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Nicht der Präsident

Aus der Basketball-Diplomatie: Was wollte Dennis Rodman in Nordkorea?

Von Alexander Bahar *

Sein exzentrisches Auftreten war schon während seiner Zeit als Superstar der NBA-Liga das Markenzeichen von Dennis Rodman. Doch nun hat der 52jährige, der seine Karriere als Baskteballprofi 2000 beendete, nach Ansicht der US-Mainstreammedien den Bogen überspannt. Bereits im vergangenen Jahr hatte Rodman die nordkoreanische Haupstadt Pjöngjang dreimal besucht und sich dabei mit Nordkoreas jungem Führer Kim Jong-Un angefreundet, wie er meinte. Für seinen Besuch zu Jahresbeginn stellte Rodman ein Team von ehemaligen NBA-Spielern für ein Show-Match gegen eine nordkoreanische Auswahl zusammen – als »Geburtstagsgeschenk« für Kim Jong-Un am 8. Januar. Dieser hatte erst im Dezember seinen Onkel Jang Song-Thaek, der als Nunmmer zwei des Regimes galt, wegen angeblicher staatsfeindlicher Akte, Korruption und Drogenmißbrauch hinrichten lassen.

Und so kam es, daß Rodmans jüngste Nordkorea-Reise weitaus kritischer beäugt wurde als seine früheren. Besonders angeprangert wurde dabei Rodmans Versäumnis, daß er nicht das Thema Menschenrechtsverletzungen angesprochen habe, speziell die Inhaftierung des christlichen US-Missionars Kenneth Bae. Auf CNN sagte ein sichtlich angetrunkener Rodman in der vergangenen Woche: »Sie haben doch keine Ahnung, was Bae sich hat zuschulden kommen lassen«. Aber auch: »Es interessiert mich einen Scheißdreck, was Sie denken.«

Sein Teamkollege Charles Smith versuchte abzuwiegeln, indem er betonte, ihre Reise sei rein sportlicher, nicht politischer Natur gewesen. Im weiteren Verlauf des Interviews deutete Rodman den Zweck seiner Basketball-Besuche in Nordkorea an: »Eines Tages wird sich diese Türe öffnen wegen dieser zehn Kerle.« Sollte der exzentrische Rodman als eine Art inoffizieller Vermittler fungieren, um Kommunikationskanäle zwischen Washington und Pjöngjang zu öffnen?

An Kim Jon-Uns Geburtstag vergangene Woche, unmittelbar vor dem Spiel gegen eine nordkoreanische Auswahl, griff Rodman vor 14000 Zuschauern das Mikrofon, sang Kim Jong-un ein Geburtstagsständchen und verneigte sich. In den US-Medien löste all das Befremden aus. Der als Bellizist bekannte Senator John McCain, Mitglied im Verteidigungsausschuß, beschimpfte Rodman als »Idioten«, als »Menschen von begrenztem Intellekt«. In einer anschließend veröffentlichten Rechtfertigung seines Gefühlsausbruchs auf CNN erklärte Rodman, er habe getrunken und sei verärgert gewesen, weil, »mein Traum einer Basketball-Diplomatie so schnell zerfallen ist«.

Die Obama-Regierung hat wiederholt jede Mitwirkung an Rodmans Nordkorea-Besuchen bestritten, diese aber auch nicht kommentiert. Doch hat sie sich im Rahmen ihrer Strategie der »Schwerpunktverlagerung auf Asien« bemüht, den chinesischen Einfluß in der Region zu unterminieren und das Land militärisch einzukreisen. Gegenüber Nordkorea verstärkten die USA die Sanktionen zur weiteren Strangulierung der Wirtschaft des Landes und verweigerten ihre Teilnahme an den von Peking geförderten »Sechs Parteien«-Gesprächen über Nordkoreas Atomprogramm.

Im April vorigen Jahres beantwortete das Weiße Haus Pjöngjangs vage Kriegsdrohungen mit der Stationierung atomwaffenfähiger B-2- und B-52-Bomber in Südkorea. Zeitgleich pries Obama das Beispiel Myanmars als Vorbild des Wandels, dem Nordkorea folgen solle. Anders ausgedrückt: Sollte Pjöngjang bereit sein, seine langjährige Schutzmacht China zu verlassen, bestände die Aussicht, wie die vom Militär gestützte Regierung Myanmars, im US-Lager als »sich entwickelnde Demokratie« willkommen geheißen zu werden. Bezeichnenderweise war Kim Jong-Uns exekutierter Onkel Berichten zufolge der nordkoreanische Politiker mit den engsten Kontakten nach China.

Im Februar 2013 schrieb die Los Angeles Times, Obama habe im Jahr 2012 zwei diplomatische Missionen nach Nordkorea entsandt – beide seien gescheitert. In einer Rede vor der Asia Society letzten Juli beschrieb der frühere US-Botschafter in Südkorea, Donald Gregg, Nordkorea als »den am längsten währenden Mißerfolg in der Geschichte der amerikanischen Spionage« und forderte die Obama-Administration auf, das Land »aus seiner Isolation herauszuholen«. In derselben Versammlung sprach auch der frühere Gouverneur von New Mexico, Bill Richardson, wohlwollend über Rodmans Nordkorea-Besuch im Februar 2013 und urteilte, Rodman, obgleich »unorthodox«, könnte für weitergehende diplomatische Ziele der USA benutzt werden. So paradox es klingen mag, Rodmans bizarre Persönlichkeit könnte für die Obama-Regierung sogar ein Vorteil sein. Falls sich seine Besuche als Fiasko erweisen, kann er leicht geopfert und jede offizielle Mitwirkung des Weißen Hauses bequem geleugnet werden.

Rodman selbst hatte nach seiner Reise erklärt: »Ich bin nicht der Präsident. Ich bin kein Botschafter. Ich bin Dennis Rodman. Einfach nur ein Privatmann, der der Welt zeigen will, daß wir zusammenleben und für einen Tag fröhlich sein können.«

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 16. Januar 2014


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