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Auch Nicaragua im Streit mit Kolumbien

Es geht um ein Seegebiet in der Karibik

Nach Venezuela hat nun auch Nicaragua Kolumbien mit einem militärischen Konflikt gedroht.

Sollte Kolumbien in einem Meeresgebiet, das beide Länder beanspruchen, Ölbohrkonzessionen vergeben, könne die Armee zum Einsatz kommen, sagte Nicaraguas Präsident Daniel Ortega in Managua. Es müsse klar sein, »dass wir eine Armee haben, die sehr bereit ist zur Verteidigung der durch Kolumbiens expansionistische Politik bedrohten Souveränität« des Landes, so der linksgerichtete Präsident. Kolumbien hatte Ölförderkonzessionen in dem Seegebiet ausgeschrieben. Der Streit um das rund 50 000 Quadratkilometer große Gebiet in der Karibik beschäftigt den Internationalen Gerichtshof bereits seit 2001.

Venezuelas linksgerichteter Staatschef Hugo Chávez hatte vorige Woche die diplomatischen Beziehungen zum Nachbarland Kolumbien abgebrochen und die Streitkräfte seines Landes in Alarmbereitschaft versetzt. Er warf dem kolumbianischen Staatschef Alvaro Uribe vor, einen Krieg vom Zaun brechen zu wollen. »Wenn es einen Krieg mit Kolumbien geben sollte, werde wir weinend in diesen Krieg ziehen - aber wir werden es tun«, warnte Chávez. Damit reagierte er auf Uribes Aussage, es gebe Beweise dafür, dass sich vier Führer der kolumbianischen Rebellenbewegung FARC und ein Vertreter der Nationalen Befreiungsarmee (ELN) auf venezolanischem Gebiet befänden.

Die Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) will jetzt im Streit Venezuela-Kolumbien vermitteln. Wie die argentinische Zeitung »La Nación« berichtete, wird UNASUR-Generalsekretär Néstor Kirchner Anfang August nach Venezuela und Kolumbien reisen. Zunächst wird Kirchner am 5. August mit Chávez sprechen. Für den 6. August ist ein Treffen mit Uribe und dessen Amtsnachfolger Juan Manuel Santos vereinbart. Santos tritt am 7. August die Nachfolge von Uribe im Präsidentenamt an.

* Aus: Neues Deutschland, 26. Juli 2010


Eskalation droht

Venezuelas Präsident Chávez sieht USA hinter Krise zwischen Kolumbien und seinem Land. Auch Nicaragua schließt Militäreinsatz nicht aus

Von André Scheer **


Die Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) will eine Eskalation des Konflikts zwischen Kolumbien und Venezuela verhindern. Bogotá hatte erklärt, Guerilleros der FARC und der ELN fänden Zuflucht im Nachbarland und die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) eingeschaltet. Die venezolanische Regierung brach daraufhin die diplomatischen Beziehungen zu Kolumbien ab und versetzte ihre Truppen an der Grenze in Alarmbereitschaft. Im Laufe der Woche sollen nun die Außenminister der zwölf unabhängigen Staaten Südamerikas in Quito zusammenkommen, um nach einem diplomatischen Ausweg aus der Krise zu suchen. Anfang August will außerdem UNASUR-Generalsekretär Néstor Kirchner als Vermittler Venezuela und Kolumbien besuchen.

Am Samstag (24. Juli) warnte Venezuelas Präsident Hugo Chávez in Caracas, die Provokationen aus Bogotá dienten dazu, die internationale Gemeinschaft auf ein direktes militärisches Ein­greifen durch die USA vorzubereiten. Deren Ziel sei es, Chávez zu entführen oder zu ermorden und die von ihm geleitete Regierung zu stürzen. Das gehe aus Informationen einer »zuverlässigen Quelle« in den USA hervor, die ihn am Freitag erreicht hätten, so der venezolanische Präsident. Diese Quelle habe in der Vergangenheit bereits mehrfach vor ähnlichen Ereignissen gewarnt, so vor dem Putschversuch vom April 2002, sagte Chávez. Auch die Entsendung von 46 US-Kriegsschiffen mit Hubschraubern, Kampfflugzeugen und 7000 US-Marines nach Costa Rica gehöre zu diesen Vorbereitungen. Das Parlament des zentralamerikanischen Landes hatte am 1. Juli mehrheitlich für eine Dauer von fünf Jahren die Stationierung dieser Truppen genehmigt, die offiziellen Angaben zufolge den Kampf gegen den Drogenhandel unterstützen sollen. Bereits in der vergangenen Woche hatte jedoch schon der Vizepräsident der venezolanischen Gruppe im Lateinamerikanischen Parlament, Carolus Wimmer, die offizielle Version in Frage gestellt: »Es geht nicht um den Drogenhandel terroristischer Banden, sondern darum, die gegen Washington eingestellten Regierungen zu bekämpfen. Die USA brauchen diese Kapazitäten, um einen Krieg in der Region entfesseln zu können.«

Nicaraguas Präsident Daniel Ortega stellte sich am Samstag (24. Juli) nicht nur ausdrücklich auf die Seite Venezuelas, sondern drohte zugleich mit einer eigenen militärischen Reaktion auf die »expansionistische Politik« Bogotás. Hintergrund ist ein Streit um ein rund 50000 Quadratkilometer großes Seegebiet in der Karibik, das beide Staaten für sich beanspruchen. Kolumbien hat dort Ölförderkonzessionen ausgeschrieben. Sollte Bogotá diese Konzessionen tatsächlich vergeben, könne die Armee zum Einsatz kommen, warnte Ortega bei einer Zeremonie zum Abschluß einer Übung der Streitkräfte. Der Staatschef erinnerte an zwei Urteile des Internationalen Gerichtshofs von 2007 und 2009, in denen Den Haag Nicaragua die Souveränität über das Gebiet zugesprochen habe. »Wir sind verpflichtet, die Erfüllung dieser Resolution durchzusetzen, auch wenn die kolumbianische Regierung damit begonnen hat zu verkaufen, was ihr nicht gehört.«

** Aus: junge Welt, 26. Juli 2010


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