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Erstmals Frauen im Parlament

Wahlen in Kuwait: Weibliche Abgeordnete wollen für frischen Wind sorgen

Von Karin Leukefeld *

Erstmals haben Frauen im Golfstaat Kuwait den Sprung ins Parlament geschafft. 16 Frauen hatten sich am Samstag zur Wahl gestellt, insgesamt waren 210 Kandidaten für die 50 Parlamentssitze angetreten. In drei von fünf Wahlbezirken wurden insgesamt fünf Frauen gewählt und ziehen ins Parlament ein. Alle fünf Frauen sind in den USA ausgebildete Akademikerinnen, Anwältinnen und Geschäftsfrauen, die in dem als liberal geltenden Golfstaat bereits eine aktive gesellschaftliche Rolle gespielt haben. Die Politikprofessorin Maasuma Al-Mubarak war 2005 erste Ministerin geworden, die Wirtschaftswissenschaftlerin Rula Dashti ist Vorsitzende einer kuwaitischen Wirtschaftsgesellschaft und engagiert sich seit Jahren für die Frauenrechte. Nun wollen beide zusammen mit den drei anderen Frauen im Parlament von Kuwait für frischen Wind sorgen. Das Land brauche einen »Wechsel«, erklärte Rula Dashti gegenüber Journalisten vor der Wahl, die Frauen seien »eine Hoffnung« für das Land. Erst 2005 hatten die kuwaitischen Frauen nach 40 Jahren das Wahlrecht erstritten. Bei zwei vorherigen Wahlen waren sie erfolglos geblieben, obwohl 54 Prozent der 385 000 Wahlberechtigten Frauen sind.

Im März hatte der Emir von Kuwait, Scheich Sabah Al-Ahmed Al-Sabah das Parlament aufgelöst und Neuwahlen ausgeschrieben, nachdem es zwischen Regierung und Abgeordneten zu unüberbrückbare Differenzen über ein Konjunkturpaket für die angeschlagene kuwaitische Wirtschaft gekommen war. Kuwait gehört mit geschätzten zehn Prozent der weltweiten Ölreserven zu einem der reichsten Länder der Erde, hat aber durch die Wirtschaftskrise und den drastisch gefallenen Ölpreis mit einem geschrumpften Etat zu kämpfen. Das politische System in Kuwait gilt als fortschrittlich in der arabischen Welt. Der Emir ist zwar Alleinherrscher und ernennt die Regierung, deren Gesetzgebung aber muß vom Parlament bewilligt werden. Minister werden vom Parlament kontrolliert und regelmäßig zu Befragungen vorgeladen. Die Abgeordneten können Ministern das Mißtrauen aussprechen und sie entlassen, was den Emir wiederum zwingt, entweder eine neue Regierung einzusetzen oder Neuwahlen anzuordnen. Politische Parteien sind in Kuwait verboten, die meisten Abgeordneten repräsentieren entweder sunnitische oder schiitische religiöse Gruppen (Listen) oder Stammesinteressen.

Die Chancen der Kandidatinnen waren in den vergangenen Monaten erheblich gestiegen, erklärte die Leiterin des Instituts für Frauenentwicklung in Kuwait City, Kawthar Al-Juaan, gegenüber Middle East Online. Einerseits hätten sie bei den vergangenen Wahlen Erfahrungen gesammelt, andererseits seien die Wähler in Kuwait die ewigen Querelen innerhalb der von Männern kontrollierten politischen Gruppen müde geworden. Die Krise habe offenbar auch viele Frauen, die immerhin 44 Prozent der arbeitenden Bevölkerung ausmachen, davon überzeugt, dieses Mal zur Wahl zu gehen und für Frauen zu stimmen.

Die einstige osmanische Provinz Kuwait (Basra) wird seit 1759 vom Stamm der Al-Sabahs regiert. Ende des 19. Jahrhunderts wurde Kuwait britisches Protektorat. 1937 entdeckte die anglo-amerikanische Ölgesellschaft von Kuwait reiche Ölvorkommen, die sei Anfang der 1950er Jahre ausgebeutet werden. 1961 wurde Kuwait unabhängig, 1963 fanden die ersten Wahlen statt.

* Aus: junge Welt, 18. Mai 2009


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