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Stille Post in Zeiten der Blockade

Kuba und USA nehmen nun aber mehrere Gesprächsfäden wieder auf

Von Leo Burghardt, Havanna *

Kubaner und US-Amerikaner gehen wieder aufeinander zu, wenn auch zögernd.

Möglichkeiten einer Normalisierung des Postverkehrs erkundeten kürzlich Experten Kubas und der USA in Washington. Die Verbindungen waren im Jahre 1963 abgebrochen worden. Viele Jahre herrschte dann beinah vollständige Ruhe. Später wurde – und das bis zum heutigen Tag – die Zustellung über Drittländer abgewickelt.

Kühl und ohne jedwede Verlautbarung war man schon einmal 2009 auseinandergegangen. Die Vertreter Washingtons nahmen die Verurteilung des US-Bürgers Alan Gross zum Anlass, das Treffen platzen zu lassen. Gross war fünf Mal im Auftrag der dem State Department beigeordneten Agentur für internationale Entwicklung (USAID) nach Kuba gereist. Im Gepäck hatte er Teile technischen Gerätes, das zur Ausstattung von Geheimdiensten gehört und dessen Einfuhr nach Kuba verboten ist. Gross verklagte daraufhin – übrigens vergebens – die US-Regierung, weil sie ihn nicht ordnungsgemäß über die Gefährlichkeit seiner Fracht informiert hatte.

Seither wurde sein Fall immer dann von den US-Amerikanern präsentiert, wenn sie nicht am Gelingen eines Treffens mit den Kubanern interessiert waren. Seinerseits hat Kuba stets erfolglos seine Bereitschaft erklärt, Gross gegen vier als Agenten verurteilte und daheim als Helden im Antiterrorkampf gewürdigte Kubaner auszutauschen.

Die Gespräche über den Postverkehr blieben diesmal unbelastet von Gross. Die kubanische Delegation nannte das Treffen »nützlich« und »zufriedenstellend«. Ein »stabiler, solider und sicherer Postverkehr« sei jedoch unmöglich, solange die von der Blockade herrührenden Hindernisse nicht beseitigt sind. Man kam überein, die Gespräche fortzusetzen.

Bald danach informierte das State Department, dass die Sachverständigen der USA und Kubas am 17. Juli zu einer weiteren Runde der Emigrationsverhandlungen zusammenkommen werden. Die bisher letzte fand 2011 statt. Ihr Ausgangspunkt war 1994 die »Balsero-Krise«. Damals versuchten zigtausend Kubaner, mit oft abenteuerlich zusammengeflickten Wasserfahrzeugen die Küste Floridas zu erreichen.

Das garantierte ihnen, und zwar nur den Kubanern, einen Empfang mit offenen Armen, rasche Einbürgerung und Arbeit. Unter diesen Umständen reichte damals beiden Seiten der Entschluss, die Modalitäten für eine »sichere, legale und geordnete Einreise« zu schaffen und die Ergebnisse periodisch zu überprüfen. Die USA verpflichteten sich unter anderem, pro Jahr 20 000 Visa auszustellen. Kuba verbürgte sich, diejenigen, die – warum auch immer – zurückgeschickt wurden, nicht zu bestrafen.

Gibt es nun also wieder kleine Anzeichen für Entspannung? Josefina Vidal, im kubanischen Außenministerium für die USA zuständig, reiste kürzlich zweimal nach Washington und traf sich mit dortigen Diplomaten, ohne dass man erfuhr, worum es ging.

Außenminister John Kerry war als Senator ein offener Kritiker der offiziellen Kubapolitik. Präsident Barack Obama lockerte die generellen Reiseverbote für seine Bürger sowie die Beschränkung für Geldüberweisungen nach Kuba. Er kann nicht wiedergewählt werden und braucht keine übertriebene Rücksicht auf die Wähler in Florida zu nehmen.

Dort hat sich auch manches verändert. Noch 1993 waren 80 Prozent der von der internationalen Universität in Miami befragten Kubano-Amerikaner gegen die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Kuba, 2011 waren 53 Prozent dafür. Immer noch hält sich allerdings der harte Kern der fanatischen Kuba-Feinde, der auf die leiseste Änderung im Verhältnis zu Kuba mit wütenden Protesten reagiert. Aber eben dieses unaufhörliche Anti-Castro-Geschrei stößt Jüngere ab.

Allerdings musste die kubanische Regierung 2013 zwei Schmähungen über sich ergehen lassen: Kuba wurde erneut in die Liste der Staaten, die den Terrorismus fördern, aufgenommen. Es musste zudem dieser Tage »energisch die Verleumdung zurückweisen«, zu den Ländern zu gehören, in denen Kinder und Heranwachsende sexueller Ausbeutung und Zwangsarbeit unterworfen seien.

Typisch für die gegenwärtige Politik Washingtons gegenüber Kuba war der 31. Kongress der Internationalen Assoziation für lateinamerikanische Studien (LASA), der im Mai in Washington stattfand. Seit 1977 nimmt Kuba an den Tagungen der LASA teil, allein unter den Präsidenten Ronald Reagan und Georg W. Bush wurden die kubanischen Wissenschaftler zurückgewiesen. Diesmal erhielten 76 Visa, zehn nicht. »Die Gründe für die Ablehnung sind mysteriös, geradezu verblüffend«, kommentierte die »Washington Post«. »Auf jeden Fall ist das ein Zeichen von Schwäche. Wovor haben wir denn so große Angst?«

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 2. Juli 2013


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