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Ist die Kritik an Kuba berechtigt?

Gerardo Peñalver über die Situation der Menschenrechte auf Kuba / Der 39-jährige ist seit 2005 Botschafter der Republik Kuba in der Bundesrepublik Deutschland

ND: Kuba wird oft dafür kritisiert, dass Meinungs- und Pressefreiheit nicht gewährleistet wären. Wie stehen Sie zu diesen Vorwürfen?

Gerardo Peñalver: Kuba ist bekanntlich ein Land, das unter besonderen Umständen existiert. Seit fast 50 Jahren leidet das kubanische Volk unter einer Handels- und Wirtschaftsblockade durch die USA, die darauf abzielt, die kubanische Revolution zu stürzen und die verfassungsmäßige Ordnung zu ihren Gunsten zu verändern. Daher sahen wir uns genötigt, die Pressefreiheit für jene einzuschränken, die offen gegen die Revolution agieren. Heute wird auf Kuba aber offen über die Frage einer kritischen Presse diskutiert. Denn im Sinne der Verbesserung unserer Revolution muss es der Presse erlaubt sein, kritisch über die Regierung und Probleme in unserem Land zu berichten.

In Bezug auf die Meinungsfreiheit möchte ich folgendes sagen: Die Anschuldigung, dass Menschen in Kuba bestraft würden, nur weil sie ihre Meinung frei geäußert haben, entspricht nicht der Realität. Diejenigen, die in Kuba gegen die Revolution, gegen den Sozialismus und gegen die Verfassung sind, haben auch das Recht auf freie Meinungsäußerung. Die wenigen, die heute auf Kuba aus scheinbar politischen Gründen inhaftiert sind, wurden in einem öffentlichen Verfahren verurteilt. Ihnen konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass sie die Blockadepolitik der USA offen unterstützt und damit die nationale Sicherheit des Staates gefährdet haben. Wir sind ein Rechtsstaat und wir verteidigen unsere Rechtsstaatlichkeit gegen jede falsche Anschuldigung, dass auf Kuba Menschen für die Ausübung ihres Rechtes auf Meinungsfreiheit bestraft werden würden.

Artikel 23 der Menschenrechtscharta formuliert das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit und auf gerechte und befriedigende Entlohnung. Wie gestaltet sich die Umsetzung dieser Rechte im Spiegel der zwei Währungen, die es auf Kuba noch gibt?

Die Einführung der Doppelwährung Anfang der 90er Jahre war eine Notwendigkeit, um Devisen für die Umstrukturierung der Wirtschaft zu erhalten und die sozialen Verwerfungen so gering wie möglich zu halten. Diese Ziele wurden erreicht und jetzt müssen wir zusehen, dass wir uns aus dieser außergewöhnlichen Situation wieder befreien. Die politische Entscheidung, eine Währungsreform durchzuführen, nach der wir nur noch eine Währung für alle Kubaner haben werden, wurde jetzt getroffen. Die Voraussetzungen dafür sind eine weitere Stärkung unserer Wirtschaft und eine Gehalts- und Steuerreform. Man wird diese Veränderungen Schritt für Schritt durchführen, je nachdem wie die politischen Überzeugungen und die materiellen Bedingungen in unserem Land gereift sind. Denn keine der wichtigen Veränderungen darf dazu führen, dass das Lebensniveau der Menschen beeinträchtigt wird.

Welchen Beitrag leistet Kuba zur Durchsetzung der Menschenrechte?

Wir haben in 50 Jahren der Revolution gezeigt, dass eine andere Welt möglich ist. Wir sind stolz auf unsere Entwicklungen in den Bereichen Bildung, Gesundheitswesen, Sport und soziale Sicherheit. Gleichzeitig leisten wir unseren solidarischen Beitrag für die Länder der Dritten Welt, damit sie schwere Hemmnisse, wie Analphabetismus, chronische Krankheiten, Armut und Infrastrukturprobleme überwinden können. Als wir vor kurzem von den schwersten Hurrikans seit Jahrzehnten getroffen wurden, haben viele Länder, gerade aus der Dritten Welt, uns schnell und unkompliziert ihre Hilfe angeboten. Das ist ein deutliches Zeichen von Dankbarkeit und Anerkennung für das soziale und menschliche Werk der kubanischen Revolution.

Fragen: Patrick Widera

* Aus: Neues Deutschland, 6. Dezember 2008


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