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Reformen in Kambodscha

Regierung und Opposition einigen sich über die Lösung bisher strittiger Fragen

Von Thomas Berger *

Regierung und Opposition in Kambodscha haben sich auf weitere Reformen verständigt. Nach einem Treffen zwischen Sam Rainsy, dem Vorsitzenden der Nationalen Rettungspartei (CNRP), mit Premierminister Hun Sen Ende November scheint die Einigung unter Dach und Fach. Demnach soll Sam Rainsy durch Veränderungen der Geschäftsordnung des Parlaments als Oppositionsführer einen offiziellen Status erhalten, der ihn tatsächlich auf Augenhöhe mit dem Regierungschef bringt. Damit kommt die regierende Kambodschanische Volkspartei (CPP) einer schon länger vorgebrachten Forderung der CNRP nach. Wie Rainsy selbst nach dem Gespräch vor der Presse verkündete, wird an letzten Details noch gefeilt. »In den USA hat der Minderheitenführer verschiedene Rechte und Privilegien - wenn wir das bei uns auch einführen, wäre das eine gute Sache«, so Rainsy in einem Telefoninterview mit der Zeitung Phnom Penh Post.

Zu einer Einigung kam es auch hinsichtlich der Nationalen Wahlkommission. Die Opposition hat bei der CPP-Führung erreicht, dass Generalsekretär und Vizegeneralsekretär des Gremiums per Mehrheitsentscheid der Mitglieder gewählt statt wie bisher vom Vorsitzenden ernannt werden. Dafür hat sich die CNRP mit einer Kernforderung nicht durchsetzen können: Personen, die eine andere Staatsbürgerschaft haben, bleibt es verwehrt, Kommissionsmitglied zu werden. Dies könnte verhindern, dass als Konsenskandidatin der beiden politischen Kräfte Pung Chhiv Kek Galabru als neuntes Mitglied im Rahmen der personellen Neubesetzung berufen wird. Die Vorsitzende der von ihr 1992 gegründeten Kambodschanischen Liga für die Stärkung und Verteidigung der Menschenrechte (LICADHO) ist die wohl renommierteste Menschenrechtsaktivistin des südostasiatischen Landes. Sie hat neben der kambodschanischen Staatsbürgerschaft aber auch einen französischen und einen kanadischen Pass.

Schon am 22. Juli, als Regierung und Opposition nach langanhaltenden Protesten wegen mutmaßlicher Manipulationen bei der Parlamentswahl im Vorjahr zu einer grundlegenden Einigung gekommen waren und die CNRP ihre parlamentarische Arbeit aufnahm, war auch eine Erneuerung der neunköpfigen Wahlkommission vereinbart worden. Der Einigung jetzt hätten Hun Sen und Sam Rainsy zugestimmt, sagte Kert Rith, Verhandlungsführer der CPP für Wahlrechtsfragen. Der Oppositionschef allerdings, daraufhin angesprochen, sieht den Passus nicht als komplettes Hindernis für eine Berufung der Menschenrechtsaktivistin. Es müsse ein Verfahren gefunden werden, die anderen Staatsbürgerschaften in diesem Zeitraum ruhen lassen zu können, so dass sie sich aber nach einem Ausscheiden aus der Kommission wieder reaktivieren ließen.

Einen weiteren Sieg hat die CNRP aber davongetragen: Eine Firma ihres Vertrauens bekommt jetzt die Lizenz für einen Fernsehkanal zugeteilt, um das Medienspektrum neben den von der CPP kontrollierten staatlichen Sendern politisch zu verbreitern. Erst hatte es geheißen, die Oppositionspartei müsse bis zur Einführung des digitalen Fernsehens warten. Durch Rücknahme einer bereits an ein anderes Unternehmen vergebenen Lizenz wurde nun aber doch noch ein analoger Kanal frei. Der CNRP schwebt nach eigener Aussage ein unabhängiger Sender nach Vorbild von BBC oder CNN vor.

* Aus: junge Welt, Dienstag, 9. Dezember 2014


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