Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Kenia: Lage hunderttausender Flüchtlinge spitzt sich zu

Wahlkommission will Untersuchung / Vermittlungen weiter erfolglos

Die kenianische Wahlkommission will eine Untersuchungskommission zur Überprüfung der Wahlen beantragen. Während Flüchtlinge auf internationale Hilfe warten, gehen die Vermittlungsversuche weiter.

Die kenianische Wahlkommission geht nach Informationen der Zeitung »Sunday Nation« in der kommenden Woche vor Gericht, um die umstrittene Präsidentenwahl überprüfen zu lassen. Die Stimmzettel würden rund um die Uhr von der Polizei bewacht, sagte der stellvertretende Kommissionsvorsitzende Kihara Muttu. Ein anderes Mitglied der Kommission bestätigte der Zeitung, dass beim Obersten Gericht Kenias eine Untersuchungskommission beantragt werden solle.

Unterdessen läuft in dem ostafrikanischen Land die Hilfe für Menschen an, die vor der Gewalt geflohen sind. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR brachte Nothilfe für die Binnenvertriebenen auf den Weg, das Welternährungsprogramm (WFP) schickte am Sonntag 20 Lastwagen mit 670 Tonnen Lebensmitteln von der Hafenstadt Mombasa in die Hauptstadt Nairobi und die westkenianische Stadt Eldoret.

Nach UN-Angaben sind 250 000 Menschen in Kenia auf der Flucht. In der Rift-Valley-Region im Westen des Landes bräuchten rund 100 000 Menschen sofort Hilfe, hieß es. Das kenianische Rote Kreuz erklärte, auch die Elendsviertel Nairobis seien massiv betroffen. Viele Menschen hätten ihr weniges Hab und Gut an Plünderer oder durch Brände verloren. Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF teilte mit, dass viele Krankenhäuser auf Lieferung von Medikamenten und Verbandsmaterial warteten.

WFP-Sprecher Marcus Prior sagte am Sonntag (6. Jan.) in einem Telefonat aus Eldoret, die meisten Flüchtlinge hätten ihre Dörfer überstürzt verlassen und nichts mitgenommen. »Deswegen brauchen wir besonders nährstoffreiche Lebensmittel aus Soja und Mais für Kinder, die 40 Prozent der Vertriebenen ausmachen und von Unterernährung bedroht sind.« Berichte mehrten sich, dass in der Region um Eldoret eine regelrechte Hetzjagd auf Kikuyu, die Volksgruppe des umstrittenen Präsidenten Kibaki, stattfand.

Unter Hochdruck gingen am Wochenende die Vermittlungsversuche von Vertretern der internationalen Gemeinschaft weiter. Die US-Sondergesandte Jendayi Frazer traf sich am Sonntag erneut mit Staatschef Mwai Kibaki und Oppositionsführer Raila Odinga. Kibaki hatte der Opposition am Sonnabend eine Einheitsregierung angeboten, was Odinga jedoch ablehnte. Dieser sagte aber seinerseits dem britischen Rundfunksender BBC am Sonntag, dass er dem zum Wahlsieger erklärten Mwai Kibaki eine Regierungsbeteiligung anbiete. »Um die Krise beizulegen, sind wir zu Gesprächen bereit, und im Zuge dieses Vorgehens bin ich sogar willens, Herrn Kibaki in die Regierung aufzunehmen.« Er habe kein Problem damit, die Macht zu teilen, betonte Odinga: »Aber ich will deutlich machen, dass das Problem darin besteht herauszufinden, wer der Gewinner dieser Wahl ist.«

Auch Ghanas Präsident John Kufuor will sich in die Vermittlungen einschalten. Kufuor, der Vorsitzender der Afrikanischen Union ist, will laut ghanaischem Außenamt »mit beiden Seiten sprechen und dafür sorgen, dass der Frieden in Kenia wiederhergestellt wird«. Einen Termin für Kufuors Reise nannte das Ministerium nicht. Der britische Premierminister Gordon Brown sagte dem Fernsehsender BBC am Sonntag dagegen, Kufuor werde binnen zwei Tagen in das ostafrikanische Land reisen. Er glaube, dass bei der Vermittlungsmission auch über Neuwahlen in Kenia gesprochen werden müsse, betonte Brown.

* Aus: Neues Deutschland, 8. Januar 2008


Zurück zur Kenia-Seite

Zurück zur Homepage