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Kolumbien geht das Koka aus

Anbaufläche schrumpft wegen Goldrausch und ertragreicheren Pflanzen

Von Knut Henkel *

Lange war Kolumbien das Hauptproduktionsland von Kokain. Das ändern sich derzeit laut dem UN-Drogenbüro. Die Gründe dafür sind vielfältig und nicht unbedingt von Dauer.

1,5 Tonnen Kokain beschlagnahmte die kolumbianische Armee Mitte August im Norden an der Grenze zu Panama. Weiter südlich wurden drei Wochen zuvor drei Tonnen Marihuana in einem Umzugslastwagen gefunden. Zwei beachtliche Funde, die in Kolumbien aber keine großen Schlagzeilen machen. Polizeiaktionen, bei denen Drogenmengen jenseits von einer Tonne beschlagnahmt werden, sind nichts Ungewöhnliches in dem Land, das seit langem als größter Kokainproduzent gilt.

Das belegen auch die jüngsten Zahlen vom UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC). Demnach wurden 2012 rund 309 Tonnen Kokain in Kolumbien produziert. Das ist nach wie vor rekordverdächtig, denn weder Bolivien noch Peru, die beiden anderen Koka-Anbaunationen dürften auch nur annähernd so viel des weißen Pulvers produzieren. Neu ist aber, dass der Abstand zwischen Kolumbien und den beiden Nachbarn abnimmt. Das legen zumindest die neuesten UN-Zahlen nahe. Demnach schrumpften die Koka-Anbauflächen um 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Statt 64 000 werden nur noch auf 48 000 Hektar Kokasträucher angebaut.

Ein Erfolg, den die UN-Experten und Kolumbiens Armee- und Sicherheitsorgane vor allem auf die erfolgreiche Bekämpfung zurückführen. Doch das ist nur eine Seite der Medaille, so Ricardo Vargas Meza. Der Soziologe, der seit vielen Jahren zu den ausgewiesen Drogenexperten in Kolumbien gehört, weist auf das veränderte Klima im Land hin. »In Havanna wird zwischen Regierung und der größten Guerillaorganisation, der FARC, verhandelt und auf der Tagesordnung steht auch die Frage des Kokains. Da ist sicherlich nicht mit einem Ausbau des Anbaus zu rechnen«, gibt der Wissenschaftler zu Bedenken. Zudem hat sich nicht nur die FARC, die einen Teil des Kokaingeschäfts kontrolliert und besteuert, sondern auch die Paramilitärs haben sich in den letzten Jahren aufgrund des hohen Goldpreises auf das Schürfen verlegt.

Doch auch ein anderer Faktor ist ausgesprochen wichtig – die steigenden Erträge pro Hektar. In den vergangenen beiden Dekaden haben die kolumbianischen Kartelle ihre Strukturen deutlich professioneller gestaltet. Dazu gehört auch, dass man den Bauern hilft erfolgreicher zu produzieren. Mit bis zu achthundert Tonnen Kokain im Falle Kolumbiens wird gerechnet – das ist mehr als das Doppelte der Kalkulation UN-Experten.

Das könnte auch der Grund sein, weshalb trotz der über die Satellitenauswertung feststellbaren reduzierten Anbauflächen das Angebot auf den Märkten stabil bleibt. In den letzten Jahren sanken die Preise sogar teilweise. Ob das auch dieses Jahr so sein wird, muss sich erst noch zeigen. Bisher hat die systematische Kriminalisierungsstrategie nämlich keine Erfolge gebracht – im Gegenteil.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 11. Oktober 2013


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