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M23 am Ende

Kongo: Regierung meldet Sieg über Rebellengruppe

Von Simon Loidl *

Nach einer Woche heftiger Kämpfe im Osten der Demokratischen Republik (DR)Kongo hat die Regierung des zentralafrikanischen Landes am Dienstag den »vollständigen Sieg« über die Rebellengruppe M23 gemeldet. Am Wochenende hatte die von Streitkräften der Vereinten Nationen unterstützte Armee deren Truppen aus Bunagana vertrieben. Diese letzte von den Aufständischen kontrollierte Stadt liegt direkt an der Grenze zu Uganda. Dorthin waren in den vergangenen Tagen nach ugandischen Angaben rund 10000 Menschen geflohen. Die Regierung in Kampala hatte bereits die eigene Armee mobilisiert, um ein Übergreifen der Kämpfe zu verhindern.

Am Sonntag hatte M23-Anführer Bertrand Bisimwa einen Waffenstillstand angekündigt. Dieser war jedoch von der kongolesischen Regierung nicht akzeptiert worden. Die M23 müsse sich ergeben und den Aufstand beenden, hieß es aus Kinshasa. Dementsprechend führte die Armee ihre Offensive zu Wochenbeginn fort und ging gegen die in die Berge geflohenen Kämpfer vor. Diese schossen trotz der angekündigten Waffenruhe zurück, richteten über den Kurznachrichtendienst Twitter aber aus, lediglich auf »Provokationen« der Armee zu antworten. Laut dem Bericht eines an der Grenze stationierten BBC-Reporters endeten die Kampfhandlungen am Dienstag in den frühen Morgenstunden.

Die M23 war von ehemaligen Mitgliedern einer Miliz gegründet worden, die zwischen 2006 und 2009 größere Gebiete im Osten der DR Kongo kontrolliert hatte. Im Rahmen eines Friedensabkommens wurden die Milizionäre ab 2009 in die kongolesische Armee integriert. Bald warfen sie jedoch der Regierung vor, ihren Teil des Abkommens nicht zu erfüllen. Im April des Vorjahres gründeten sie schließlich die neue Formation und nahmen den Kampf erneut auf. In der Folge kontrollierte die Gruppe nach schweren Kämpfen vorübergehend die Region um den Kivu-See und die Stadt Goma an der Grenze zu Ruanda. Seit Beginn des neuerlichen Aufstandes sind Beobachtern zufolge etwa 800000 Menschen vor den Gefechten geflohen. Sowohl der M23-Miliz wie auch der kongolesischen Armee werden Menschenrechtsverletzungen zur Last gelegt.

Kongo warf seinen Nachbarländern Uganda und Ruanda immer wieder vor, die M23 zu unterstützen – was diese stets zurückwiesen. Im Herbst 2012 hieß es in einem UN-Bericht, daß Ruanda und Uganda der M23 Waffen und Kämpfer zukommen lasse. Der Leiter der UN-Gruppe, die den Bericht erstellte, bezeichnete die Rebellengruppe als »ruandische Schöpfung«. Im Frühjahr 2013 begannen schließlich Friedensverhandlungen zwischen der kongolesischen Regierung und der M23. Gleichzeitig wurde auch die Ausweitung der UN-Mission MONUSCO beschlossen. Zu den etwa 18000 »friedenssichernden« Blauhelmen kam eine etwa 3000 Mann starke Brigade mit offensivem Mandat, die die Armee seither militärisch unterstützte. Innerhalb der Rebellengruppe waren zu diesem Zeitpunkt bereits Auseinandersetzungen über die weitere Vorgehensweise ausgebrochen. Ein Ergebnis dieser internen Machtkämpfe war die Kapitulation eines M23-Anführers, Bosco Ntaganda. Dieser tauchte Ende März in der US-Botschaft der ruandischen Hauptstadt Kigali auf und forderte seine Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.

Ob der jetzige militärische Erfolg der Armee tatsächlich das Ende der M23 bedeutet, ist noch unklar. Aber selbst wenn die Gruppe besiegt ist, bedeutet das für die seit Jahrzehnten von Kriegen zerstörte Region noch lange kein Ende der Gewalt. Zahlreiche weitere Milizen operieren in dem Gebiet, erst kürzlich berichteten mehrere Medien vom Auftauchen einer neuen Rebellengruppe namens M18.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 6. November 2013


DR Congo: UN envoy welcomes end of M23 rebellion, commitment to peace talks **

5 November 2013 – The United Nations special envoy for Africa’s Great Lakes region today joined other senior diplomatic officials in welcoming the announcement by the M23 rebel group that it is ending its bloody insurgency against the Government of the Democratic Republic of the Congo (DRC), which for nearly two years has exacerbated humanitarian strife in the country’s restive east.

Welcoming the announcement in a statement issued from the Congolese capital, Kinshasa, Mary Robinson, Special Envoy of the Secretary-General to the Great Lakes Region, and Martin Kobler, Special Representative and head of the UN peacekeeping mission in the DRC, were joined by a host of other diplomats, including Boubacar Diarra, African Union Special Representative for the Great Lakes, Russell Feingold, United States Special Envoy for the region and the DRC, and Koen Vervaeke, European Union Senior Coordinator to the region.

The envoys also welcomed the commitment of the Congolese Government to end combat and complete steps agreed to as part of the Kampala Dialogue. The envoys commended Ugandan President Yoweri Museveni and his Defense Minister, Crispus Kiyonga, for their “patient and determined leadership” in facilitating the Dialogue.

“The Envoys urge both parties to conclude the political process by signing a principled agreement that ensures the timely disarmament and demobilization of the M23 and accountability for perpetrators of war crimes and crimes against humanity,” the statement said, adding that the officials also welcomed the reestablishment of State authority by the Congolese Government in areas previously held by the M23.

While the envoys noted that the end of the M23 rebellion represents an important step in ensuring sustainable peace in eastern DRC and the Great Lakes region, they stressed that “this is only one step towards addressing the persistent conflict and instability, and to ensure an end to all illegitimate armed actors in the DRC, including the FDLR (Democratic Forces for the Liberation of Rwanda).”

The envoys went on to urge all signatories of the Peace, Security and Cooperation Framework for the Great Lakes and the DRC to recommit to ensuring the implementation of the accord, including by advancing a political dialogue between key countries in the region.

Today’s announcement comes in the wake of fresh clashes between Government troops (FARDC) and M23 fighters in and around flashpoint towns in the eastern DRC. The UN mission (MONUSCO), which has been supporting the Government’s operations, has been on “high alert” since the violence began to escalate; its helicopters were fired upon twice during the past two weeks and, since late September, three peacekeepers have been killed in the line of duty. The Kampala talks stalled as the fighting intensified.

The M23 – composed of soldiers who mutinied from the DRC national army in April – along with other armed groups, has clashed repeatedly with the FARDC. In the past year, the fighting has displaced more than 100,000 people, exacerbating an ongoing humanitarian crisis in the region which includes 2.6 million internally displaced persons and 6.4 million in need of food and emergency aid. Earlier today, the UN refugee agency reported some 10,000 people had been forced to flee to Uganda after fresh fighting in the region.

At various times, UN officials have also deplored the activities of other armed groups in the region, including Mayi Mayi, the FDLR, the National Army for the Liberation of Uganda (NALU) and the Allied Democratic Forces (ADF).

** Source: UN News Centre, 5 November 2013; http://www.un.org


M23-Rebellen in Ostkongo geben auf ***

Nach anderthalb Jahren bewaffneten Kampfes gegen die Armee haben sich die Rebellen der M23-Miliz in der Demokratischen Republik Kongo geschlagen gegeben.

In einer von ihrem politischen Führer Bertrand Bisiimwa unterzeichneten Erklärung hieß es am Dienstag, die M23 erkläre das Ende ihrer Rebellion und gebe ihre Waffen ab. Man werde künftig versuchen, die Probleme, die zum Aufstand führten, mit politischen Mitteln zu lösen. Die kongolesische Armee hatte wenige Stunden zuvor verkündet, sie habe die M23 geschlagen. Die letzten Kämpfer der Gruppe seien entweder über die Grenze nach Uganda geflohen oder hätten sich ergeben. Die Waffen der Rebellen seien zerstört worden.

Die M23-Bewegung wurde einst von ehemaligen Tutsi-Rebellen gegründet, die nach einem Friedensabkommen vom 23. März 2009 in die kongolesische Armee integriert worden waren, dann aber wegen diverser Streitigkeiten wieder desertierten. Die Gruppe begann im vergangenen Jahr einen Aufstand gegen die kongolesische Regierung. Im November 2012 hatte sie die strategisch wichtige Stadt Goma eingenommen und zehn Tage lang kontrolliert. Zeitweise drohte sie sogar mit einem Marsch auf die Hauptstadt Kinshasa.

In Uganda wurden im vergangenen Dezember zwar Friedensgespräche aufgenommen, sie wurden jedoch immer wieder unterbrochen. Kongos Armee begann am 25. Oktober eine Großoffensive, die von UN-Soldaten unterstützt wurde. »Wir werden angreifen, bis alles unter Kontrolle ist«, hieß es aus der UN-Truppe.

Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks UNHCR flohen im Osten der Demokratischen Republik Kongo seit Beginn der M23-Rebellion etwa 800 000 Menschen. Auch wenn die Rebellengruppe besiegt sein sollte, bleibt die Region instabil. Reich an Bodenschätzen, ist das Länderdreieck Kongo-Uganda-Ruanda seit gut 20 Jahren Schauplatz nicht enden wollender Gewalt. Es gibt noch rund 40 weitere Milizen, die die Bevölkerung in den Dörfern terrorisieren. Die kongolesische Regierung teilte mit, »umgehend« eine Offensive auch gegen die Hutu-Rebellengruppe Demokratische Kräfte für die Befreiung Ruandas (FDLR) zu starten.

*** Aus: neues deutschland, Mittwoch, 6. November 2013


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