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Aufgeben oder kämpfen

Dokumentiert: Kuba wird auch weiterhin die Ideen verteidigen, für die unser Volk die größten Opfer und Gefahren auf sich genommen hat

Von Raúl Castro Ruz *

junge Welt dokumentiert an dieser Stelle die Rede, die der Präsident des Staats- und Ministerrats der Republik Kuba, der Erste Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas, Raúl Castro Ruz, am vergangenen Samstag, dem 11. April, auf dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs der »Organisation Amerikanischer Staaten« (OAS) in Panama-Stadt gehalten hat. Die Übersetzung der Rede aus dem Spanischen stammt von der kubanischen Botschaft in der BRD. Ihr Abdruck erfolgt in gekürzter Fassung und ist redaktionell bearbeitet. Auslassungen sind durch eckige Klammern markiert. (jW)

Es wurde Zeit, dass ich hier im Namen von Kuba spreche. Erst wurde mir gesagt, ich könne eine achtminütige Rede halten. Ich habe mich zwar zusammen mit meinem Außenminister sehr bemüht, sie auf acht Minuten zu reduzieren, aber da man mir ja sechs Gipfel schuldet, von denen man uns ausgeschlossen hat, sechs mal acht macht 48 (Lachen und Beifall), habe ich Präsident Varela wenige Augenblicke vor Eintritt in diesen prächtigen Saal gebeten, mir ein paar Minuten mehr zu gewähren, vor allem nach so vielen interessanten Vorträgen, die wir hier gehört haben, und ich meine nicht nur den von Präsident Obama, sondern auch den des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa, den von Präsidentin Dilma Rousseff und andere.

Ohne weitere Umschweife will ich nun beginnen. Eure Exzellenz Juan Carlos Varela, Präsident der Republik Panama, Präsidentinnen und Präsidenten, Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, verehrte Gäste, an erster Stelle möchte ich Präsidentin Bachelet und dem chilenischen Volk angesichts der Naturkatastrophen, die sie erlitten haben, unsere Solidarität aussprechen.

Ich danke allen Ländern Lateinamerikas und der Karibik für die Solidarität, die es möglich gemacht hat, dass Kuba gleichberechtigt an diesem kontinentalen Forum teilnimmt, und dem Präsidenten der Republik Panama für die Einladung, die er uns so freundlich ausgesprochen hat. Ich überbringe eine brüderliche Umarmung für das panamaische Volk und alle hier vertretenen Nationen.

Die Gründung der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) am 2. und 3. Dezember 2011 in Caracas leitete eine neue Ära in der Geschichte Unseres Amerikas ein, das auf sein hart verdientes Recht pochte, in Frieden zu leben und sich gemäß der freien Entscheidung seiner Völker zu entwickeln. Es steckte sich für die Zukunft einen Weg der Entwicklung und der Integration ab, basierend auf Zusammenarbeit, Solidarität und dem gemeinsamen Willen, die Unabhängigkeit, Souveränität und Identität zu bewahren.

Im Bann des Imperiums

Das Ideal von Simón Bolívar, ein »großes Amerikanisches Vaterland« zu gründen, inspirierte zu wahren Unabhängigkeitsepen. Im Jahr 1800 hatte man überlegt, Kuba der Union des Nordens anzuschließen, als südliche Grenze des riesigen Imperiums. Im 19. Jahrhundert entstanden die Doktrin »Manifest Destiny« (»offensichtliche Bestimmung«), die auf die Beherrschung ganz Amerikas und der Welt abzielte, und die Vorstellung von Kuba als reifer Frucht, die an die amerikanische Union falle und die die Entstehung und Entwicklung eines eigenen und emanzipatorischen Denkens ausschloss.

Später raubte diese expansionistische und hegemoniale Macht durch Kriege, Eroberungen und Interventionen Unserem Amerika Gebiete und dehnte sich bis zum Rio Grande aus. Nach langen Kämpfen, die scheiterten, organisierte José Martí den »notwendigen Krieg« von 1895 und gründete die Kubanische Revolutionäre Partei mit dem Ziel, eine Republik »mit allen und für das Wohl aller« zu schaffen, eine Republik, die beabsichtigte, »die volle Würde des Menschen« zu erringen.

Mit Bestimmtheit und Voraussicht erkannte Martí die Konturen dieser Zeit und gab sich der Pflicht hin, »mit der Unabhängigkeit Kubas rechtzeitig zu verhindern, dass sich die Vereinigten Staaten über die Antillen ausbreiten und mit dieser zusätzlichen Kraft über unsere Länder Amerikas herfallen«, wie er wörtlich schrieb. Unser Amerika war für ihn das des Kreolen, des Indios, des Schwarzen und Mulatten, das gemischte und arbeitende Amerika, das gemeinsame Sache mit den Unterdrückten und Ausgeplünderten machen müsse. Über die geographischen Grenzen hinaus ist dies nun ein Ideal, das beginnt, Wirklichkeit zu werden.

Vor 117 Jahren, am 11. April 1898, beantragte der damalige Präsident der Vereinigten Staaten beim Kongress die Genehmigung, militärisch in den Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien einzugreifen, den Kuba damals schon etwa 30 Jahre lang geführt hatte und der um den Preis eines hohen Blutzolls der Kubaner bereits gewonnen war, und der US-Kongress gab seine irreführende Gemeinsame Resolution heraus, die die Unabhängigkeit der Insel »in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht« anerkannte. Sie trafen als Verbündete ein und beschlagnahmten das Land als Besatzer. Kuba wurde ein Verfassungsanhang. Mit dem Platt-Amendment – benannt nach Senator Orville H. Platt, der es dem Senat vorlegte – wurde Kuba seiner Souveränität beraubt. Es ermächtigte den großen Nachbarn zum Eingriff in innere Angelegenheiten und führte zur Errichtung des Marinestützpunktes von Guantanamo, mit dem uns noch immer ein Teil unseres Territoriums vorenthalten wird.

In dieser Zeit beschleunigte sich das nördliche Kapital seine Invasion. Als die Kubaner zu Beginn des 20. Jahrhunderts dem US-amerikanischen Statthalter ihren Verfassungsentwurf vorlegten, antwortete dieser, es fehle darin etwas. Auf Nachfrage der Kubaner, die die Verfassung ausgearbeitet hatten, antwortete er: Es fehlt die Änderung, die von Senator Platt präsentiert wurde und das Recht erteilt, in Kuba zu intervenieren, wann immer die Vereinigten Staaten es für notwendig erachten. Sie machten von diesem Recht Gebrauch. Natürlich lehnten die Kubaner es ab, und die Antwort war: Okay, wir bleiben hier. Das änderte sich bis 1934 nicht. Es gab zwei militärische Interventionen und die Unterstützung von grausamen Diktaturen in dem genannten Zeitraum. […]

Kampf an der Schweinebucht

Am 1. Januar 1959, genau 60 Jahre nach dem Einmarsch der US-Soldaten in Havanna, siegte die kubanische Revolution, und die von Fidel Castro Ruz geführte Rebellenarmee traf in der Hauptstadt ein. Das ist die unverständliche Ironie der Geschichte. Das kubanische Volk begann seine Souveränität voll auszuüben und zahlte einen hohen Preis dafür.

Vorangegangen waren sechs Jahrzehnte absoluter Herrschaft. Am 6. April 1960 – nur ein Jahr nach dem Sieg – schrieb Staatssekretär Lester Mallory ein perverses Memorandum – ich wüsste nicht, es anders zu bezeichnen. […] Ich zitiere ein paar Absätze: »Die Mehrheit der Kubaner unterstützt Castro (...) Es gibt keine wirksame politische Opposition. Das einzige absehbare Mittel, um ihm interne Unterstützung zu nehmen, ist mittels Enttäuschung und Unzufriedenheit aufgrund wirtschaftlicher Mängel und Elend (...) das Wirtschaftsleben zu schwächen (...) und Kuba Geld und Versorgung zu rauben, um die Nominal- und Reallöhne zu reduzieren und Hunger, Verzweiflung und den Sturz der Regierung hervorzurufen«.

77 Prozent der heutigen kubanischen Bevölkerung sind unter den Strapazen geboren worden, die die Blockade auferlegt. Aber unsere patriotischen Überzeugungen setzten sich durch, die Aggression erhöhte den Widerstand und beschleunigte den revolutionären Prozess. […]

Die Aggressivität wuchs an. Im Jahr 1961 fand der Angriff auf die Schweinebucht statt, eine Söldnerinvasion, die von den Vereinigten Staaten organisiert und finanziert wurde. Sechs Jahre Krieg gegen bewaffnete Gruppen, der zweimal das ganze Land erfasste. Wir hatten kein Radar, und Flugzeuge – es ist nicht bekannt, woher sie kamen –, warfen mit Fallschirmen Waffen ab. Tausende von Menschenleben haben uns diese Aktionen gekostet; die wirtschaftlichen Kosten haben wir nicht genau bestimmen können. Erst im Januar 1965 war der Kampf beendet.

Bei der Beerdigung der Opfer der Bombardierung der Flughäfen am Vortag der Invasion 1961 riefen wir den Sozialismus aus. Am nächsten Tag traten unsere damals kleine Armee und unser ganzes Volk an, um diese Aggression zu bekämpfen. Sie erfüllten den Auftrag des Revolutionsführers Fidel Castro, sie innerhalb von 72 Stunden zurückzuschlagen.

Denn wenn sie sich am Ort der Landung festgesetzt hätten, vom größten Sumpfgebiet der karibischen Inseln umgeben, hätten sie eine vorher gebildete Regierung mit Premierminister und ernannten Ministern, die sich auf dem US-Militärstützpunkt in Florida befand, dorthin befördert. Wenn sie ihre Position gefestigt hätten, wäre es ein Leichtes gewesen, diese Regierung nach Playa Girón zu befördern. Und sofort hätte die OAS, die uns bereits bestraft hatte, weil wir »dem Kontinent fremde Ideen« verkündeten, sie anerkannt. Diese in Kuba gebildete Regierung, verschanzt auf einem Stückchen Land, hätte die OAS um Hilfe gebeten, und diese Hilfe stand auf US-amerikanischen Kriegsschiffen bereit, drei Meilen vor der Küste, der damaligen Grenze der Hoheitsgewässer, die jetzt, wie Sie wissen, zwölf Meilen beträgt.

Und die Revolution erstarkte weiter, wurde radikaler. Sonst hätte man aufgeben müssen. Was wäre passiert? Was wäre in Kuba geschehen? Wie viele Hunderttausende Kubaner wären gestorben? Wir hatten schon Hunderttausende von Kleinwaffen; wir hatten die ersten Panzer erhalten, die wir noch nicht einmal richtig bedienen konnten. Mit der Artillerie konnten wir Salven abgeben, aber wir wussten nicht, wo sie einschlagen würden. Was die Milizangehörigen am Morgen lernten, mussten sie am Nachmittag anderen beibringen. Aber es gab sehr viel Mut. In dem Sumpfgebiet war nur ein Weg begehbar, die Truppen konnten sich dort nicht ausbreiten, Panzer und schwere Fahrzeuge konnten nicht eingesetzt werden. Wir hatten höhere Verluste als die Angreifer. […] Dieselbe US-amerikanische Flotte hatte die Expedition von Mittelamerika aus begleitet, und sie war von der Küste aus zu sehen, einige ihrer Schiffe nur drei Meilen entfernt. […]

Das war der Anfang. Als wir schon den Sozialismus verkündet hatten und das Volk in der Schweinebucht gekämpft hatte, um ihn zu verteidigen, wurde Präsident Kennedy ermordet, genau an dem Tag, an dem der Führer der kubanischen Revolution Fidel Castro eine Nachricht von ihm erhielt, in der er seine Absicht mitteilte, den Dialog einzuleiten.

Auf der Terrorliste

Nach der Allianz für den Fortschritt und nach einer mehrfachen Begleichung der Auslandsschulden, die nicht verhinderte, dass diese sich weiter vervielfachten, wurde uns als Ausdruck des Imperialismus jener Zeit ein wilder und globalisierter Neoliberalismus aufgezwungen, der ein verlorenes Jahrzehnt in der Region hinterließ.

Der Vorschlag zur Gründung eines hemisphärischen Bündnisses gipfelte im Versuch, uns die Freihandelszone der Amerikas (ALCA) aufzuzwingen, die mit der Entstehung dieser Gipfeltreffen in Zusammenhang steht. Dieses Vorhaben hätte Wirtschaft, Souveränität und das gemeinsame Schicksal unserer Nationen zerstört, hätte es nicht im Jahr 2005 in Mar del Plata unter der Führung der Präsidenten Chávez, Kirchner und Lula Schiffbruch erlitten.

Ein Jahr zuvor hatten Chávez und Fidel die Bolivarische Alternative, heute Bolivarische Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA), ins Leben gerufen. Exzellenzen, wir haben Präsident Barack Obama gegenüber die Bereitschaft ausgedrückt – und ich bekräftige sie noch einmal – zu einem respektvollen Dialog und zu einem zivilisierten Zusammenleben beider Staaten, allen tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten zum Trotz.

Als einen positiven Schritt bewerte ich dessen jüngste Erklärung, dass er schnell über die weitere Nennung Kubas auf der Liste der Länder, die den Terrorismus fördern, entscheiden werde. Auf dieser Liste hätte Kuba niemals stehen dürfen. Wir – ein terroristisches Land! Ja, wir haben einige Aktionen der Solidarität mit anderen Völkern durchgeführt, die man als terroristisch betrachten könnte, als wir in die Enge getrieben, bedrängt und unendlich belästigt wurden.

Es gab nur die eine Alternative: aufgeben oder kämpfen. Sie wissen, wofür wir uns mit der Unterstützung unseres Volkes entschieden haben. Wer hätte gedacht, dass wir ein ganzes Volk dazu bewegen würden, ein solches Opfer zu bringen, wie es das kubanische Volk getan hat, um zu überleben und um anderen Nationen zu helfen?! (Beifall).

Aber nein: »Die Diktatur der Castros hat das Volk gezwungen«, so wie sie es gezwungen hat, sich mit 97,5 Prozent Zustimmung für den Sozialismus auszusprechen. Ich wiederhole, dass ich die jüngste Erklärung von Präsident Obama, umgehend über Kubas Nennung auf der Liste der den Terrorismus fördernden Länder zu entscheiden, als einen positiven Schritt bewerte.

Wie ich sagte, wir hätten niemals auf ihr auftauchen dürfen. Wir, die wir auf unserer Seite durch den Terrorismus innerhalb Kubas und durch Attentate auf kubanische Diplomaten in anderen Teilen der Welt 3.478 Tote und 2.099 lebenslang Behinderte und viele weitere Verletzte zu beklagen haben. Die Terroristen sollen also diejenigen sein, die die Toten zu beklagen haben? Woher kam dann der Terror? Wer hat ihn verursacht? Einige von denen, die in diesen Tagen in Panama waren, wie der CIA-Agent Rodríguez, der den Che ermordete und seine abgeschnittenen Hände an irgendeinen Ort mitnahm, um anhand der Fingerabdrücke zu beweisen, dass es sich um die Leiche von Che handelte, welche wir später dank der Vermittlung einer befreundeten Regierung in Bolivien wiedererlangten.

Aber gut, seitdem sind wir Terroristen. Ich möchte mich bei Präsident Obama und den anderen hier Anwesenden für meine Ausdrucksweise entschuldigen. Ich habe ihm persönlich bereits gesagt, dass mir die Leidenschaft aus den Poren sprüht, wenn es um die Revolution geht.

Ich entschuldige mich dafür, weil Präsident Obama für nichts von alledem verantwortlich ist. Wie viele Präsidenten hatten wir? Zehn vor ihm, alle stehen in der Schuld, außer Präsident Obama. Nachdem ich so viele harte Dinge über ein System gesagt habe, ist es nur fair, mich zu entschuldigen, denn ich gehöre zu denen, die glauben – und so habe ich es gegenüber einigen Staats- und Regierungschefs, die hier anwesend sind, in privaten Begegnungen mit ihnen in meinem Land geäußert, als ich sie empfing –, die also glauben, dass Präsident Obama ein ehrlicher Mann ist. Ich habe einiges in seiner Biographie gelesen, in den beiden Büchern, die erschienen sind, nicht vollständig, das werde ich mit mehr Ruhe tun. Ich bewundere seine einfache Herkunft, und glaube, dass seine Wesensart auf seine einfache Herkunft zurückzuführen ist (anhaltender Beifall). Über diese Worte habe ich viel nachgedacht, ehe ich sie äußerte, ich hatte sie aufgeschrieben und wieder gelöscht; ich habe sie wieder eingefügt und erneut gelöscht, und schlussendlich habe ich sie gesagt und bin damit zufrieden.

Zerstörerische Blockadepolitik

Bis heute wird die Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade in ihrer vollen Intensität gegen die Insel ausgeübt, und sie verursacht in unserer Bevölkerung Schaden und Entbehrungen und ist das Haupthindernis für unsere wirtschaftliche Entwicklung.

Sie stellt eine Verletzung des Völkerrechts dar und ihre exterritoriale Ausdehnung schadet den Interessen aller Staaten. Die seit vielen Jahren fast einmütige Abstimmung in der UNO, mit Ausnahme von Israel und den Vereinigten Staaten selbst, ist kein Zufallsprodukt.

Und solange die Blockade existiert, für die der Präsident nicht verantwortlich ist, und die durch spätere Vereinbarungen im Kongress zum Gesetz kodifiziert wurde, welches der Präsident nicht ändern kann, müssen wir weiter kämpfen und Präsident Obama in seinen Absichten unterstützen, die Blockade zu beenden (Beifall). Eine Sache ist die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen, und eine andere Sache ist die Blockade.

Deshalb bitte ich Sie alle, und das Leben zwingt uns auch dazu, weiterhin diesen Kampf gegen die Blockade zu unterstützen. Exzellenzen, wir haben gegenüber Präsident Obama, der seinerseits zu Zeiten der Politik der Blockade gegen Kuba geboren wurde, öffentlich unsere Wertschätzung für seine mutige Entscheidung geäußert, in die Debatte mit dem US-Kongress zu treten, in der Absicht, selbige zu beenden. Dieser und andere Aspekte müssen in dem Prozess einer künftigen Normalisierung der bilateralen Beziehungen angegangen werden.

Unsererseits werden wir uns weiterhin dem Aktualisierungsprozess des kubanischen Wirtschaftsmodells widmen, mit dem Ziel, unseren Sozialismus zu perfektionieren, die Entwicklung voranzutreiben und die Errungenschaften einer Revolution zu konsolidieren, die sich vorgenommen hat, für unser Volk »die volle Gerechtigkeit zu erringen«. Was wir tun werden, ist seit 2011 in einem vom Parteitag angenommenen Programm enthalten. Auf dem nächsten Parteitag, im nächsten Jahr, werden wir es erweitern, werden wir überprüfen, was wir getan haben und wie viel wir noch tun müssen, um die Aufgabe zu erfüllen.

Verehrte Kollegen, ich muss Sie darauf hinweisen, dass ich bei der Hälfte angekommen bin, wenn Sie wollen, höre ich auf, wenn Sie Interesse haben, mache ich weiter. Ich werde es ein wenig schneller machen. (Lachen) Venezuela ist keine Bedrohung der nationalen Sicherheit einer Supermacht wie den Vereinigten Staaten und kann es nicht sein. Es ist positiv zu bewerten, dass der US-Präsident dies anerkannt hat.

Ich muss auf entschlossene Weise unsere loyale Unterstützung für die Bolivarische Bruderrepublik bekräftigen, für die legitime Regierung und das bürgerlich-militärische Bündnis, das Präsident Nicolás Maduro anführt, für das Bolivarische und Chavistische Volk, das darum kämpft, seinen eigenen Weg zu gehen, und das nun Destabilisierungsversuchen und einseitigen ungerechten Sanktionen ausgesetzt ist, deren Aufhebung wir fordern. Das Regierungsdekret muss aufgehoben werden – auch wenn es aus rechtlicher Sicht schwer ist; es würde von unserer Gemeinschaft als Beitrag zum Dialog und zum hemisphärischen Verständnis geschätzt werden. […]

Notwendige Kooperation

Die Bedrohungen des Friedens wachsen und die Konflikte weiten sich aus. Wie es der Präsident Fidel Castro einmal ausdrückte, »liegen die Hauptursachen in der Armut und der Unterentwicklung, und in der ungleichen Verteilung der Reichtümer und der Kenntnisse, die die Welt beherrschen.

Es darf nicht vergessen werden, dass die gegenwärtige Unterentwicklung und die Armut die Folge der Eroberung, der Kolonisierung, der Versklavung und der Plünderung des größten Teils der Ländereien durch die Kolonialmächte, der Entstehung des Imperialismus und der blutigen Kriege um Neuaufteilungen der Welt sind. Die Menschheit muss sich dessen bewusst werden, was wir gewesen sind und was wir nicht weiterhin sein können.« »Heute«, sagte Fidel, »verfügt unsere Gattung über genügend Kenntnisse, ethische Werte und wissenschaftliche Mittel, um auf eine historische Phase wahrer Gerechtigkeit, eine Phase des Humanismus zuzugehen. Nichts von dem, was heute in der wirtschaftlichen oder politischen Ordnung Bestand hat, dient den Interessen der Menschheit. So kann es nicht bleiben. Sie muss verändert werden.«

Kuba wird weiterhin die Ideen verteidigen, für die unser Volk die größten Opfer und Risiken auf sich genommen und gekämpft hat, an der Seite der Armen, der Kranken ohne medizinische Behandlung, der Arbeitslosen, der Jungen und Mädchen, die ihrem Schicksal überlassen oder gezwungen worden sind, zu arbeiten oder sich zu prostituieren, der Hungernden, der Diskriminierten, der Unterdrückten und der Ausgebeuteten, die die übergroße Mehrheit der Weltbevölkerung ausmachen. […]

Herr Präsident, die Verhältnisse innerhalb der Hemisphäre müssten sich meiner Meinung nach tiefgründig verändern, insbesondere im politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereich, damit sie sich auf der Grundlage des Völkerrechts und der Ausübung der Selbstbestimmung und souveränen Gleichheit auf die Entwicklung gegenseitig vorteilhafter und kooperativer Beziehungen konzentrieren, um den Interessen aller unserer Länder und den vorgestellten Zielen zu dienen. […]

Es gibt wesentliche Diskrepanzen, ja, aber auch übereinstimmende Punkte, bei denen wir zusammenarbeiten können, damit es möglich wird, in dieser Welt voller Bedrohungen gegen den Frieden und das Überleben der Menschheit weiter zu bestehen. Was hindert uns daran, in der Region zusammenzuarbeiten, um dem Klimawandel zu begegnen? Warum können wir Länder der beiden Amerikas, das des Nordens und das des Südens, nicht gemeinsam gegen den Terrorismus, den Rauschgifthandel oder das organisierte Verbrechen kämpfen, ohne politisch verzerrte Positionen? Warum nicht gemeinsam die notwendigen Ressourcen auftreiben, um die Region mit Schulen und Krankenhäusern zu versorgen – auch wenn sie nicht luxuriös sind, ein bescheidenes Krankenhaus, in jenen Gegenden, wo die Leute sterben, weil es keinen Arzt gibt –, warum nicht Beschäftigung schaffen und in der Beseitigung der Armut vorankommen? Könnten nicht die Ungleichheit in der Verteilung des Reichtums verringert, die Säuglingssterblichkeit eingedämmt, der Hunger beseitigt, die verhütbaren Krankheiten ausgemerzt und der Analphabetismus ausgemerzt werden? Im vergangenen Jahr stellten wir die Zusammenarbeit der Hemisphäre beim Kampf und der Vorbeugung gegen Ebola her, und die Länder der beiden Amerikas arbeiteten Hand in Hand, was uns als Antrieb für größere Anstrengungen dienen sollte.

Kuba, ein kleines Land, das keine natürlichen Rohstoffe besitzt, das sich in einer ausgesprochen feindlichen Umgebung entwickelt hat, konnte die volle Teilnahme aller seiner Bürger am politischen und gesellschaftlichen Leben des Landes erreichen; ein umfassendes und kostenloses Bildungs- und Gesundheitswesen; ein System der sozialen Sicherheit, das garantiert, dass kein Kubaner schutzlos dasteht; wesentliche Fortschritte hinsichtlich der Chancengleichheit und im Kampf gegen jede Art von Diskriminierung; die volle Ausübung der Rechte der Kinder und der Frauen; den Zugang zu Sport und Kultur; das Recht auf das Leben und die Sicherheit der Bürger.

Trotz der Mängel und Schwierigkeiten verfolgen wir weiterhin die Devise, dass wir das, was wir besitzen, teilen. Gegenwärtig arbeiten 65.000 kubanische Entwicklungshelfer in 89 Ländern, vor allem in den Bereichen der Medizin und der Bildung. Auf unserer Insel haben 68.000 Studierte und Fachkräfte aus 157 Ländern ihren Abschluss gemacht, darunter 30.000 im Bereich des Gesundheitswesens.

Kuba hat das alles mit den geringsten Mitteln geschafft. Was könnte erst die Region nicht alles mit dem politischen Willen erreichen, Kräfte zu bündeln, um den bedürftigsten Ländern beizustehen? Dank Fidel und dem heldenhaften kubanischen Volk sind wir zu diesem Gipfeltreffen gekommen, um mit der errungenen Freiheit ein Mandat Martís zu erfüllen, »stolz zu sein auf unser Amerika, ihm zu dienen und es zu ehren (...) mit der Entschlossenheit und der Fähigkeit, dazu beizutragen, dass es aufgrund seiner Errungenschaften geschätzt und ihm aufgrund seiner Opfer Respekt gezollt werde«. Herr Präsident, entschuldigen Sie, und Sie alle, die in Anspruch genommene Zeit.

Vielen Dank an alle (Beifall).

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 16. April 2015


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