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Neun Jahre Haft

Südkoreanischer Parlamentsabgeordneter Lee Seok-Ki für Forderung nach Friedensvertrag mit Pjöngjang verurteilt

Von Claudia Haydt *

Lee Seok-Ki, ein Parlamentsabgeordneter der südkoreanischen Vereinigten Fortschrittspartei (UPP), ist am Montag in Seoul zu neun Jahren Gefängnis verurteilt worden – drei Jahre weniger als das Urteil in der Vorinstanz gelautet hatte. Grundlage der Anklage war eine Veranstaltung der UPP gewesen, bei der sich im Mai 2012 rund 130 Mitglieder und Sympathisanten zu einem friedenspolitischen Vortrag in einer katholischen Kirche in der Hauptstadt getroffen hatten. Der Geheimdienst NIS sah dieses öffentlich angekündigte Treffen als Teil einer gefährlichen subversiven Verschwörung und ließ die Konferenz aufzeichnen. Der so entstandene Audiomitschnitt diente trotz nachgewiesener Manipulationen an 272 Stellen in mehreren Prozessen gegen UPP-Mitglieder und auch im Verfahren gegen Lee Seok-Ki als Hauptbeweismittel.

Dem Vorwurf der Staatsanwaltschaft, daß in der Versammlung eine konkrete Verschwörung zum Sturz der Regierung geplant worden sei, konnten die Richter nicht folgen. Tatsächlich war dafür im Prozeß kein einziger handfester Beweis vorgelegt worden. Allerdings hielten die Richter den Vorwurf des Aufrufs zum Umsturz und der Verstöße gegen die nationale Sicherheitsgesetzgebung für erwiesen. Als Belege dafür wurden Äußerungen des Abgeordneten gewertet, das Parlament als »vorderste Front des Klassenkampfes« zu betrachten. Zudem hatte er seine »Genossen« aufgerufen, bei diesem Kampf »grenzenlos kreativ zu denken«.

Parallel zu den Verfahren gegen die linken Politiker wurde von den südkoreanischen Behörden auch ein Verbot der UPP eingeleitet. Dessen sofortige Umsetzung konnte durch einen Hungerstreik mehrerer Parlamentarier abgewendet werden, doch nach wie vor droht der Partei die Illegalität. Grundlage der Repression sind vage Formulierungen in den nationalen Sicherheitsgesetzen, deren Abschaffung oder wenigstens Präzisierung unter anderem das UN-Menschenrechtskomitee wiederholt gefordert hat. Südkoreanische und internationale Organisationen kritisieren vor diesem Hintergrund auch die erneute Verurteilung von Lee Seok-Ki. Roseann Rife, Direktorin für die Asien-Pazifik-Region bei der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, erklärte, daß die Umsturzvorwürfe durch die vorgelegten Beweise offensichtlich nicht gestützt wurden. Amnesty zeigte sich enttäuscht über den bisherigen Verlauf und forderte, daß »nationale Sicherheit« nicht mißbraucht werden dürfe, um Meinungs- und Gewissensfreiheit einzuschränken. Insbesondere der Geheimdienst habe den »Fortschritten im Bereich der Menschenrechte massiven Schaden« zugefügt.

Unterstützung erhalten hatte Lee Seok-Ki im Juli auch durch die deutsche Bundestagsabgeordnete Inge Höger (Die Linke), die sich vor Ort ein Bild über die politische Lage machte. Es gelang ihr, im Gefängnis mit Lee Seok-Ki zusammenzukommen – allerdings unter strengen Sicherheitsvorkehrungen, ein Gespräch war nur durch eine Trennscheibe möglich. Höger unterstrich anschließend, es sei »nicht akzeptabel, daß Menschen allein wegen der richtigen Forderung nach einem Friedensvertrag zwischen dem Norden und Süden Koreas als Agenten Nordkoreas stigmatisiert und kriminalisiert werden«. Die Abgeordnete beantragte, ihren südkoreanischen Kollegen in das Programm »Parlamentarier schützen Parlamentarier« des Bundestages aufzunehmen.

Höger mußte in Seoul zudem feststellen, daß die Bedingungen für politische Opposition in Südkorea immer schwieriger werden. So werden Gewerkschaften willkürlich verboten oder erst gar nicht anerkannt und ihre Mitglieder inhaftiert. Ähnlich ergeht es Aktivisten gegen US-Militärbasen, in den Gefängnissen sitzen 700 Kriegsdienstverweigerer. Die Sicherheitsgesetze werden zudem immer mehr für Medienzensur, für die Sperrung von Internetseiten und für die Inhaftierung kritischer Blogger genutzt.

* Aus: junge Welt, Mittwoch 13. August 2014


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