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Illegale Geschäfte

Kuba schließt nicht genehmigte Kinos. Westliche Medien wittern "Machtkampf"

Von Volker Hermsdorf *

Aus einer einfachen Mitteilung des Ministerrats über die Korrektur von Auswüchsen im privaten Wirtschaftsbereich von vergangenem Samstag machten die westlichen Medien in dieser Woche einen »Machtkampf in der kubanischen Führung« – ohne weitere Belege als die Meinung eines »Kuba-Experten« der Washingtoner Denkfabrik »Brookings Institution«. Tatsächlich hatte die Tageszeitung Granma am 2. November darüber informiert, daß ohne Lizenz betriebene private Kinos und Spielhallen ab sofort schließen müssen. Außerdem ist der private Handel mit importierter Kleidung sowie der gewerbsmäßige Wiederverkauf von Waren aus staatlichen Geschäften ab 1. Januar 2014 nicht mehr zulässig. Mit diesen Maßnahmen sollen die Regeln für den privaten Sektor durchgesetzt, illegale Aktivitäten eingedämmt und die wachsende Zahl der seriösen Selbständigen geschützt werden, begründete das Exekutivkomitee des Ministerrats den Beschluß.

Seit Oktober 2010, als die Errichtung von privaten Kleinunternehmen in großem Umfang genehmigt worden war, ist dieser Wirtschaftsbereich von damals rund 157000 auf heute über 442000 Beschäftigte angewachsen. Dem Onlineportal Cubadebate zufolge hält die »überwältigende Mehrheit« der Selbständigen alle Bestimmungen korrekt ein. Betrogene Bürger beschwerten sich allerdings zunehmend über die »Wiederverkäufer«, die subventionierte Produkte aufkaufen, um sie den Konsumenten dann für einen höheren Preis anzubieten. Auch Waren des täglichen Bedarfs werden so der staatlichen Preiskontrolle entzogen. Außerdem werden am Zoll vorbei geschmuggelte Kleidungsstücke und Elektroartikel in Havanna offen von privaten Händlern angeboten, die eine Lizenz als »Schneider« oder zur »Herstellung und zum Verkauf von Haushaltsartikeln« beantragt hatten.

Im Fokus der deutschsprachigen Medien standen in dieser Woche vor allem die privaten Kinos und Spielhallen, die in Havanna und anderen größeren Städten jetzt geschlossen werden. »Kuba mißgönnt seinen Bürgern 3-D-Kino« klagte beispielsweise das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) auf seiner Homepage. Die kubanischen Medien hatten dagegen darauf hingewiesen, daß für private Filmvorführungen, einschließlich 3-D-Kinos, und Einrichtungen für Computerspiele zu gewerblichen Zwecken nie Lizenzen erteilt worden waren. Aus zunächst kleinen Angeboten in privaten Häusern hatten geschäftstüchtige Geldgeber mit kubanischen Strohmännern teilweise professionelle Kinos mit Gastronomie und eigenem Personal gemacht. Ohne Genehmigung hatten die Betreiber weder den Jugendschutz noch andere staatliche Kontrollen zu fürchten, da die Geschäfte für die Behörden gar nicht existierten. In den kubanischen Medien war auch die Vorführung von Gewaltvideos sowie kriegsverherrlichenden und pornografischen Filmen kritisiert worden.

Da die Mehrheit der 11,3 Millionen Kubaner in ländlichen Regionen lebt, betrifft die Schließung der illegalen Kinos und Spielsäle nur einen kleinen Teil der Großstadtbevölkerung. Dagegen erhitzen die Einschränkungen für Klamottendealer die Gemüter. Viele fürchten ein erneutes Anwachsen des Schwarzmarktes. Wenn die Regierung den Handel mit Schmuggelgut wirklich eindämmen wolle, müsse sie dafür sorgen, daß das Angebot in den staatlichen Geschäften verbessert wird, meint etwa der Schriftsteller Leonardo Padura.

* Aus: junge Welt, Samstag, 9. November 2013


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