Operation Heimkehr läuft in Kenia an
Viele Bauern fürchten die alte Heimat
Von Kwamboka Oyaro, Nairobi *
In Kenia ist die Operation »Rudi Nyumbani« (Heimkehr) zur Rückführung von 150 000 der
ursprünglich 350 000 Vertriebenen angelaufen, die vor den Unruhen nach den umstrittenen Wahlen
im vergangenen Dezember geflohen waren.
Die ersten, die zurückkehren sollen, sind Bauern. Viele von ihnen aber sehen dem neuen Leben in
der alten Heimat mit großer Sorge entgegen. Die Gründe dafür sind ungeklärte
Entschädigungsleistungen des Staates und umstrittene Besitzverhältnisse, die auch Teile des
Landes betreffen, das die Farmer jetzt wieder bewirtschaften sollen.
Offiziell läuft die Heimkehr-Operation bereits seit dem 5. Mai. Sie findet im Einklang mit der Ende
Februar vom ehemaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan vermittelten Aussöhnung zwischen den
beiden Präsidentschaftsbewerbern Mwai Kibaki und Raila Odinga statt. Trotz des Kompromisses,
der Kibaki im Amt des Staatspräsidenten beließ und Oppositionsführer Odinga zum Regierungschef
machte, gibt es zwischen Kibakis Partei der Nationalen Einheit und Odingas Demokratiebewegung
Orange jedoch Uneinigkeit über die Operation Heimkehr.
Kibakis Parteikollegen wünschen eine möglichst rasche Schließung der rund 166 provisorischen
Flüchtlingslager im Lande. Odingas Partei hingegen will die Rückführung erst nach einer
Aussöhnung in den Gemeinden. Tatsächlich wäre damit eine der Ursachen für die Dezember-
Unruhen aus der Welt geschafft. Die Gewalt richtete sich nicht zuletzt gegen die Kikuyu, die größte
Volksgruppe in Kenia, der auch Präsident Kibaki angehört und die seit der
Unabhängigkeitserklärung 1963 Politik und Wirtschaft in dem ostafrikanischen Land weitgehend
bestimmt. Vorgeworfen wird den Kikuyu unter anderem, dass sie bei der Landvergabe nach dem
Ende der britischen Kolonialherrschaft begünstigt wurden. Gerade Kikuyu-Bauern müssen deshalb
mit einem feindlichen Empfang rechnen, wenn sie auf ihre alten Farmen zurückkehren.
Über 16 000 Vertriebene, die in Eldoret, in der von den Unruhen besonders betroffenen Provinz Rift
Valley, untergekommen sind, verweigern sich derzeit der Rückführung. Einige von ihnen verlangen
aus Angst um die eigene Sicherheit neues Land und eine Umsiedlung, andere eine Entschädigung,
bevor sie das Lager verlassen.
Im April hatte die kenianische Ministerin für Sonderprogramme, Naomi Shaaban, versichert, der
Staat werde den Heimkehrern beim Neustart helfen. Allerdings könnten diejenigen, die früher ein
mehrstöckiges Haus besessen hätten, nicht damit rechnen, dass ihnen die Regierung den Verlust
ersetze, schränkte die Ministerin ein. Für Matilda Kanini, eine Anwältin, die sich in der Hauptstadt
Nairobi um Vertriebene kümmert, war die Botschaft Shaabans eindeutig: »Die Vertriebenen machen
sich besser schon jetzt mit dem Gedanken vertraut, dass sie keine Hilfe bekommen werden. Man
erwartet von ihnen, dass sie sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen.«
Der Verwaltungschef der Rift-Valley-Provinz, Noor Hassan, hat den Vertriebenen hingegen
versprochen, dass der Staat die während der blutigen Unruhen zerstörten Schulen, Krankenhäuser
und andere Einrichtungen wieder aufbaut – sobald jeder in seine Heimat zurückgekehrt ist. Kenianer
aber wissen, dass in der Regel Jahre ins Land gehen, bevor Regierungsprojekte tatsächlich
verwirklicht werden.
* Aus: Neues Deutschland, 19. Mai 2008
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