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Uribe gefährdet Gefangenenfreilassung

Kolumbien: FARC strebt mit der Aktion Übereinkommen für den Frieden an. Bogota spricht von Betrug

Von Santiago Baez *

Die kolumbianische Regierung gefährdet die Freilassung von sechs Gefangenen der Guerilla. Präsident Álvaro Uribe erklärte in Bogotá, er sei nicht bereit, eine internationale Präsenz bei der Übergabe der Gefangenen zu erlauben. Die Geiseln müßten an das internationale Rote Kreuz übergeben werden. Alles andere sei ein »politisches Spektakel und ein politischer Betrug«, so der Staatschef in einer Ansprache.

Am Montag (22. Dez.) war ein Schreiben der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) bekannt geworden, das mit Datum vom 17. Dezember die Freilassung von drei Polizisten, einem Soldaten und zwei Zivilisten ankündigt. Bei den beiden Zivilpersonen soll es sich um den im Juli 2001 entführten ehemaligen Gouverneur von Meta, Alan Jara, sowie den früheren Parlamentsabgeordneten Sigifredo López handeln.

Das Schreiben des Sekretariats der größten Guerillaorganisation des Landes, das von der alternativen Nachrichtenagentur ANNCOL veröffentlicht wurde, richtet sich an die von der liberalen Senatorin Piedad Córdoba gegründete Gruppe »Kolumbianer für den Frieden«, einen Zusammenschluß von Schriftstellern, Politikern und Künstlern, die sich für eine Vermittlungslösung in dem jahrzehntelangen Bürgerkrieg einsetzen. In dem mehrseitigen Schreiben erinnert die Organisation an eine frühere Aussage des im März verstorbenen legendären FARC-Comandante Manuel Marulanda, der auf die Frage eines Journalisten, wie der Krieg humanisiert werden könne, geantwortet hatte: »Die beste Möglichkeit, den Krieg zu humanisieren, ist ihn zu beenden.« »Wir haben auch heute diese Meinung, und deshalb ist eine Veränderung der ungerechten Strukturen unverzichtbar«, schreiben die Guerilleros.

Das Sekretariat der FARC schlägt deshalb ein »Treffen der an Veränderung interessierten politischen und gesellschaftlichen Kräfte« vor, um »im Konsens ein großes nationales Übereinkommen für den Frieden und gemeinsam politische Alternativen zum Krieg und zur sozialen Ungerechtigkeit auszuarbeiten«. Ergebnis dieser Friedensgespräche könne dann eine verfassunggebende Versammlung sein, damit der in diesen Gesprächen ausgearbeitete »Friedensvertrag« auch eine »verfassungsrechtliche Absicherung« habe.

Die FARC erklärt in dem Schreiben, sie werde die »Kriegsgefangenen« an die Senatorin Piedad Córdoba als Führungspersönlichkeit der »Kolumbianer für den Frieden« übergeben. Córdoba ihrerseits hatte daraufhin angekündigt, den venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez um Unterstützung zu bitten.

Angesichts der ablehnenden Haltung Uribes kündigte Venezuelas Außenminister Nicolás Maduro an, Caracas mache sein Verhalten von der kolumbianischen Regierung abhängig. »Alles hängt davon ab, was die kolumbianische Regierung sagt, wenn man uns um unsere Beteiligung bittet, denn wir respektieren jede Entscheidung der kolumbianischen Regierung zu diesem Thema«, betonte er am Montag (22. Dez.) bei einer Pressekonferenz.

In einem Gespräch mit dem lateinamerikanischen Fernsehsender TeleSur zeigte sich die Ehefrau von Sigifredo López, Patricia Nieto, erfreut über die bevorstehende Freilassung ihres Mannes und dankte der Senatorin Córdoba für ihre humanitären Bemühungen. Die FARC bewiesen durch die einseitigen Freilassungen, daß es durch den Dialog doch möglich sei, Wege zum Frieden in Kolumbien zu eröffnen, sagte Nieto mit Blick auf den Austausch von Briefen zwischen den »Kolumbianern für den Frieden« und der Guerilla. Den kolumbianischen Präsidenten Uribe bat sie, einen Raum zu schaffen, damit die FARC ihre Angehörigen sicher übergeben können. Das sei die humanitäre Pflicht der Regierung, betonte sie.

* Aus: junge Welt, 24. Dezember 2008


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