Waffenstillstand in Kolumbien
Guerillaorganisation ELN erklärt einseitigen Gewaltverzicht - bis zu den Wahlen
Die Waffen schweigen bis zum 12. März
Kolumbianische Guerillaorganisation ELN stellt bis zu bevorstehenden Parlamentswahlen Kämpfe ein
Von Harald Neuber*
Der Satz stand ganz am Ende des Kommuniqués – doch er sorgte für Aufsehen in Kolumbien: »Als Zeichen ihres Friedenswillens wird die ELN bis zu den Wahlen am 12. März keine militärische Aktion durchführen«. Zum zweiten Mal in ihrer Geschichte hat die Armee zur Nationalen Befreiung damit am Donnerstag einen einseitigen Waffenstillstand verkündet. Zugleich verwies sie aber auch auf die langfristige Perspektive des Konfliktes. »Der für Kolumbien erwünschte Frieden kann nur auf der Basis von Demokratisierung und sozialer Gerechtigkeit errichtet werden«, heißt es in dem Papier weiter. Man habe aber die Hoffnung, daß am Sonntag kommender Woche »alternative parlamentarische Stimmen gewählt werden, von denen die ausgeschlossenen Mehrheiten vertreten werden«. Auf die im Mai folgenden Präsidentschaftswahlen wurde der Waffenstillstand aber ausdrücklich nicht erweitert.
Ungeachtet der zeitlich begrenzten Waffenruhe werden die Friedensgespräche zwischen der ELN und Vertretern der rechtsgerichteten Regierung unter Präsident Alvaro Uribe Vélez fortgesetzt. Seit knapp zwei Wochen führen Kommandanten der mit 8000 Mann zweitgrößten Guerillaorganisation des südamerikanischen Landes in der kubanische Hauptstadt Havanna Gespräche mit einer Regierungdelegation. Konkrete Fortschritte wurden dabei zwar nicht gemacht. Zumindest aber erkannte die Regierung den politischen Status der ELN-Unterhändler an, »um Vertrauen für die zukünftigen Treffen zu schaffen«, wie es hieß.
Die größte Guerillaorganisation des Landes, die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC), hat für keinen der beiden Wahlgänge einen Waffenstillstand beschlossen.
* Aus: junge Welt, 6. März 2006
Guerilla verkündet Waffenstillstand
ELN-Beitrag zu Wahlen in Kolumbien
Von Gerhard Dilger, Porto Alegre**
Eine Woche vor den Kongresswahlen in Kolumbien gibt es wenigstens ein erfreuliches Signal: Die
Rebellen vom »Heer zur nationalen Befreiung« (ELN) wollen am kommenden Sonntag [12. März 2006] »als
ausdrückliches Zeichen für ihren Friedenswillen« einen Waffenstillstand einhalten.
Zwar stellt die ELN anders als die weitaus mächtigeren »Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens« (FARC) keine militärische Bedrohung für die kolumbianische Armee dar, doch in manchen Regionen
stiftet sie gelegentlich noch Unruhe. Mit dem Waffenstillstand revanchiert sich die Guerilla für den
diplomatischen Status, den Präsident Álvaro Uribe den drei Chefunterhändlern eingeräumt hatte.
Kommandant Antonio García, die Nummer Zwei der ELN, möchte seine neue Bewegungsfreiheit
bald auch für Reisen nach Europa nutzen; die Schweiz, Norwegen und Spanien begleiten die
Gespräche, die im April fortgesetzt werden sollen.
Eine weitere Premiere war der 80-minütige Chat auf der Webseite des Wochenmagazins
»Semana«, bei dem García am Freitag Rede und Antwort stand. Mit der Waffenruhe wolle man den
Blick auf jene Kandidaten lenken, die etwas für Frieden und Demokratisierung tun könnten, sagte
der Guerillero. Derzeit sieht es aber so aus, als könnte zweieinhalb Monate vor den
Präsidentschaftswahlen das auf zahlreichen Listen verteilte Uribe-Lager sein Mehrheit behaupten.
Angeblich um dies zu verhindern, setzen die FARC auf militärische Attacken und Terror gegen die
Zivilbevölkerung. Bei einem Angriff von 200 Guerilleros auf die Kleinstadt Monte Bonito im Zentrum
des Landes starben am Samstag vier Menschen. An vielen Gebäuden entstanden schwere
Schäden. Das Militär tötete unterdessen bei Gefechten in mehreren Landesteilen nach eigenen
Angaben 14 linke Rebellen.
** Aus: Neues Deutschland, 6. März 2006
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