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Dialog statt Krieg - Kolumbiens Zukunft?

Bogotá protestiert gegen Initiative Venezuelas zur Anerkennung der Guerillaorganisationen FARC und ELN

Von Harald Neuber *

Eine Initiative Venezuelas, die kolumbianischen Guerillagruppen als politische Kräfte anzuerkennen, ist in Bogotá und Wa­shington auf harten Widerstand getroffen. Den entsprechenden Vorschlag machte Venezuelas Präsident Hugo Chávez am Freitag vor der Nationalversammlung in Caracas. »Wer kann von der Möglichkeit eines humanitären Abkommens sprechen, wenn kein Kontakt zwischen den Konfliktparteien besteht?«, sagte Chávez. Deswegen wolle Venezuela dafür werben, die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) und das kleinere Nationale Befreiungsheer (ELN) nicht als terroristische Organisationen einzustufen, »sondern als tatsächliche Armeen (...), die ein politisches Ziel verfolgen«.

In Kolumbien provozierte Chávez' Aufruf und eine unterstützende Resolution durch das Parlament erwartungsgemäß Widerspruch. Bogotá bezeichnete den Vorstoß als »Einmischung in innere Angelegenheiten«. Daß dieses Urteil mitnichten zutrifft, belegt eine weitere Wortmeldung. Ebenfalls am Freitag kritisierte US-General­stabschef Michael Mullen die Politik Caracas' als »Gefahr für die Stabilität in der Region«. Auch beobachte man Waffenkäufe Venezuelas mit zunehmender Sorge. In Bogotá kam Mullen am Freitag mit dem kolumbianischen Verteidigungsminister Juan Manuel Santos zusammen. Im Fall des Bürgerkriegslandes Kolumbien beunruhigt den obersten US-Soldaten Aufrüstung allerdings nicht: Im November erst hatte Bogotá in den USA Waffen im Wert von 1,6 Milliarden US-Dollar gekauft.

Die mediale Darstellung von Chávez' politischer Initiative sorgte in Caracas indes für Kritik. Parlamentspräsidentin Celia Flores widersprach Berichten, nach denen das Parlament FARC und ELN bereits anerkannt hätten. Die Abgeordneten hätten in einer Erklärung die Initiative des Präsidenten lediglich politisch unterstützt, so Flores.

Der Vorstoß aus Caracas zum politischen Umgang mit der kolumbianischen Guerilla folgt auf eine erfolgreiche Vermittlungsinitiative von Chávez in dem Konflikt. Anfang des Monats waren so zwei politische Gefangene der FARC freigekommen. Während Venezuelas Staatsführung für eine politische Lösung des Konfliktes im Nachbarland eintritt, setzt Kolum­biens Regierung auf eine militärische Lösung. Diese bellizistische Politik gegen die linken Rebellen wird von Washington politisch und finanziell unterstützt.

* Aus: junge Welt, 21. Januar 2008


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