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Auf Konfrontation

Koreanische Halbinsel: Wegen des "Cheonan-Vorfalls" steht Pjöngjang mal wieder am Pranger. USA rüsten Südkorea weiter auf

Von Rainer Werning *

Südkoreas Regierung sieht es seit dem 20. Mai als erwiesen an, daß ein nordkoreanischer Torpedo-Angriff am 26. März das Patrouillenschiff »Cheonan« versenkt und 46 südkoreanische Soldaten getötet hat. Der südkoreanische Präsident Lee Myung-Bak kündigte am Montag an, den Zwischenfall vor den UN-Sicherheitsrat zu bringen. Zudem werde die innerkoreanische Zusammenarbeit weitgehend eingestellt und nordkoreanischen Schiffen die Fahrt durch südkoreanische Hoheitsgewässer verboten. Außenminister Yu Myung-Hwan sagte, wochenlange Untersuchungen eines internationalen Ermittlerteams hätten »offensichtlich« ergeben, daß Nordkorea die Schuld an dem Untergang trage.

Die USA nutzten den Bericht umgehend, um ihrem engen Verbündeten in Seoul ihre volle Solidarität auszudrücken. Die USA stünden unmißverständlich zur Verteidigung Südkoreas, erklärte der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs, in der Nacht zu Montag. »Wir werden auf dem bereits starken Fundament exzellenter Kooperation unserer Militärs aufbauen und weitere Verbesserungen prüfen«, hieß es weiter. Präsident Barack Obama habe eine »engere militärische Zusammenarbeit« mit Seoul angeordnet.

Außenministerin Hillary Clinton, die derzeit die Region bereist, wird nach Besuchen in Tokio und Peking in dieser Woche auch zu Unterredungen mit Lee in Seoul erwartet. In der chinesischen Hauptstadt sagte sie am Montag, daß Washington die Lage auf der koreanischen Halbinsel als »sehr gefährlich« einschätzt. Schärfere Sanktionen seitens Washingtons sind allerdings kaum zu erwarten - mit Rücksicht auf China. Dessen Diplomaten mahnten am Wochenende zur Mäßigung, weil sonst die unter der Schirmherrschaft der Volksrepublik laufenden Sechsergespräche in Peking - an ihnen nehmen außerdem die beiden Korea, die USA, Rußland und Japan teil - torpediert würden.

Die USA, die gegenüber China mit umgerechnet etwa zwei Billionen US-Dollar in der Kreide stehen, sind zudem auf Pekings Unterstützung im Atomstreit mit Iran angewiesen. Wegen Nordkorea würde Washington einen solchen Deal mit China kaum aufs Spiel setzen. Wie eng schließlich die chinesisch-nordkoreanischen Beziehungen sind, unterstrich der vom 3. bis 7. Mai auf Einladung der chinesischen Führung erfolgte Staatsbesuch Kim Jong-Ils in der Volksrepublik. Dort konferierte er unter anderem mit Staatspräsident Hu Jintao und Ministerpräsident Wen Jiabao über die Lage in Nordostasien.

Unterdessen wies die nordkoreanische Volksrepublik die Vorwürfe des Ermittlerteams in Sachen »Cheonan« zurück. Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA und ein Sprecher der Nationalen Verteidigungskommission, des mächtigsten politischen Gremiums des Landes, sprachen von einem »fingierten« Untersuchungsbericht. Gleichzeitig bot Pjöngjang an, ein eigenes Ermittlungsteam in den Süden zu entsenden. Sollte Seoul weiter auf seiner Version beharren und mit Vergeltung drohen, erwäge man »harte Maßnahmen bis hin zum Krieg«.

Den Koreakrieg beendete am 27. Juli 1953 das im Grenzort Panmunjom unterzeichnete Waffenstillstandsabkommen. Seitdem befinden sich Süd- und Nordkorea völkerrechtlich noch im Kriegszustand. Sämtliche bisherigen Bemühungen, das Abkommen in einen Friedensvertrag zu überführen, sind gescheitert. Eine Annäherung zwischen den verfeindeten Brüdern auf der koreanischen Halbinsel erfolgte bislang in bizarrem Zick-Zack-Kurs. Vor zehn Jahren, Mitte Juni 2000, schien mit der Nord-Süd-Erklärung erstmalig eine Perspektive eröffnet worden zu sein, das beiderseitige Verhältnis dauerhaft zu entkrampfen. In Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang verpflichteten sich seinerzeit die Staatschefs beider Länder, Kim Dae-Jung und Kim Jong-Il, zur engen Kooperation auf politischem, wirtschaftlichem und militärischem Gebiet. Ganz im Geiste der von Kim Dae-Jung damals propagierten »Sonnenscheinpolitik« des Südens vis-à-vis dem Norden.

Dann waren es außen- wie innenpolitische Faktoren, die Pjöngjang zum Umdenken bewegten. Nach der Irak-Invasion im Frühjahr 2003 fürchtete die nordkoreanische Regierung nichts so sehr wie einen von der Bush-Administration avisierten »Regimewechsel«. Schließlich galt Nordkorea neben dem Irak und Iran als ausgemachter Teil einer »Achse des Bösen«. Mit Raketentests und dem Hochfahren seines Atomprogramms wollte Nordkorea erzwingen, wenn schon nicht als international geachteter Freund, so wenigstens als geächteter Feind auf Augenhöhe ernst genommen zu werden. Als ein Jahrzehnt »Sonnenscheinpolitik« mit dem Amtsantritt des neuen südkoreanischen Präsidenten Lee (Spitzname: »der Bulldozer«) im Februar 2008 abrupt endete, schaltete man in Seoul und Pjöngjang wieder auf stur.

* Aus: junge Welt, 25. Mai 2010

Ban sure of ‘appropriate’ Security Council action on Republic of Korea ship **

24 May 2010 – The deliberate sinking of a navy ship off the coast of the Republic of Korea by its northern neighbour, the Democratic People’s Republic of Korea, has dealt a blow to efforts to promote peace in the region, Secretary-General Ban Ki-moon said today, voicing hope that the Security Council will act swiftly on the issue.

Seoul released the findings of an international report last week which said that its vessel Cheonan was hit by a DPRK torpedo in late March, claiming the lives of 46 ROK soldiers.

Mr. Ban told reporters at his monthly press conference today that the evidence laid out in the report “is overwhelming and deeply troubling,” adding his voice to the chorus of international leaders condemning the incident.

He said that it is “particularly deplorable” that this development occurs at a time when both global efforts to de-nuclearize the Korean Peninsula and the so-called Six-Party Talks – bringing together the DPRK, the ROK, Japan, China, Russia and the United States – are stalled.

“Such an unacceptable act by the DPRK runs counter to international efforts to promote peace and stability in the region.”

ROK President Lee Myung-bak has reportedly announced that his country will sever nearly all trade with the DPRK and will bring the matter before the Security Council.

“I am confident that the Council, in fulfilling its responsibility for the maintenance of international peace and security, will take measures appropriate to the gravity of the situation,” Mr. Ban emphasized today.

Although a national of the ROK, the Secretary-General today asserted his objectivity in the matter.

The United Nations, he also noted, will continue providing life-saving support to the people of the DPRK, given the dire humanitarian situation, where over one third of the co nearly 24 million-strong population is in need of food assistance.

“Regardless of other considerations, we need to provide humanitarian assistance” to those who need it most, including malnourished children. “They are the leaders of our future generations and they should be given proper nutrition and support,” the Secretary-General said in response to a reporter’s question.

He also welcomed the announcement by Mr. Lee that the ROK will continue to assist vulnerable children in the DPRK.

** Source: UN News Centre, 24 May 2010; www.un.org




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