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Keine Rente für Mutter Phet

25 Jahre Sozialversicherung in Laos, doch hatte bisher kaum ein Drittel der Menschen Zugang

Von Alfred Michaelis, Vientiane *

Das südostasiatische Laos zählt in der Welt zu den armen Staaten. Seit Oktober können sich seine Bürger freiwillig versichern. Dafür aber fehlen ihnen häufig die Mittel.

Mutter Phet ist Mitte 50, doch wirkt sie älter. Ein Resultat jahrelanger Plackerei auf dem Reisfeld. In ihrem Heimatdorf bei Phonehong, eine Autostunde von der laotischen Hauptstadt Vientiane entfernt, ist auch heute nicht viel anderes zu tun. Mutter Phet ist Witwe, der Sohn ist geistig nicht ganz auf der Höhe. Er hilft auf den Reisfeldern, verdient zuweilen ein paar Kip als Hilfskraft auf Baustellen. Zu wenig, ihn selbst ordentlich zu ernähren. Die Alten werden traditionell von der jüngsten Tochter unterstützt, die auch das elterliche Haus erbt. Mutter Phet hat keine Tochter. In ihrem kleinen Häuschen verkauft sie Süßigkeiten und Getränke an Schulkinder Kinder, die hier vorbeikommen. So kann sie die Stromrechnung bezahlen.

Die Sozialversicherung in Laos ist nun 25 Jahre alt. War sie anfangs nur dazu da, die Angestellten des staatlichen Sektors zu sichern, kamen später die Beschäftigten in registrierten Unternehmen hinzu. Mit unterschiedlichen Beiträgen und Leistungen für die zwei Bereiche. Im letzten Jahr wurden beide Systeme per Gesetz zusammengelegt.

Nicht zuletzt dank der Regelung zur Mitversicherung von Ehegatten und Kindern sind nach offiziellen Angaben heute 28 Prozent der Bevölkerung von der Sozialversicherung erfasst. Andere offizielle Daten besagen, dass 88 Prozent der Beschäftigten selbstständig oder mitarbeitende Familienangehörige sind. Zwei Kategorien, die bisher keinen Zugang zur Versicherung hatten.

Seit dem 1. Oktober können sich Laoten erstmals freiwillig versichern. Dabei können sie eine Kranken-, Unfall-, Renten- oder Arbeitslosenversicherung abschließen. Bislang steht aber nicht fest, wie hoch die Beiträge für freiwillig Versicherte sind. Bei staatlichen Angestellten zahlen die Versicherten acht Prozent ihres Gehalts, der Staat legt 8,5 Prozent drauf. In der Wirtschaft zahlt der Versicherte 5,5 Prozent, der Arbeitgeber sechs. Freiwillig Versicherte müssten den vollen Beitrag selbst aufbringen. Wer infrage kommt, zählt aber zu den ärmsten Schichten der Bevölkerung.

Reduzierte Beiträge für sie sollen, so ließ der Direktor der Sozialversicherung wissen, in diesem Finanzjahr festgelegt werden. Das endet am 30. September 2015. Laut Plan der Regierung soll im Jahr 2015 die Hälfte der sechseinhalb Millionen Einwohner des Landes von der Sozialversicherung erfasst sein.

Mutter Phet wird auch dann nicht dazugehören. Für eine Rente müsste sie zunächst 15 Jahre lang einzahlen. Aber auch das Geld für die Krankenversicherung kann sie nicht aufbringen. So hofft sie bei der Tochter ihrer Nachbarin, deren Mann ordentlich verdient, auf eine Versorgung, wie von einer eigenen Tochter.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 7. November 2014


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