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KDVR: Die Rückkehr der Nuklearinspektoren

Amtomenergiebehörde verhandelt über Wiederaufnahme der Kontrollen in Nordkorea

Von Wolfgang Kötter, Potsdam *

Nach mehr als vierjähriger Pause kehren die Kontrolleure der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in die KDVR zurück. Unter Leitung von Chef El Baradei reist eine IAEA-Delegation am 13. März zu zweitägigen Verhandlungen nach Pjöngjang. Für die Besprechung der Einzelheiten ist der Vize-Generaldirektor für Sicherheitskontrollen, Olli Heinonen, dabei. Er ist seinen Verhandlungspartnern gut bekannt, denn schon in den Jahren 1994 und 2002 leitete der promovierte Kernchemiker aus Finnland das Inspektorenteam, das im Atomkomplex Yonbyong überprüfen sollte, ob kein spaltbares Nuklearmaterial aus den Kernreaktoren für militärische Zwecke abgezweigt wird. Doch immer, wenn die Kontrolleure unbequeme Fragen stellten, etwa nach dem Verbleib verschwundenen Plutoniums, wurden sie vor die Tür gesetzt. Seit im Herbst 2002 der Verdacht auf illegale Urananreicherung laut wurde, verschloss sich die Regierung von Kim Jong Il völlig jeglicher internationaler Verifikation und fuhr den Kernreaktor wieder zur vollen Produktion hoch. Im darauffolgenden Januar erklärte es den Austritt aus dem Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag, proklamierte sich selbst zur Atomwaffenmacht und unterstrich dies demonstrativ mit einem unterirdischen Nukleartest im vergangenen Oktober.

Am 13. Februar kam es dann in den seit Jahren geführten, aber immer wieder stockenden und zeitweise sogar unterbrochenen 6-Staaten-Verhandlungen zu einer überraschenden Vereinbarung. Die Teilnehmer - Nord- und Südkorea, China Russland, die USA und Japan - einigten sich auf ein aus sieben Paragraphen bestehendes Phasenabkommen zur schrittweisen Einstellung des nordkoreanischen Atomwaffenprogramms. Das Dokument ist noch kein rechtsverbindlicher detaillierter Vertrag, sondern eher ein klimaverbessender Türöffner, der den Weg für die weitere Aushandlung von spezifischen Problemlösungen ebnen soll. Überschäumender Optimismus ist also nicht angebracht, denn schon einmal schien vor eineinhalb Jahren ein Durchbruch erreicht. Damals einigte sich die Sechserrunde auf eine gemeinsame Erklärung, in der Nordkorea grundsätzlich den Verzicht auf sein Kernwaffenprogramm akzeptierte, die baldige Rückkehr in den Atomwaffensperrvertrag und die Zulassung von IAEA-Sicherungskontrollen ankündigte. Im Gegenzug gaben die USA und die Republik Korea eine Nichtangriffserklärung ab und versprachen, in Südkorea keine Nuklearwaffen zu stationieren. Außerdem bot Washington die Lieferung von Leichtwasserreaktoren an, die nicht mit waffenfähigem Nuklearmaterial betrieben werden. Schließlich sagten die übrigen Gesprächspartner Stromlieferungen, wirtschaftliche Hilfe und erweiterte ökonomische Zusammenarbeit zu. Doch kurz darauf verschärfte die Bush-Regierung ihren Ton gegenüber Pjöngjang und verhängte eine Reihe von Strafmaßnahmen wegen mutmaßlicher Verbreitung von gefälschten Dollarnoten, Geldwäsche, Menschenrechtsverletzungen, Drogenschmuggel und Waffenhandel. Aus Verärgerung über die Sanktionen verweigerte Pjöngjang daraufhin weitere Verhandlungen, und erst Ende vergangenen Jahres begann man wieder miteinander zu sprechen.

Wie sieht das nun Erreichte konkret aus? Zunächst soll das für die nukleare Verbreitung gefährliche Plutoniumprogramm, also die Betreibung des 5 MW-Reaktors und der Wiederaufarbeitungsanlage, innerhalb von 60 Tagen beendet werden. Bisher kann damit jährlich ein nuklearer Sprengsatz gebaut werden, von denen Pjöngjang schätzungsweise bereits 10-12 besitzt. Dann soll in einer zweiten Phase mit der nuklearen Abrüstung begonnen werden, wobei aber noch nicht klar ist, worin diese im Einzelnen besteht. So ist noch offen, wie die schon vorhanden nuklearen Sprengköpfe vernichtet werden und was aus dem waffenfähigen Plutonium wird. Geklärt werden müssen ebenfalls Einzelheiten zur Schließung des nuklearen Testgebiets in Hamkyong sowie zur Abwicklung des vermuteten Urananreicherungsprogramms. In einer dritten Phase schließlich stehen die Zusammenarbeit für Sicherheit in Nordostasien sowie Kooperation auf dem Wirtschafts- und Energiegebiet zur Diskussion. Als Belohnung soll das unter Energiemangel leidende Land insgesamt fast eine Mio. t Rohöl erhalten, zudem werden die US-Finanzsanktionen innerhalb von 30 Tagen aufgehoben. Gleichzeitig laufen Verhandlungen zur Aufnahme voller diplomatischer Beziehungen, in denen auch die anstehenden Probleme in den bilateralen Beziehungen geregelt werden, z.B. die KDVR von der "Achse des Bösen" zu streichen. Außerdem werden fünf Arbeitsgruppen zur Implementierung des Phasenprogramms gebildet und Außenministertreffen den Verhandlungsstand zwischen den Etappen bewerten. Die nächste Runde der Sechserverhandlungen ist für den 19. März geplant, bei der die Arbeitsgruppen erstmals berichten und Maßnahmen für die 2. Phase beraten werden.

* Vom Autor überarbeitete Fassung eines Artikels, der am 27. Februar 2007 im "Neuen Deutschland" erschien.


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