Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Korea: Chronik wichtiger Ereignisse

Januar bis März 2006


Sonntag, 1. Januar, bis Sonntag, 15. Januar
  • Nordkorea hat erneut die USA beschuldigt, durch Sanktionen gegen das Land eine Rückkehr zu den internationalen Verhandlungen über sein Atomwaffenprogramm zu verhindern. Die Sanktionen seien "eindeutig ein wesentlicher Faktor für die Unterbrechung der Sechs-Länder-Gespräche", zitierte die amtliche Nachrichtenagentur KCNA am 3. Jan. aus einem Kommentar der Zeitung "Rodong Sinmun". Es sei deswegen unmöglich, sich gegenüber zu sitzen und über den Abbau der atomaren Abschreckung Nordkoreas zu sprechen.
  • Die USA haben eine Aufhebung der Sanktionen gegen Nordkorea ausgeschlossen. "Das ist kein Bestandteil der Verhandlungen", sagte Regierungssprecher Scott McClellan am 3. Jan. Die Sanktionen dienten dem Schutz der Interessen der USA und sollten "rechtswidrige Aktivitäten" Nordkoreas bekämpfen. Pjöngjang hatte in den vergangenen Wochen mehrmals mit dem Ausstieg aus den Sechs-Nationen-Gesprächen über das nordkoreanische Atomprogramm gedroht, sollte Washington die Sanktionen nicht aufheben.
  • Nordkoreas Machthaber Kim Jong Il ist zu einem Geheimbesuch in China eingetroffen. Der Sonderzug aus Pjöngjang passierte die Grenze nach China bei Dandong, wie dpa am 10. Jan. in Peking erfuhr. Der Besuch erfolgt zu einem kritischen Zeitpunkt: Noch immer gibt es ein Tauziehen um die Fortsetzung der seit 2003 laufenden Verhandlungen über ein Ende des nordkoreanischen Atomwaffenprogramms. Die Rückkehr an den Verhandlungstisch macht Pjöngjang von einer Aufhebung amerikanischer Sanktionen gegen Nordkorea abhängig.
    In dem Rätselraten um einen angeblichen China-Besuch des nordkoreanischen Staatschefs Kim Jong Il hat ein japanischer Fernsehsender neue Hinweise darauf gegeben, dass der Machthaber tatsächlich in dem Land weilt. Kim sei am 13. Jan. in der Stadt Kanton vor einem Luxushotel gesichtet worden, berichtete ein privater japanischer Fernsehsender. Auf TV-Bildern in mäßiger Qualität war ein Brille tragender Mann mit toupierten Haaren zu sehen, der in Begleitung von schwarz gekleideten Männern aus einer Limousine stieg. Die chinesische Polizei habe das Hotel zuvor räumen lassen und mit Hunden und Metalldetektoren durchsucht, berichtete ein Reporter.
  • Nach Japan hebt nun auch Südkorea ein vor zwei Jahren wegen der Rinderseuche BSE verhängtes Importverbot für Rindfleisch aus den USA auf - allerdings nur teilweise. Es dürften nun wieder Rinder aus den USA eingeführt werden, die jünger als 30 Monate seien, sagte ein Vertreter des Landwirtschaftsmnisterium am 13. Jan. AFP in Seoul. Nach seinen Angaben sollen die Importe Ende März beginnen.
  • Der nordkoreanische Staatschef Kim Jong Il hat Medienberichten zufolge am 15. Jan. im Süden Chinas Hochtechnologiefirmen besucht. Es wurde vermutet, dass er sich informieren will, wie die Wirtschaft seines Landes reformiert und belebt werden kann. Offiziell wurde der Besuch Kims weder von chinesischer noch von nordkoreanischer Seite bestätigt. Der nordkoreanische Staatschef soll Firmen in Guangzhou und in Shenzhen besucht haben. Laut einem Bericht der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap soll am 14. Jan. auch ein Treffen mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Hu Jintao geplant gewesen sein. Die chinesischen Sonntagszeitungen berichteten darüber aber nicht.
Montag, 16. Januar, bis Dienstag, 31. Januar
  • Nordkoreas Staatschef Kim Jong Il ist nach japanischen Medienberichten am 17. Jan. in Peking mit Präsident Hu Jintao zusammengetroffen. Die Nachrichtenagenturen Jiji Press und Kyodo stützten sich dabei auf Angaben von Diplomaten und Beobachtungen am Gästehaus der chinesischen Regierung für ausländische Staatsgäste, denn von offizieller Seite wird der Besuch Kims geheim gehalten. Laut Kyodo fuhr am Morgen ein Konvoi von mehreren Dutzend Autos an der Gästeresidenz vor. Laut Jiji fuhr derselbe Konvoi später zum Parlament am Tiananmen-Platz. Kim habe dort Präsident Hu getroffen. Die Regierung in Peking bestätigte den Besuch nicht. Ein Außenamtssprecher sagte lediglich, Hu träfe am 17. Jan. "ausländische Führer". Zu einem möglichen Besuch Kims könne er nichts sagen.
  • Nordkoreas Staatschef Kim Jong Il will nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur KCNA weiter über das umstrittene Atomprogramm seines Landes verhandeln. Das habe Kim in einem Gespräch mit dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao versichert, berichtete KCNA am 18. Jan. Kim Jong Il habe die "Schwierigkeiten" bei den Sechs-Nationen-Gesprächen über das nordkoreanische Atomprogramm angesprochen und betont, es gebe keine Änderung der Position Nordkoreas: Ziele seien die Abrüstung der koreanischen Halbinsel und eine friedliche Verhandlungslösung.
Februar
  • Nordkorea hat Südkorea erneut um Hilfslieferungen von dringend benötigten Düngemitteln gebeten. Südkorea prüfe die Bitte des Nachbarlands um Lieferung von 150.000 Tonnen Kunstdünger für die Frühjahrssaat, teilte am 9. Feb. das Vereinigungsministerium in Seoul mit. In einer Anfrage an den Vorsitzenden der südkoreanischen Rot-Kreuz-Gesellschaft habe Nordkorea Anfang Februar zudem die Hoffnung geäußert, weitere 300.000 Tonnen nach der Frühlingssaison zu erhalten.
    Die Bitte um neue Hilfsgüter erreichte Südkorea wenige Monate nach der Aufforderung Nordkoreas an alle ausländischen Hilfsorganisationen, die Nahrungshilfe für das Land bis Ende 2005 einzustellen. Als Gründe für die Entscheidung nannten Vertreter internationaler Organisationen unter anderem eine bessere Getreideernte in Nordkorea im vergangenen Jahr und die direkte Hilfe aus Südkorea und China.
    Der stellvertretende südkoreanische Vereinigungsminister Rhee Bong Jo betonte am 9. Feb., dass Südkorea die Hilfe für Nordkorea nicht von einem Fortschritt in den internationalen Verhandlungen über das umstrittene nordkoreanische Atomprogramm abhängig machen wolle.
  • Als dritter Spitzendiplomat aus Asien ist der südkoreanische Außenminister Ban Ki Moon ins Kandidatenrennen um die Nachfolge von UN-Generalsekretär Kofi Annan eingestiegen. Die Regierung habe entschieden, Ban zu nominieren, teilte das Außenministerium in Seoul am 14. Feb. mit. Der 61-Jährige habe jahrzehntelange Erfahrung im diplomatischen Dienst und in der Verwaltung gesammelt und einen "tadellosen Ruf". Annans zweite Amtszeit endet am 31. Dezember dieses Jahres. Die Kandidatur Bans verleiht auch der Forderung asiatischer Länder Nachdruck, den nächsten UN-Generalsekretär zu stellen. Nach inoffiziellem Rotationsprinzip wäre Asien, das mit dem Burmesen U Thant zuletzt 1961 bis 1971 an der UN-Spitze vertreten war, jetzt wieder an der Reihe. Washingtons UN-Botschafter John Bolton hat dagegen betont, es gehe darum, "die bestqualifizierte Person" für den diplomatischen Topjob unabhängig von der Herkunft zu finden.
    Außer Ban bewerben sich aus Asien auch Thailands Ex-Außenminister Surakiart Sathiratai und der ehemalige UN-Untergeneralsekretär Jayantha Dhanapala aus Sri Lanka um den Annan-Nachfolge.
  • Zum Auftakt seiner sechstägigen Fernostreise besichtigte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier die Demarkationslinie zwischen Nord- und Südkorea. "Hier erinnert man sich wieder, wie dankbar wir sein müssen, dass wir die Wiedervereinigung haben", sagte der Minister bei einer Führung durch die Sperr- und Wachanlagen, an der sich eine Million Soldaten beider Seiten feindlich gegenüberstehen. Ein Friedensabkommen zwischen Nord- und Südkorea gibt es nach wie vor nicht. Im Anschluss an die Besichtigung traf der Minister den koreanischen Wiedervereinigungsminister Lee Jong Seok und Außenminister Ban Ki Moon. Eines der Themen der Gespräche waren die deutschen Erfahrungen mit der Wiedervereinigung. Die Koreaner haben ein großes Interesse daran, weil die Ereignisse vor rund 16 Jahren in Deutschland in vieler Hinsicht als Modellfall für das eigene Land gesehen werden.
    Begleitet wird Steinmeier von einer Delegation mittelständischer Unternehmer, die insbesondere im Technologiebereich, im Umwelt- und Energiesektor arbeiten. Nach Korea stehen in den kommenden Tagen noch Besuche in Japan und China auf dem Programm.
März
  • Erstmals seit Juni 2004 sind hochrangige Militärs aus Nord- und Südkorea am 2. März in der entmilitarisierten Zone zwischen beiden Staaten zu Verhandlungen zusammengetroffen. Im Zentrum der zweitägigen Verhandlungen stehen die Hoheitsrechte im Gelben Meer. Die Regierung in Pjöngjang hatte im Februar eingewilligt, die im Juni 2004 unterbrochenen bilateralen Militärverhandlungen wieder aufzunehmen.
  • Ein Sprecher des nordkoreanischen Außenministeriums hat am 7. März in Pjöngjang den USA vorgeworfen, Nordkorea zu verleumden. Die USA behaupten, dass Nordkorea den Drogenhandel unterstützen würde. Der Sprecher betonte, Nordkorea hat in keiner Weise irgendwelche Beziehungen zur Drogenszene, und natürlich würde Nordkorea auch keinen "Drogen-Deal" betreiben. Wie der Sprecher bekannt gab, habe das US-Außenministerium vor kurzem in einem "strategischen Bericht über internationale Drogenkontrolle" behauptet, dass Nordkorea in irgendeinen "Drogen-Deal" verwickelt sei. Diese Behauptung entbehre jeglicher Grundlage und sei völlig aus der Luft gegriffen. Die USA würden versuchen, durch solche unbegründeten Anschuldigungen das Ansehen von Nordkorea zu sabotieren und Druck auf Nordkorea auszuüben. Der Sprecher fuhr fort, dass in Nordkorea die Produktion, der Handel und die Einnahme von Drogen streng verboten ist und unter Strafe gestellt wird. Zukünftig wird Nordkorea das Drogenkontrollgesetz noch strenger umsetzen als bisher. (CRI)
  • Nordkoreas Frauen sollen dem "geliebten Führer" Kim Jong Il zuliebe viele Kinder gebären. Anlässlich des Internationalen Frauentages veröffentlichte die Zeitung "Rodong Sinmun", Sprachrohr der kommunistischen Führung, am 8. März einen Appell an die weibliche Bevölkerung: Alle Frauen sollten "inbrünstig" Kim Jong Ils militärische Staatsideologie unterstützen und sich stets bewusst sein, "dass der Erfolg des Vaterlandes und die unabhängige Würde und das lobenswerte Leben der koreanischen Frauen" durch diese Ideologie garantiert würden. "Die Frauen sollten viele Kinder zur Welt bringen und sie zu zuverlässigen Männern und Frauen erziehen, die diese glückliche, mächtige Nation mittragen", hieß es weiter.
  • Nordkorea hat eine Fortsetzung der Gespräche über sein Atomprogramm erneut von Bedingungen abhängig gemacht. Zunächst müssten die USA ihr Vorgehen gegen angebliche illegale Finanzaktivitäten des kommunistischen Landes beenden. Solange die USA auf Nordkorea Druck ausübten, könne es die Sechs-Länder-Gespräche nicht fortsetzen, zitierte die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap am 8. März den Leiter des Amerika-Büros im nordkoreanischen Außenministerium, Ri Gun, in New York. Ri hatte sich zuvor mit US- Beamten wegen des Disputs um angebliche Geldwäsche- und Falschgeldaktivitäten Nordkoreas getroffen. "Die Volksrepublik (Nordkorea) und die USA hatten ausreichend Gelegenheit zu Gesprächen über beiderseitige Interessen und Besorgnisse", sagte Ri laut Yonhap. Ri habe dabei nach eigenen Worten eine "Methode" zur Lösung des Problems vorgeschlagen. Einzelheiten dazu habe er nicht genannt. Das Regime in Pjöngjang hatte bestritten, in illegale finanzielle Aktivitäten verwickelt zu sein. Beim Treffen in New York habe die amerikanische Seite bekräftigt, dass die Maßnahmen gegen die illegalen Aktivitäten nichts mit den Sechser-Gesprächen über die Atompläne Nordkoreas zu tun hätten, teilte das US-Finanzministerium mit. Die USA hatten im vergangenen September Strafmaßnahmen gegen eine Bank in Macau verhängt, die sie beschuldigen, Nordkorea bei der Verbreitung von gefälschten Dollarnoten zu helfen.
  • Nordkorea hat nach Angaben der USA erneut Raketen getestet. Es gebe Hinweise darauf, dass das kommunistische Land zwei Kurzstreckenraketen abgefeuert habe, hieß es am 8. März in einer Erklärung des US-Präsidialamts. Nordkorea habe ähnliche Tests bereits in der Vergangenheit unternommen. Die USA hätten aber wiederholt darauf hingewiesen, dass das nordkoreanische Raketenprogramm eine Bedrohung für die gesamte ostasiatische Region und die internationale Gemeinschaft darstelle. Nach Angaben aus US-Regierungskreisen verließen die Raketen bei dem Test nicht das Territorium von Nordkorea.
  • Fünf Nordkoreanern ist nach offiziellen Angaben die Flucht in einem kleinen Fischerboot über die stark bewachte Seegrenze nach Südkorea gelungen. Bei den Flüchtlingen handele es sich um eine vierköpfige Familie und eine befreundete Person, meldete die Nachrichtenagentur Yonhap am 19. März unter Berufung auf einen südkoreanischen Armeesprecher.
  • China und Russland haben Nordkorea und die USA zu mehr Flexibilität im Atomstreit aufgerufen. Nach einem bilateralen Gipfeltreffen am 21./22. März in Peking bestätigten die Staatsoberhäupter beider Staaten, Hu Jintao und Wladimir Putin, in einer gemeinsamen Erklärung, dass die Sechser-Nukleargespräche ein realistischer und noch gültiger Weg zu einer Lösung des Streits um das nordkoreanische Nuklearprogramm seien. Nordkorea und die USA, die den Sechser-Verhandlungen wegen Konflikten um Finanzsanktionen Hindernisse bereiten, sollten nun Flexibilität zeigen, hieß es. (Siehe hierzu auch: China und Russland festigen ihre "strategische Partnerschaft".)
  • Nordkorea hat dem südkoreanischen Außenminister zufolge signalisiert, die ins Stocken geratenen Gespräche über sein Atomprogramm wieder aufnehmen zu wollen. Es scheine, dass die Nordkoreaner ein großes Interesse daran hätten, zu einem Durchbruch in dieser festgefahrenen Situation zu kommen, sagte Südkoreas Außenminister Ban Ki Moon am 23. März. Der US-Besuch des chinesischen Präsidenten Hu Jintao im kommenden Monat könne zusätzlich helfen, eine geeignete Atmosphäre für die Wiederaufnahme der Gespräche herzustellen. Einen Termin nannte der Minister nicht. Die Gespräche waren zuletzt im November ohne Ergebnis zu Ende gegangen.
  • Nach dem Rücktritt des südkoreanischen Ministerpräsidenten hat Staatsoberhaupt Roh Moo Hyun am 24. März die Ex-Ministerin Han Myung Sook als Nachfolgerin nominiert. Das Amt hat in Südkorea überwiegend repräsentative Bedeutung.
  • Die USA wollen offenbar verstärkt "Abwehrmaßnahmen" gegen Nordkorea prüfen. Washington will damit auf die Möglichkeit vorbereitet sein, dass Nordkorea in Konflikten mit den USA hartnäckig bleibt. Das sagte der südkoreanische Chefunterhändler für die Sechser-Verhandlungen über das nordkoreanische Nuklearprogramm, Chun Young-woo, zum Abschluss seines Washington-Besuchs am 27. März. In den USA wachse offenbar die Anzahl derjenigen, die an Nordkoreas Versprechen bei den letzten Sechser-Verhandlungen über den Nuklearverzicht zweifeln, hieß es. Chun interpretierte die "Abwehrmaßnahmen" als Unterbindung von Kapitalströmen nach Nordkorea und die Verhinderung des Transfers von Massenvernichtungswaffen und Nuklearmaterial ins Ausland.


Zurück zur "Korea-Chronik"

Zur Korea-Seite

Zurück zur Homepage