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Propagandaschlacht um Raketenstart

KDVR sieht sich durch gemeinsames Manöver USA-Südkorea aufs höchste bedroht

Von Peter Kirschey *

Ein nordkoreanischer und ein USA-General sollen sich jüngst zwei Mal in Panmunjom an der Demarkationslinie zwischen Nord- und Südkorea getroffen haben. Der KDVR-Militär habe die Gefährlichkeit und den aggressiven Charakter des laufenden Manövers »Key resolve« entlarvt, heißt es aus Pjöngjang. Man werte diese Kriegsübung als Versuch der USA, Nordkorea zu vernichten, und werde »mächtige Gegenmaßnahmen« und »Vorbereitungen für den Kriegsfall« treffen.

Seit 1953 der Koreakrieg endete, lebte man im Norden der Halbinsel alljährlich im propagandistischen Ausnahmezustand, wenn die USA-Truppen im Süden zu gemeinsamen Manövern mit südkoreanischen Einheiten ausrückten. In diesem Jahr beteiligen sich 26 000 US- und 50 000 südkoreanische Soldaten an der zwölftägigen Übung. Und zumindest in Worten ist bereits eine heiße Schlacht entbrannt.

Seit Wochen erwarten US-Amerikaner und Südkoreaner einen nordkoreanischen Langstreckenraketentest. Nach Geheimdienstmeldungen sollte er in dieser Woche erfolgen. Auf einem Testgelände im Nordosten der KDVR will man per Satellit verstärkte Aktivitäten bemerkt haben, die auf einen Abschuss hindeuten. Ob eine Interkontinentalrakete getestet oder ein Satellit ins All gestartet werden soll, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Laut KDVR-Berichten ist geplant, vom Raumfahrzentrum Donghae einen Satelliten mit dem Namen »Kwangmyongsong 2« auf eine Umlaufbahn zu bringen. Im Süden glaubt man, dass diese Ankündigung nur die tatsächliche Absicht verschleiert, eine Langstreckenrakete zu testen, die mit Atomsprengköpfen bestückt werden kann.

Bereits 1998 hatte Nordkorea den erfolgreichen Start eines eigenen Satelliten verkündet und das Land in einen Freudentaumel versetzt. Doch ausländische Messstationen konnten den Satelliten »Kwangmyongsong 1« nicht orten und schlossen auf einen Fehlstart. Monate später vermeldete Pjöngjang den erfolgreichen Start einer Langstreckenrakete »Taepodong 1«. Das Geschoss überflog japanisches Territorium und stürzte unkontrolliert in den Pazifischen Ozean. Zumindest bewiesen die Nordkoreaner damit, dass ihre Raketen entfernter liegende Territorien erreichen könnten. Das löste in Japan, den USA und Australien Unruhe aus. 2006 schließlich meldete Pjöngjang einen unterirdischen Atomtest. Seitdem betrachtet sich die KDVR als Atommacht und fordert entsprechenden Respekt. Doch noch heute rätseln Geheimdienste, ob tatsächlich ein Atomtest stattgefunden hat und ob Nordkorea wirklich in der Lage ist, einen Satelliten ins All zu senden.

Immerhin drohten US-Militärs, eine KDVR-Rakete im Falle ihres Starts abzuschießen. Am Computer habe man das schon erprobt, man hoffe aber, dass der Ernstfall nicht eintreten werde, hieß es im Pentagon. Für Pjöngjang glich das einer Kriegserklärung. »Der Abschuss unseres für friedliche Zwecke gebauten Satelliten würde konkret Krieg bedeuten«, verkündete die amtliche Nachrichtenagentur KCNA und fügte hinzu, man werde auch auf südkoreanische Zivilflugzeuge keine Rücksicht nehmen und sie abschießen, wenn es die Lage erfordere.

Am 20. März soll »Key resolve« enden. Die Frage bleibt, ob aus Drohgebärden Ernst wird.

* Aus: Neues Deutschland, 12. März 2009

Russischer Experte macht Seoul für Eskalation auf Korea-Halbinsel verantwortlich

MOSKAU, 11. März (RIA Novosti). Die jetzige Eskalation auf der Korea-Halbinsel ist laut dem russischen Orientalisten Alexander Woronzow eine Folge des „anti-nordkoreanischen“ Kurses Südkoreas, der die bisherige zehnjährige „Sonnenwärme-Politik“ abgelöst hat.

Die Regierung in Seoul setze sich bewusst über die Proteste des Nordens hinweg, die nicht ganz unbegründet seien. Und Nordkorea müsse darauf reagieren, sagte Woronzow, Abteilungsleiter Korea und Mongolei am Institut für Orientalistik der Russischen Wissenschaftsakademie, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz bei RIA Novosti.

Als Beispiel verwies er darauf, dass die nordkoreanischen Behörden vor dem wiederholten Abwurf anti-kommunistischer Flugblätter über Nordkorea sowie vor der Einschleusung von Geistlichen in den Norden die Augen verschließen wie auch auf das dreiseitige Projekt zur Verbindung der Bahnnetze von Russland, Nord- und Südkorea faktisch verzichtet haben.

Ein Ausweg aus der Krise könnte mit Hilfe der US-Administration unter Präsident Barack Obama gefunden werden, mutmaßte der Experte. Nach seinen Worten sollte Washington Südkorea zu einer abgestimmten Politik gegenüber Nordkorea auffordern. Zugleich sollten China und Russland ihre Anstrengungen zur Bewältigung der Krise verstärken.

Südkoreas neuer Präsident, Lee Myung Bak, hatte nach seinem Amtsantritt im vergangenen Jahr einen Verzicht auf die frühere "Politik der Sonnenwärme" angekündigt, die zwischen den beiden koreanischen Staaten in den letzten zehn Jahren gepflegt worden war.

Am 9. März dieses Jahres hat Südkorea zusammen mit den USA eine große Militärübung begonnen, die bis 20. März dauern wird. Nach Meldungen aus Seoul nehmen daran 50 000 südkoreanische und 26 000 US-Soldaten teil. Nordkorea wertete dies als Kriegsvorbereitungen und versetzte seine Armee in erhöhte Kampfbereitschaft. Zugleich brach Pjöngjang den „heißen Draht“ mit dem südkoreanischen Militärkommando ab und kündigte an, es könne für die Dauer des Manövers die Sicherheit der südkoreanischen Zivilflugzeuge über dem Japanischen Meer nicht mehr garantieren.

Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 11. März 2009




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