

Streit um Preah Vihear beeinflußt Wahlen in Kambodscha. Volkspartei als wahrscheinliche Siegerin

Von Thomas Berger *

Bis das offizielle Ergebnis der kambodschanischen Parlamentswahl vom Sonntag vorliegt, werden noch einige Tage vergehen. Trotzdem zeichnet sich ein eindeutiger Sieg der regierenden Kambodschanischen Volkspartei (CPP) ab. Nach Auszählung von elf der 24 Provinzen des Landes komme die CPP von Ministerpräsident Hun Sen auf 59,8 Prozent der Stimmen, teilte die Wahlbehörde am Montag mit. Die größte Oppositionspartei, die Sam Rainsy Party, errang demnach 22,9 Prozent der bisher ausgezählten Stimmen. Die restlichen Stimmen verteilen sich den Angaben zufolge auf mehrere kleine Parteien.

Dabei dürfte die Auseinandersetzung zwischen Thailand und Kambodscha um den im Grenzgebiet gelegenen hinduistischen Tempel Preah Vihear aus dem 11. Jahrhundert bei der Stimmabgabe eine wichtige Rolle gespielt haben. Zumindest gaben sowohl gegenüber der einheimischen Phnom Penh Post, als auch von BBC und AFP befragte Wähler an, daß der aktuelle Streit für sie entscheidend gewesen sei. In dem Konflikt, zu dessen Lösung am Montag die Außenminister Kambodschas und Thailands Gespräche begannen, wolle man eine starke Regierung, die Kambodschas Interessen durchzusetzen vermöge. Die meisten trauen dies offenbar Premier Hun Sen und seiner regierenden Volkspartei zu. Folglich wird erwartet, daß die einstmalige »Sozialistische Volkspartei« noch besser als bei vergangenen Urnengängen abschneidet. Ein genereller Stimmenzuwachs war sowieso vor allem wegen des robusten Wirtschaftswachstums erwartet worden.

Während noch unklar ist, wie viele Parteien im neuen Parlament vertreten sein werden, warf Oppositionsführer Sam Rainsy der Regierung bereits Wahlmanipulation vor. Bis zu 200000 Wähler in der Hauptstadt hätten nicht abstimmen können, weil sie nicht in den Listen standen. Trotzdem kann auch die neoliberale Sam Rainsy Party wohl ihre parlamentarische Präsenz ausbauen. Die 17000 Wahlbeobachter, die das Geschehen in 15000 Abstimmungslokalen überwachten, konnten, abgesehen von kleinen »Pannen«, keine nennenswerten Beeinträchtigungen ausmachen. Aller Voraussicht nach wird die CPP künftig nicht mehr auf einen Koalitionspartner angewiesen sein. Die royalistische Funcinpec als bisherige Partnerin, durch interne Streitigkeiten geschwächt, mußte offensichtlich eine schwere Niederlage einstecken. Acht Millionen Bürger konnten am Sonntag ihre Stimme in einem der insgesamt 15000 Wahllokale in Kambodscha abgeben.

* Aus: junge Welt, 29. Juli 2008


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