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Schritt zur Aussöhnung

Kolumbien: Regierung und FARC einigen sich auf Wahrheitskommission *

Mit einer Wahrheitskommission wollen die kolumbianische Regierung und die FARC-Rebellen die Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen des jahrzehntelangen Konflikts in dem südamerikanischen Land aufarbeiten. Darauf einigten sich beide Seiten am Donnerstag (Ortszeit) bei ihren Friedensverhandlungen in Kuba. Das unparteiische und unabhängige Gremium soll demnach der Aufklärung, nicht aber der Strafverfolgung dienen. Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos sprach von einem wichtigen Schritt zur Aussöhnung in seinem Land.

Die elfköpfige Kommission soll für eine Dauer von drei Jahren eingesetzt werden, sobald ein Friedensvertrag unterzeichnet ist, wie es in einer gemeinsamen Erklärung von Regierung und Rebellen hieß. Sie soll sich mit den Verbrechen aller Konfliktparteien befassen. Hierzu zählen neben den staatlichen Sicherheitskräften und den Guerilleros auch paramilitärische Milizen und Drogenbanden. Die von der Kommission gesammelten Informationen dürfen allerdings nicht vor Gericht verwendet werden. Gleichzeitig ist aber auch keine Amnestie für Täter vorgesehen, die vor dem Gremium aussagen. Wahrheitskommissionen waren in den vergangenen Jahrzehnten unter anderem nach dem Ende der Diktaturen in Argentinien und Chile sowie zur Aufarbeitung der Apartheid-Ära in Südafrika eingesetzt worden.

Das geplante Gremium in Kolumbien ist das erste greifbare Ergebnis der Verhandlungen, seit diese nach einer Welle der Gewalt vor einer Woche wieder aufgenommen wurden. Die FARC-Rebellen kämpfen seit 1964 gegen Großgrundbesitzer und die Regierung. Amtlichen Angaben zufolge wurden in dem längsten bewaffneten Konflikt Lateinamerikas etwa 220.000 Menschen getötet. Die kolumbianische Regierung und die Aufständischen verhandeln seit November 2012 in Kuba über ein Friedensabkommen.

Zuletzt hatte es wieder vermehrt Angriffe beider Seiten gegeben. Santos begrüßte in einem AFP-Interview die Appelle der internationalen Gemeinschaft, die Gewalt in Kolumbien zu beenden. Er erklärte sich grundsätzlich zu einem Treffen mit dem FARC-Chef Timoleón Jiménez alias Timochenko bereit: »Genau darum geht es, um die Versöhnung zwischen Feinden.« Die FARC-Rebellen seien 50 Jahre lang »Feinde des kolumbianischen Staates« gewesen. »Wir wollen Regeln einführen, damit wir unsere Differenzen beibehalten können - aber ohne Waffen.«

* Aus: junge welt, Samstag, 6. Juni 2015


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