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Alternative ALBA

Erste Erfahrungen mit dem Freihandelsabkommen CAFTA: US-amerikanische Großkonzerne machen erwartungsgemäß ihre Profite. Die ökonomischen Verlierer in den zentralamerikanischen Staaten schauen nun auf das venezolanische Konkurrenzprojekt

Von Sebastian Huhn und Torge Löding *

Streiken gegen CAFTA, das ist die Parole, mit der die Angestellten des staatlichen Instituts für Kommunikation und Elektrizität in Costa Rica im neuen Jahr starten wollen. Auf einer Vollversammlung der Beschäftigten am 26.November hat sich die überwältigende Mehrheit für einen unbefristeten Streik entschlossen, zahlreiche Organisationen aus dem ganzen Land unterstützen sie dabei. Damit wenden sie sich gegen die Privatisierung des öffentlichen Unternehmens, wie es die Implementierungsagenda des Central American Free Trade Agreement (CAFTA), des Zentralamerikanischen Freihandelsabkommens vorsieht. Am 7.Oktober hatte sich in Costa Rica eine knappe Mehrheit (51,6 Prozent) in einem Referendum für den Beitritt des Landes zum Freihandelsabkommen zwischen den USA, den zentralamerikanischen Staaten und der Dominikanischen Republik ausgesprochen. Von 2,6 Millionen Wahlberechtigten gingen 59,2 Prozent zur »Wahl«. Also nur sehr knapp unterlagen die CAFTA-Kritiker der gut geölten und finanzstarken Propagandamaschinerie der Befürworter.

Staat und Revolte

Oberflächlich mag die Durchführung eines Referendums in Costa Rica als demokratischer Akt erscheinen, welcher die These vom Musterland der Demokratie in Lateinamerika bestätigt. Diese Sichtweise wäre aber sehr verkürzt, weil sie nicht die Ungleichheit der Chancen berücksichtigt, mit denen sich Befürworter und Kritiker von CAFTA gegenüberstanden.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß die Präsenz in den elektronischen Massenmedien und der Tagespresse alles andere als ausgeglichen war. Unabhängige Instanzen wie das Observatorium der freien Meinungsäußerung konstatierten eine unverhältnismäßig starke Tendenzberichterstattung zugunsten des »Ja« in fast allen Massenmedien, und die Gewerkschaft der Mitarbeiter des staatlichen TV-Senders Canal 13 kritisierte dessen Instrumentalisierung durch die Regierung.

Die Parteigänger des »Ja« schalteten großflächige Anzeigen, den CAFTA-Kritikern fehlten weitgehend die Mittel dafür. Es gab nicht die Möglichkeit, kostenlose Werbespots zu senden, wie etwa aus Wahlkampagnen in Deutschland bekannt. Die finanzstarken Verfechter des Abkommens investierten dagegen allein zwischen Januar und Juli 2007 etwa 550 Millionen US-Dollar in ihren Propagandafeldzug.

Einige Überraschungen hielt das Ergebnis der Volksabstimmung am Ende bereit: Bei der Präsidentschaftswahl 2006 hatten insbesondere die Wähler in den strukturschwachen, ländlichen Regionen der Mitte-Rechts-Regierung Oscar Arias zum Sieg verholfen. Das »Nein« gewann nun in genau diesen Gegenden, in Guanacaste, ­Puntarenas, am Südpazifik, in der Nordzone und in Talamanca. Dabei stimmte auch jeder Wahlkreis auf Indigenagebiet gegen das Freihandelsabkommen. Gewonnen wurde das »Ja zu CAFTA« vor allem in der zentralen Hochebene in San José, Cartago und dem Stadtzenrum von Alajuela.

Auf einer der mittlerweile zahlreich abgehaltenen nationalen Versammlungen haben die patriotischen Komitees beschlossen, das Ergebnis vom 7. Oktober nicht anzuerkennen und nationale wie internationale rechtliche Schritte einzuleiten. Vertreter der Komitees aus San Ramon und Umgebung nennen das Ergebnis »illegitim und Konsequenz eines medialen Betruges«. Häufig sind nach dem Volksentscheid auch Befürworter des Abkommens zu den Komitees gestoßen. Sie hätten aus Angst dem »Ja« ihre Stimme gegeben. Es gab sogar Berichte aus Fabriken, in denen am Freitag vor dem Referendum ganze Belegschaften mit der Perspektive entlassen wurden, am Montag wieder eingestellt zu werden, wenn das »Ja zu CAFTA« gewinne.

Agenda des Neoliberalismus

CAFTA geht weit über einen klassischen Freihandelsvertrag hinaus. Gerade die Vereinbarungen, in denen es nicht um den Abbau von Handelshemmnissen geht, erklären die zentralamerikaweiten Proteste. Hier können auch die ersten negativen Folgen des Abkommens aufgezeigt werden.

Für US-Präsident George W. Bush bedeutet CAFTA die regionale Umsetzung der Strategie der Área de Libre Comercio de las Américas (ALCA), die Schaffung einer amerikanischen Freihandelszone von Alaska bis nach Feuerland. Begonnen wurde mit den Verhandlungen dafür unter der Regierung seines Vaters Anfang der 90er Jahre. Kontinental ist dieser Plan bis heute am Widerstand linker und moderater Regierungen in Venezuela, Bolivien, Brasilien und Argentinien gescheitert. Alternativ setzt deshalb die heutige Bush-Regierung auf regionale Abkommen.

CAFTA orientiert sich am 1994 in Kraft getretenen North American Free Trade Agreement (NAFTA, Nordamerikanisches Freihandelsabkommen) zwischen den USA, Kanada und Mexiko. Der Großteil der Bevölkerung Mexikos hat von dem Abkommen nicht profitiert. Die Löhne waren nach einer Zehnjahresbilanz -- vor allem im Niedriglohnsektor -- nicht gestiegen, neue Arbeitsplätze sind kaum entstanden, und der Absatz landwirtschaftlicher Produkte hat sich nicht wie angekündigt erhöht.

Im Gegenteil: Viele Kleinbauern gingen an der hochtechnisierten und subventionierten Konkurrenz aus den USA Bankrott, und die Armut vieler Menschen stieg dramatisch. CAFTA erweist sich hier auf den ersten Blick als sozialverträglicher. Zumindest für bestimmte Grundnahrungsmittel, die in den USA nicht zuletzt wegen staatlicher Subventionen wesentlich günstiger produziert werden, gibt es Quotenregelungen. Da die zentralamerikanischen Länder auf der Grundlage der Caribbean Basin Initiative (CBI, Initiative der Karibikstaaten) bereits seit 1984 für viele Exportgüter einen zollfreien Zugang zum US-Markt hatten, waren neue Vorteile durch CAFTA in diesem Bereich jedoch von vornherein nicht abzusehen. Für viele Kleinbauern zwischen Mexiko und Panama bedeutet CAFTA den Ruin. Viele landwirtschaftliche Produkte aus den USA können in Zentralamerika trotz der Transportkosten günstiger angeboten werden. Die negativen sozialen Prognosen gelten aber auch für Menschen in den USA. Auch hier ist es zum Beispiel wahrscheinlicher, daß viele kleine Landwirte Nach- und keine Vorteile aus dem Abkommen haben werden, und bestimmte Branchen -- wie zum Beispiel die Zuckerindustrie -- fürchten ihrerseits, der Konkurrenz aus Zentralamerika nicht standhalten zu können.

Multinationale Konzerne -- allen voran die Pharma-, die Musik- und die Filmindustrie -- drängten in der Region seit langem auf die gesetzliche Verankerung und die Durchsetzung internationaler Vereinbarungen über geistige Eigentumsrechte. Daher wurden diese in den CAFTA-Vertrag aufgenommen. Besonders brisant ist das im Gesundheitssektor. Zukünftig ist es in den Vertragsstaaten verboten, Generika zu verkaufen oder zu produzieren, wenn Konzerne Patente auf deren Inhaltsstoffe besitzen. Die Kosten vieler Medikamente werden sich dadurch deutlich erhöhen.

Die pessimistischen sozialen Prognosen führten in ganz Zentralamerika zu gesellschaftlichem Protest. Die costaricanische Protestbewegung entwickelte aber vor allem wegen der Bestimmungen zu Investitionen im Dienstleistungsbereich eine solche Stärke. CAFTA sieht in Costa Rica den Abbau von Staatsmonopolen vor, um die Konkurrenz im Dienstleistungssektor zu stärken. Im Energie-, Telekommunikations- und Sozialversicherungswesen stellen sie aber wichtige Säulen des »Modells Costa Rica« -- einem gut funktionierenden Wohlfahrts- und Sozialstaat -- dar. Weil das Institut für Kommunikation und Elektrizität eine öffentliche Einrichtung ist und kein Konzern, der vornehmlich Profite erwirtschaften muß, verfügt Costa Rica heute über ein landesweites Netz der Energie- und Telekommunikationsversorgung. Die staatlich festgelegten Preise für Strom und Telefon sind -- im weltweiten Vergleich -- sogar sehr niedrig. Das staatliche Sozialversicherungssystem garantiert eine beinahe flächendeckende Grundversorgung. Damit ist Costa Rica nicht nur in Lateinamerika ein Ausnahmestaat.

Erste Folgen in Zentralamerika

Erste Erfahrungen in CAFTA-Mitgliedsstaaten verdeutlichen, daß das Abkommen unmittelbare soziale Probleme mit sich bringt. Für eine makroökonomische Bilanz ist es freilich zu früh. Die Implementierungsphase -- die Anpassung nationalen Rechts an die Vereinbarungen aus dem Abkommen -- ist aber außer in Costa Rica überall abgeschlossen, und der Vertrag ist in den entsprechenden Ländern im Laufe der Jahre 2006 und 2007 in Kraft getreten.

Die guatemaltekische Pharmaindustrie mußte bereits den ersten Klagen von US-Firmen nachgeben, weil sie Inhaltsstoffe verwendete, ohne über die intellektuellen Eigentumsrechte zu verfügen. Aktuell klagt die Railroad Development Corporation, die seit 1997 die bis dahin staatlichen Rechte über das Eisenbahnnetz des zentralamerikanischen Landes besitzt, auf der Grundlage von CAFTA gegen die Regierung, nachdem diese Teilverträge mit der Firma auflöste. Die Firma aus Pittsburgh/Pennsylvania ging im August 2007 vor das International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID, Internationales Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten). Die Klage basiert auf der Verletzung von drei Paragraphen des CAFTA-Vertrags. Am 1. Oktober 2007 stellte die Firma den gesamten Eisenbahnverkehr in Guatemala bis auf weiteres ein.

Und während Gewaltkriminalität und politische Morde im Land derzeit tragische Alltäglichkeit sind, drängen multinationale Firmen die Ermittlungsbehörden auf der Grundlage des Freihandelsvertrags nun erfolgreich, verstärkt Produktpiraterie zu verfolgen. Auch in El Salvador und Honduras wurde die strafrechtliche Verfolgung illegaler Musik- und Softwarekopien zur Hauptaufgabe der Polizei erklärt, obwohl die bei der Erledigung wichtigerer Aufgaben bereits überfordert ist. In allen drei Ländern hat die Einführung des Freihandelsabkommens bislang umgekehrt weder zu großem Wirtschaftswachstum noch zu einem signifikanten Anstieg von Direktinvestitionen geführt. Zwar wurde das Investitionsklima durch Gesetzesänderungen im Implementierungsprozeß des Abkommens verbessert, dennoch bleibt das Kapital fern, da die Kriminalitätsraten in Guatemala, El Salvador und Honduras extrem hoch sind.

In seiner Rede anläßlich der Unterzeichnung von CAFTA machte Bush deutlich, worum es ihm geht: »Auf zentralamerikanische Produkte werden heute in den USA fast keine Zölle erhoben. Für US-Exporte werden in Zentralamerika umgekehrt deftige Abgaben veranschlagt. CAFTA wird diese unfairen Zollgebühren beenden und sicherstellen, daß Freihandel fairer Handel ist.« Vor allem helfe das Abkommen in Zentralamerika auch, die Armut zu reduzieren, einen Mittelstand zu entwickeln; ein Nebeneffekt sei die Verringerung der illegalen Migration in die USA. Ein wahres Wundermittel also.

Die Weltbank konnte in einer ersten Prognose über CAFTA die euphorischen Aussagen der zentralamerikanischen Staatschefs und des US-Präsidenten bezüglich der Armutsreduzierung nicht bestätigen. Vielmehr weist sie nach, daß neun Prozent aller Haushalte in Nicaragua, 16 in Guatemala und fünf in El Salvador von der Produktion landwirtschaftlicher Güter abhängen und voraussichtlich nicht mit US-Importen konkurrieren können. Ein nicht unerheblicher, kalkulierter »Kollateralschaden«. Die Zahl der Menschen, die von niedrigeren Nahrungsmittelpreisen profitieren, wird von der Weltbank sicherlich nicht zu unrecht höher eingeschätzt. Dennoch ist die utilitaristische Sichtweise fragwürdig, die mit Armutsreduzierung zunächst bei den Reichen und dem Mittelstand ansetzt und Nachteile für die ärmste Bevölkerung bewußt in Kauf nimmt.

Negative Handelsbilanzen

Im September haben im mittelamerikanischen Netzwerk zur Beobachtung von CAFTA zusammengeschlossene Ökonomen einen ersten Bericht vorgelegt. Er weist wenig überraschende Tendenzen auf. In El Salvador ist es seit März 2006 in Kraft -- und damit am längsten in der Region. Unter anderem arbeitete hier Edgardo Mira vom Wirtschaftsforschungszentrum CEICOM (mit Unterstützung der deutschen Heinrich-Böll-Stiftung) an dem Zwischenbericht: »In El Salvador entspricht die Realität mit CAFTA nicht den großen, von den Regierungen propagierten Erwartungen. Insbesondere nicht hinsichtlich des Versprechens, das Abkommen werde die Quellen des Wachstums ausweiten und verstärken, als Grundlage für Armutsbekämpfung und Entwicklung«. Dabei unterstreicht der Volkswirt, daß CAFTA nur ein Bestandteil der neoliberalen Politik sei, welche seit mehr als zwei Jahrzehnten umgesetzt werde. Diese Politik bewirke seit Mitte der 90er Jahre eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums.

Wie in den meisten zentralamerikanischen Nationen setzt auch die Regierung El Salvadors auf Maquilas, auf Montagebetriebe, in denen importierte Teile für den Export zu drei Vierteln oder vollständig zusammengesetzt werden, als Zugpferd der Wirtschaft. Ein ziemlich lahmer Gaul, sank doch der Anteil von Montageproduktionen am Bruttoinlandsprodukt von 6,6 Prozent im Jahr 1998 auf 3,2 im Jahr 2006. Im ersten Quartal 2007 ging dieser Anteil noch einmal um fünf Prozent im Vorjahresvergleich herunter.

Das Versprechen der Regierung lautete, CAFTA werde die Exportwirtschaft El Salvadors befördern und diversifizieren, insbesondere für »ethnische« und »traditionelle« Produkte. Immerhin verzeichnete die Exportwirtschaft 2006 ein Wachstum um 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Ausfuhr traditioneller Güter machte dabei aber nur zwölf Prozent des Gesamtexports aus, 2005 waren es noch 40 Prozent. Während die Ausfuhr anderer Waren um 23 Prozent wuchs, ging der Anteil der Montageproduktion um 11,7 Prozent zurück. Dieses abrupte und widersprüchliche Bild unterstreicht die Instabilität der Wirtschaft El Salvadors und ihre starke Abhängigkeit von externen Faktoren. Importe stiegen im Jahr 2006 indes um 11,7 Prozent, die Handelsbilanz ist im ersten CAFTA-Jahr damit unausgeglichen wie seit Jahren nicht mehr.

Das Londoner Fachmagazin Economist Intelligence Unit weist nach, daß die zentralamerikanischen Maquilaexporte 2007 insgesamt gesunken sind und daß die Zahl der Beschäftigten abgenommen hat. Die Montageproduktion wurde von CAFTA-Befürwortern immer als der große Gewinner des Abkommens angeführt. Die derzeitigen Probleme in diesem Sektor erklärt man sich in London durch eine Wirtschaftsflaute in den USA, dem größten Abnehmer zentralamerikanischer Textilien. Außerdem ist die Konkurrenz aus Asien keineswegs verschwunden: China, Vietnam, Indien oder Indonesien bleiben Hauptexporteure von Textilien in die Vereinigten Staaten. Der Kampf um niedrige Preise hat sich lediglich verschärft. Lohnerhöhungen, Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in dieser Branche oder neue Arbeitsplätze kann CAFTA nicht garantieren.

Wie in allen CAFTA-Staaten mit Ausnahme der USA wurde auch in El Salvador ein Paket von einem Dutzend neuer Gesetze verabschiedet zu Themen wie Erwerb öffentliches Eigentum, Versicherungen, Markenrecht, geistiges Eigentum, Telekommunikation, Gesundheit, Strafrecht. Trotz dieser weitgehenden Konzessionen an die US-Regierung sanken die Auslandsdirekt­investitionen in El Salvador im Jahr der Implementierung des Abkommens abrupt von 424,2 Millionen US-Dollar (2005) um 42 Prozent auf nur noch 244,6 Millionen US-Dollar (2006), insbesondere in der Industrie und den Maquilas. Die Direktinvestition aus den USA nahmen in diesem Zeitrum um gerade einmal 0,94 Prozent zu.

El Salvador ist keine Ausnahme, in ganz Mittelamerika und der Dominikanischen Republik zeichnet sich im ersten Jahr nach dem Inkrafttreten von CAFTA die gleiche Tendenz ab. Dabei warnen Wirtschaftswissenschaftler vom Netzwerk zur Beobachtung von CAFTA aber auch vor voreiligen Schlüssen, Abweichungen in einzelnen Sektoren verschiedener Länder werden künftig durchaus möglich sein. Sie wagen aber folgende Schlußfolgerung: »Kein Faktor weist augenblicklich darauf hin, daß die Versprechen der Regierungen und daraus abgeleitete Hoffnungen auch nur im Ansatz erfüllt werden. Investitionen in Mittelamerika und der Dominikanischen Republik gehen zurück, die Handelsbilanz wird defizitärer in der Region, und Steuereinnahmen sinken«.

Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß es einen Miniaufschwung für die Exporte in Honduras (+ 5,7 Prozent) und El Salvador (+ 3,7 Prozent) gebe. Deutlich sei die Steigerung der Importe aus den USA: Nicaragua (+ 27,5 Prozent), Honduras (+ 26 Prozent), Dominikanische Republik (+ 13,5 Prozent) und El Salvador (+ 11,7 Prozent). Im Jahr 2006 betrug in El Salvador das Handelsdefizit mit den USA 4,11 Milliarden US-Dollar, in Guatemala 409 Millionen, in Honduras 2,07 Milliarden, in Nicaragua 1,65 Milliarden und in der Dominikanischen Republik 802 Millionen. Sprich: In all diesen Staaten ist die Auslandsverschuldung gegenüber den USA kräftig angestiegen, während die heimischen Märkte mit US-Importen überschwemmt werden. Vielversprechend ist diese erste Bilanz also eher für Großkonzerne mit Hauptsitz in den USA.

Nur wenige Wochen nach der Zustimmung zu CAFTA wandern in Costa Rica -- trotz gegenteiliger Versprechen -- die ersten Maquilas ab. Dieser Tage sorgt die Vernichtung von 400 Arbeitsplätzen beim Textilzulieferer W. R. de Alajuela S. A. für Wirbel. Für die Maquila-Beschäftigten ist das zweite CAFTA-Jahr auch in Guatemala schlecht: Die Tageszeitung Prensa Libre berichtet, daß zwischen Januar und Oktober 2007 allein 35 Fabriken ihre Produktion eingestellt und mehr als 10000 Arbeiter ihre Beschäftigung verloren haben.

Neue Bündnispartner

Eines macht die Auseinandersetzung um CAFTA in Costa Rica deutlich: Die Gegenkräfte haben einen bisher ungekannten Grad an Selbstbewußtsein und Organisiertheit erlangt. Bei aller Schwäche der Bewegung, die sich bislang eher auf den einen Punkt konzentriert, »Nein« zu CAFTA zu sagen, ist mit den »patriotischen Komitees« eine neue Organisationsform entstanden. Die Komitees haben beschlossen, sich nun besser zu vernetzen, um ihre politische Arbeit fortzuführen. Vertreter der Protestbewegungen der anderen Staaten Zentralamerikas blicken mit großem Interesse auf die costaricanische Erfahrung, sie werden davon inspiriert und orientieren sich daran. Der Konflikt über das Freihandelsabkommen hat also die Gegenkräfte in ganz Zentralamerika gestärkt.

Auf der Suche nach Bündnispartnern jenseits von Washington wird in den sozialen Bewegungen der Region nun öfter über Allianzen mit Venezuela und Kuba nachgedacht. Die von Hugo Chávez initiierte Wirtschaftsgemeinschaft Alternativa Bolivariana para los pueblos de Nuestra América (ALBA, Bolivarianische Alternative für die Völker unseres Amerika) scheint genau das zu bieten, was Großteile der Gesellschaft bei CAFTA und seinen Apologeten vermissen: Partizipation und soziale Verantwortung. Nicaraguas Beitritt zu ALBA nach dem Regierungsantritt Daniel Ortegas hat deutlich gemacht, daß CAFTA auf der politischen Ebene ein höchst instabiles Bündnis ist. Zwar sind nun alle zentralamerikanischen Staaten Mitglied von CAFTA; daß sie im Kampf zwischen Washington und Caracas deshalb dauerhaft auf der Seite der USA stehen, ist jedoch keineswegs sicher. Auch die linken Parteien sind gestärkt aus dem Konflikt gegangen; kommende Wahlen können die politische Landkarte Zentralamerikas deutlich verändern.

Die Erfahrung der Regierung des linken Präsidenten Rafael Correa in Ecuador belegt zudem, daß kein Land nach der Ratifizierung eines Freihandelsabkommens den Bestimmungen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sein muß. Allen Warnungen zum Trotz kündigte Ecuador den USA ein Freihandelsabkommen auf und orientiert sich nun an ALBA.

* Sebastian Huhn ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am GIGA -- Institut für Lateinamerika-Studien in Hamburg
Der Journalist Torge Löding arbeitet im Kommunikationszentrum Voces Nuestras (San José, Costa Rica)

* Aus: junge Welt, 20. Dezember 2007



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