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Santos räumt die Trümmer weg

Neuer Präsident Kolumbiens will von seinem Vorgänger hinterlassene Probleme lösen

Von André Scheer *

Der neue kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos bemüht sich offenbar, die von seinem Amtsvorgänger Álvaro Uribe hinterlassenen politischen Trümmer wegzuräumen. Hatte er bei seiner feierlichen Amtseinführung am vergangenen Sonnabend (7. Aug.) noch versprochen, dessen Politik fortsetzen zu wollen, mehren sich nun die Zeichen für eine Entspannung der Beziehungen mit den Nachbarländern. So hatte Ecuadors Präsident Rafael Correa an der Zeremonie teilgenommen und anschließend eine »sehr fruchtbare« Unterredung mit seinem neuen Amtskollegen geführt, wie er gegenüber der staatlichen Agentur ANDES erklärte. »Die Beziehungen werden sich sehr schnell normalisieren, vor allem weil die Regierung von Santos jetzt ihre Verpflichtungen erfüllt«, sagte Correa. So hatte Santos bei seinem Treffen mit Correa diesem die Festplatten des Computers übergeben, die angeblich bei dem am 1. März 2008 durch kolumbianische Truppen auf ecuadorianischem Staatsgebiet ermordeten FARC-Comandante Raúl Reyes gefunden worden waren. Die Vorgängerregierung hatte die Übergabe zwar zugesagt, aber immer wieder verschleppt.

Am gestrigen Dienstag abend (Ortszeit) reiste außerdem Venezuelas Präsident Hugo Chávez zu einem Treffen mit Santos nach Kolumbien, um den Weg für eine Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern frei zu machen. Diese hatte Caracas abgebrochen, nachdem Uribe Venezuela beschuldigt hatte, den Guerillaorganisationen FARC und ELN Unterschlupf zu gewähren. »Wir kommen zu diesem Treffen mit ausgestreckten Händen und offenem Herzen für einen Neuanfang«, zeigte sich Chávez optimistisch. Die Kommunistische Partei Venezuelas (PCV) warnte hingegen vor zuviel Euphorie. Bei der wöchentlichen Pressekonferenz der Organisation sagte deren internationaler Sekretär Carolus Wimmer, Santos gehöre wie Uribe zur äußersten Rechten seines Landes.

Bereits am Montag (9. Aug.) war Santos mit Vertretern der kolumbianischen Justiz zusammengekommen, um die unter Uribe zerrütteten Beziehungen zwischen der Exekutive und den Gerichten zu kitten. »Sie werden nie wieder einen Regierungsvertreter hören, der Entscheidungen der Judikative außerhalb der Instanzen in Frage stellt«, versprach dabei Santos’ Innenminister Germán Vargas Lleras. Die vom neuen Staatschef angestrebte Justizreform solle »im Konsens« erreicht werden.

* Aus: junge Welt, 11. August 2010

Chávez sucht Aussöhnung mit Santos **

Venezuelas Präsident Hugo Chávez will an diesem Dienstag (10. Aug.) in Bogotá mit dem neuen kolumbianischen Staatschef Juan Manuel Santos über eine Wiederherstellung der Beziehungen zwischen beiden Staaten sprechen. Das sagte der venezolanische Außenminister Nicolás Maduro nach einem Treffen mit seiner kolumbianischen Amtskollegin María Néstor Kirchner in Bogotá. Maduro hatte in Vertretung von Chávez an der Amtseinführung von Santos teilgenommen.

In seiner ersten Ansprache sagte Santos, er wolle sich vor allem um eine Verbesserung der Beziehung mit den Nachbarn Venezuela und Ecuador bemühen. Vor zwei Wochen hatte Chávez die diplomatischen Beziehungen zu Kolumbien abgebrochen, nachdem Santos' Vorgänger Álvaro Uribe ihn beschuldigt hatte, Stützpunkte der kolumbianischen FARC-Rebellen auf seinem Territorium zu beherbergen. Die Beziehungen zu Ecuador sind ebenfalls gestört, seit kolumbianische Truppen ein Camp der FARC auf ecuadorianischem Boden zerstört hatten.

Unterdessen hat Chávez den designierten US-Botschafter Larry Palmer abgelehnt. Palmer könne unmöglich als Botschafter nach Venezuela kommen, sagte der linksgerichtete venezolanische Staatschef in seiner wöchentlichen Fernseh- und Radioshow »Aló Presidente«. US-Präsident Barack Obama forderte er auf, »sich nach einem anderen Kandidaten umzusehen«. Im Rahmen seines Nominierungsverfahrens hatte Palmer gegenüber US-Senatoren seine Sorge über den wachsenden Einfluss Kubas auf das venezolanische Militär zum Ausdruck gebracht, dem er zudem mangelnde Professionalität vorwarf.

** Aus: Neues Deutschland, 11. August 2010




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