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Baufieber in Vientiane

Das Gipfeltreffen Asien-Europa wirft in der laotischen Hauptstadt bereits lange Schatten

Von Alfred Michaelis, Vientiane *

Laos steht im Spätherbst außergewöhnlicher Besuch bevor. Die Hauptstadt Vientiane will sich den hochrangigen Teilnehmern des 9. Asien-Europa-Meetings (ASEM) in bestem Licht präsentieren.

Im Schritttempo rumpeln schwere Lastwagen am Mekong entlang. Sie karren Baukies aus dem Flussbett auf die nahe gelegene Baustelle. Dort, hinter dem hellgrauen Bauzaun, herrscht emsiges Treiben. Vorherrschende Sprache auf dem Bau ist Chinesisch, denn hier investiert ein Ableger der China CAMC Engineering Company (CAMCE). In bester Lage am Mekong baut die chinesische Firma gemeinsam mit ihrem laotischen Partner CK Group fünfzig Villen nebst zwei Konferenzgebäuden für das Asien-Europa-Meeting (ASEM) Anfang November. Dem illustren Forum, das alle zwei Jahre zum Gipfel der Staats- und Regierungschefs lädt, gehören neben 27 europäischen und 16 asiatischen Staaten auch Neuseeland und Australien sowie Vertreter der Europäischen Kommission und des ASEAN-Sekretariats an. Auf ihrem Brüsseler Treffen 2010 hatten sie Laos als Gastgeber für den 9. Gipfel benannt.

Seither laufen in Laos die Vorbereitungen. Da die stark von internationaler Hilfe abhängige laotische Staatskasse das nicht hergibt, warb die Volksrepublik um Hilfe. China stand sofort bereit, wenn auch nicht ganz uneigennützig. Quasi als Preis für das Villenviertel, das die Staats- und Regierungschefs beherbergen soll, gingen 25 Hektar der Mekonginsel Don Chanh für die nächsten 90 Jahre an die chinesische Firma CAMCE Investment, die dort knapp 140 Millionen Euro in die Entwicklung eines völlig neuen Stadtviertels stecken will. 163 meist arme Haushalte mussten dem Projekt weichen.

Noch ein paar Nummern größer fällt das Vorhaben von Wan Feng Shanghai aus. Die ebenfalls chinesische Firma will mehr als eine Milliarde Euro in ein 365 Hektar großes Areal im Osten der laotischen Hauptstadt investieren. Auch hier soll die erste Bauphase vor dem ASEM-Gipfel fertig sein.

Im Stadtviertel Wattay arbeiten chinesische und japanische Projekte gar um die Wette beim Ausbau des Flughafens, auf dem bisher allenfalls eine Handvoll Großraumjets parken kann. Japan unterstützt mit 12,5 Millionen Euro unentgeltlicher Hilfe den Ausbau des Abstellplatzes, der künftig 40 Großraumflugzeugen Platz bieten soll. China gewährt 29 Millionen Euro an niedrig verzinsten Krediten für den Bau eines neuen Abfertigungsgebäudes. Bauausführung: CAMCE.

Auch Chinas größter Baukonzern, die China State Construction Engineering Co., ist mit von der Partie. In unmittelbarer Nachbarschaft des Sitzes der laotischen Revolutionären Volkspartei und gleich neben dem Museum für den langjährigen Parteiführer Kaysone Phomvihane entsteht ein Kongresszentrum von beachtlichen Ausmaßen. Bauherr ist, so steht es in großen Lettern am blauen Bauzaun, ChinaAid.

Selbst um den Präsidentenpalast im Zentrum Vientianes macht die Bauwut keinen Bogen. Angesichts der erwarteten Zahl hochrangiger Gäste wird das bisher fast bescheidene Gebäude großzügig erweitert und auf Lao-Stil getrimmt.

Derartiges Baufieber steckt auch einheimische Investoren an, die in den verbleibenden Monaten ein achtgeschossiges Fünfsternehotel mit 196 Zimmern aus dem Boden stampfen wollen. Auch dies auf einem Filetstück am Mekong mit einer Pachtzeit, die weit über das Datum des ASEM-Gipfels hinausreicht. 23 Millionen Euro will die Krittapong Group in den Bau stecken und dafür das Gelände für maximal 90 Jahre nutzen.

Die Gipfelvorbereitung bietet darüber hinaus Anlass für einige Läuterungen: Es geht wieder einmal gegen die »sozialen Übel«. Die Zahl der Einbrecher, Diebe und Bettler in der Stadt soll mit Blick auf die hochrangigen Gäste verringert werden, die »schönen kulturellen Traditionen des laotischen Volkes« dagegen sollen Förderung erfahren. Deshalb wurden einige offenbar suspekte Vergnügungslokale schon jetzt geschlossen.

Kürzlich wurde die offizielle Webseite (www.asem9.la) vorgestellt, die stets aktuell über den Stand der Vorbereitungen informieren soll. Noch allerdings unterscheidet sich der Webauftritt kaum vom Stadtbild, prangt doch auf etlichen Seiten die Aufschrift »Baustelle«.

* Aus: neues deutschland, 27. Februar 2012


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