Kenia: Lage hunderttausender Flüchtlinge spitzt sich zu
Wahlkommission will Untersuchung / Vermittlungen weiter erfolglos
Die kenianische Wahlkommission will eine Untersuchungskommission zur Überprüfung der Wahlen
beantragen. Während Flüchtlinge auf internationale Hilfe warten, gehen die Vermittlungsversuche
weiter.
Die kenianische Wahlkommission geht nach Informationen der Zeitung
»Sunday Nation« in der kommenden Woche vor Gericht, um die umstrittene Präsidentenwahl
überprüfen zu lassen. Die Stimmzettel würden rund um die Uhr von der Polizei bewacht, sagte der
stellvertretende Kommissionsvorsitzende Kihara Muttu. Ein anderes Mitglied der Kommission
bestätigte der Zeitung, dass beim Obersten Gericht Kenias eine Untersuchungskommission
beantragt werden solle.
Unterdessen läuft in dem ostafrikanischen Land die Hilfe für Menschen an, die vor der Gewalt
geflohen sind. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR brachte Nothilfe für die Binnenvertriebenen auf
den Weg, das Welternährungsprogramm (WFP) schickte am Sonntag 20 Lastwagen mit 670 Tonnen
Lebensmitteln von der Hafenstadt Mombasa in die Hauptstadt Nairobi und die westkenianische
Stadt Eldoret.
Nach UN-Angaben sind 250 000 Menschen in Kenia auf der Flucht. In der Rift-Valley-Region im
Westen des Landes bräuchten rund 100 000 Menschen sofort Hilfe, hieß es. Das kenianische Rote
Kreuz erklärte, auch die Elendsviertel Nairobis seien massiv betroffen. Viele Menschen hätten ihr
weniges Hab und Gut an Plünderer oder durch Brände verloren. Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF
teilte mit, dass viele Krankenhäuser auf Lieferung von Medikamenten und Verbandsmaterial
warteten.
WFP-Sprecher Marcus Prior sagte am Sonntag (6. Jan.) in einem Telefonat aus Eldoret, die meisten
Flüchtlinge hätten ihre Dörfer überstürzt verlassen und nichts mitgenommen. »Deswegen brauchen
wir besonders nährstoffreiche Lebensmittel aus Soja und Mais für Kinder, die 40 Prozent der
Vertriebenen ausmachen und von Unterernährung bedroht sind.« Berichte mehrten sich, dass in der
Region um Eldoret eine regelrechte Hetzjagd auf Kikuyu, die Volksgruppe des umstrittenen
Präsidenten Kibaki, stattfand.
Unter Hochdruck gingen am Wochenende die Vermittlungsversuche von Vertretern der
internationalen Gemeinschaft weiter. Die US-Sondergesandte Jendayi Frazer traf sich am Sonntag
erneut mit Staatschef Mwai Kibaki und Oppositionsführer Raila Odinga. Kibaki hatte der Opposition
am Sonnabend eine Einheitsregierung angeboten, was Odinga jedoch ablehnte. Dieser sagte aber
seinerseits dem britischen Rundfunksender BBC am Sonntag, dass er dem zum Wahlsieger
erklärten Mwai Kibaki eine Regierungsbeteiligung anbiete. »Um die Krise beizulegen, sind wir zu
Gesprächen bereit, und im Zuge dieses Vorgehens bin ich sogar willens, Herrn Kibaki in die
Regierung aufzunehmen.« Er habe kein Problem damit, die Macht zu teilen, betonte Odinga: »Aber
ich will deutlich machen, dass das Problem darin besteht herauszufinden, wer der Gewinner dieser
Wahl ist.«
Auch Ghanas Präsident John Kufuor will sich in die Vermittlungen einschalten. Kufuor, der
Vorsitzender der Afrikanischen Union ist, will laut ghanaischem Außenamt »mit beiden Seiten
sprechen und dafür sorgen, dass der Frieden in Kenia wiederhergestellt wird«. Einen Termin für
Kufuors Reise nannte das Ministerium nicht. Der britische Premierminister Gordon Brown sagte dem
Fernsehsender BBC am Sonntag dagegen, Kufuor werde binnen zwei Tagen in das ostafrikanische
Land reisen. Er glaube, dass bei der Vermittlungsmission auch über Neuwahlen in Kenia
gesprochen werden müsse, betonte Brown.
* Aus: Neues Deutschland, 8. Januar 2008
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