Im Goldenen Dreieck blüht der Mohn
Laos droht den Kampf gegen die Drogen zu verlieren
Von Michael Senberg, Vientiane *
In blauer Häftlingskleidung mit reflektierenden weißen Streifen auf der Brust saßen drei Männer auf der Anklagebank. Zwei sind 33 Jahre, einer 44 Jahre alt. Das Gericht hat sie zum Tode verurteilt. Sie waren auf schnelles Geld aus, von etwa 50000 Euro ist die Rede, für einen kleinen Transportdienst von der laotischen Nordprovinz Bokeo in die Landeshauptstadt Vientiane. Bokeo grenzt an Thailand und Myanmar. Die Gegend ist unter einem anderen Namen weit besser bekannt: als Goldenes Dreieck.
Bei Straßenkontrollen fand die Polizei bei den drei Männern insgesamt 2,1 Millionen Amphetamintabletten und 40 Beutel Heroin. Laut Strafgesetzbuch steht auf Handel oder Besitz von mehr als 500 Gramm Heroin oder drei Kilogramm Amphetaminen die Todesstrafe. Nun sagen die Zeitungsberichte nichts darüber, wie schwer Tabletten und Beutel waren, doch geht es Gerichten und Behörden um mehr als das Nachwiegen von Rauschmitteln. Das Land droht den Kampf gegen die Drogen zu verlieren. 2006 hatte die laotische Regierung die Volksrepublik mit großer Publicity für opiumfrei erklärt. Damit, so schien es, sollte Laos den Ruf als Land der blühenden Mohnfelder losgeworden sein. Doch nun, sechs Jahre später, erlebt die Opiumproduktion eine Renaissance. Auf knapp 7000 Hektar, so schätzen Experten des UN-Antidrogenbüros UNODC, wächst wieder Schlafmohn. Spitzenreiter sind die schwer zugänglichen Provinzen Phongsaly im äußersten Norden und Houaphanh im Nordosten des Landes. Für die Rückkehr zum Opium sehen die Experten viele Gründe, der wichtigste aber ist: In nur einem Jahr, von 2011 zu 2012, ist der lokale Preis um 80 Prozent auf knapp 1400 Euro gestiegen. Im Jahr 2000 war das Kilogramm für 61 Euro gehandelt worden. Damals wuchs Papaver somniferum auf mehr als 20000 Hektar. Es gelten auch hier die Gesetze der Marktwirtschaft.
Der Mohn braucht gut drei Monate bis zur Ernte, Zeit genug, die Felder aufzustöbern und zu vernichten. Moderne Designerdrogen dagegen lassen sich geradezu im Handumdrehen zusammenbrauen. Sie sind es auch, die in Laos nun schon zum Dauerproblem werden. Sprechen die lokalen Behörden von 60000 Drogenkonsumenten im Land mit einer Bevölkerung von sechseinhalb Millionen, so meinen sie damit zu 80 Prozent die Konsumenten von Amphetaminen. Das sind vor allem Jugendliche. Seit 2005 bemüht sich das laotische Bildungsministerium, unterstützt von einer schwedischen Organisation, Drogen aus den Schulen der Hauptstadt Vientiane zu verbannen. Derzeit sind 40 der 143 als drogenfrei zertifiziert. Das Ziel, bis 2015 alle Schulen frei von Drogen zu halten, dürfte illusorisch sein. Regelmäßige Urintests bei Schülern weisen eher einen gegensätzlichen Trend auf: Die Zahl der Befunde steigt.
Das spüren auch die Verantwortlichen im Entzugszentrum Somsagna. Derzeit befinden sich 1500 Süchtige in der Einrichtung, die eigentlich nur Platz für 800 hat, nicht wenige von ihnen zum wiederholten Mal. Bei einem Besuch im Zentrum anläßlich des Internationalen Kindertages gab der laotische Vizepremier einen Hinweis auf einen der Gründe, warum hier so viele Kinder und Jugendliche zu finden sind: Er mahnte mehr berufliche Ausbildungskurse für die Insassen an. Bleibt zu hoffen, daß sie dann auch einen Job finden.
* Aus: junge Welt, Mittwoch, 3. Juli 2013
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