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Blockade verschärft

US-Politik gegen Kuba hat sich unter Barack Obama nicht gebessert. Auch deutsche Unternehmen verweigern Geschäftsbeziehungen

Von André Scheer *

US-Präsident Barack Obama hat nicht nur die Hoffnungen auf eine Entspannung der Beziehungen zu Kuba enttäuscht, unter seiner Regierung wurde die Blockade gegen die Insel in einigen Bereichen sogar noch verschärft. Das sagte der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez Parrilla am Mittwoch (Ortszeit) in Havanna bei der Vorstellung des jährlichen Berichts an die Vereinten Nationen über die Folgen der Blockade. Obama habe sogar solche Maßnahmen nicht ergriffen, die er ohne Zustimmung des US-Kongresses hätte durchführen können, bedauerte Rodríguez. Nach wie vor ist es auch Tochterunternehmen von US-Firmen in Drittländern verboten, Handel mit Kuba zu treiben. Deshalb hat der anhaltende Prozeß internationaler Unternehmensfusionen, durch die US-Kapital an immer mehr Konzernen beteiligt ist, für Kuba dramatische Folgen. Immer wieder berichten kubanische Mediziner, daß sie Menschenleben nicht retten konnten, weil die benötigten Medikamente nicht eingeführt werden dürfen. Als ein israelisches Unternehmen mit US-Beteiligung vor wenigen Monaten den mexikanischen Pharmazieproduzenten Lemery übernahm, stellte dieses sofort die Lieferung eines bestimmten Krebsmedikaments an Kuba ein. »Die Anwendung dieses Produkts würde die Überlebensrate von Patienten auf über 70 Prozent der Krankheitsfälle erhöhen«, heißt es dazu in dem Bericht.

Auch deutsche Unternehmen unterwerfen sich der US-Blockadepolitik. So verweist Havanna in dem jetzt vorgelegten Bericht darauf, daß sich die mexikanische Siemens-Filiale geweigert habe, dem kubanischen Unternehmen Antillana de Acero Ersatzteile für einen Lichtbogenofen zu liefern: »Wegen der Blockadeanordnungen hat sich diese Gesellschaft geweigert, ihren Verpflichtungen Kuba gegenüber nachzukommen, und so mußte die benötigte Ware in einem europäischen Land zu einem höheren Preis und mit längerer Lieferzeit erworben werden.«

Die internationale Bankengenossenschaft SWIFT, die Geldüberweisungen zwischen 8000 Geldinstituten in mehr als 200 Ländern abwickelt, teilte der kubanischen Zentralbank mit, daß diese ab März 2012 keinen Zugang mehr zu deren Netzwerk haben wird, weil die dann installierte neue Version des eingesetzten Computerprogramms US-Technologie enthalte. Bereits heute weigert sich die deutsche Postbank, Geldüberweisungen nach Kuba abzuwickeln. Auf jW-Nachfrage erklärte deren Pressestelle dazu: »Die Korrespondenzbanken, die zur Abwicklung von Überweisungen nach Kuba zur Verfügung stehen, unterliegen häufig US-amerikanischem Recht. Das hat zur Folge, daß Überweisungen nach Kuba in vielen Fällen zwar auf deutscher Seite initiiert werden können, auf Seite der Korrespondenzbank jedoch einbehalten werden müssen. Aus diesem Grund führt die Postbank derzeit keine Überweisungen nach Kuba aus.« Andere Banken sehen auf Nachfrage hingegen keine Probleme, sofern die Überweisung nicht in US-Dollar vorgenommen wird.

Insgesamt beziffert Kuba die Kosten der US-Blockade in den vergangenen 50 Jahren auf mehr als 751 Milliarden US-Dollar. Die am Dienstag in New York offiziell eröffnete 65. UN-Vollversammlung wird voraussichtlich am 26. Oktober zum 19. Mal in Folge über eine Verurteilung der Blockade abstimmen. Im vergangenen Jahr unterstützten 187 Staaten den kubanischen Antrag, nur Israel, die USA und Palau stimmten dagegen.

* Aus: junge Welt, 17. Sep. 2010


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