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NATO intensiviert Luftangriffe auf Tripolis

Militärbündnis bombt nun auch tagsüber. Arbeitsminister von Libyen tritt zurück *

Die NATO verstärkt ihre Luftangriffe auf Tripolis und weitet sie immer mehr auch auf die Tagesstunden aus. Am Dienstag trafen tieffliegende Maschinen der Militärallianz elf Ziele in Tripolis, die Bomben schienen vor allem in der Nähe eines Anwesens von Staatschef Muammar Al-Ghaddafi eingeschlagen zu sein. Eine Bestätigung von Regierungsseite gab es dafür aber zunächst nicht.

Die NATO hatte bereits im Laufe des Montags die Frequenz ihrer Attacken deutlich erhöht und allein am Abend mindestens zehn Angriffe auf Ziele in der Umgebung der Hauptstadt geflogen. Flugzeuge der Royal Air Force hätten bei ihren Einsätzen am Montag abend wichtige Standorte von Ghaddafis Militärgeheimdienst getroffen, sagte der britische Generalmajor Nick Pope.

Nach mehreren Rücktritten von Ministern der Regierung in Tripolis hat am Dienstag (7. Juni) auch Arbeitsminister Al-Amin Manfur sein Amt niedergelegt. Er habe beim jährlichen Treffen der Internationalen Arbeitsorganisation in Genf über seine Entscheidung informiert, sagte ein Mitglied der libyschen UN-Mission und bestätigte damit einen Schweizer Medienbericht. Mitte Mai hatte sich bereits der Chef der staatlichen Ölgesellschaft Schukri Ghanem Berichten zufolge nach Tunesien abgesetzt. Vergangene Woche erklärte er, sich der Opposition anschließen zu wollen. Ghanem war lange Zeit libyscher Ministerpräsident.

Erstmals seit Beginn des Aufstandes traf ebenfalls am Dienstag ein offizieller Vertreter Rußlands mit den Rebellen in Bengasi zusammen: der Sondergesandte des Kreml, Michail Margelow. Er sei nach Libyen gekommen, »um den Dialog zwischen den beiden Lagern zu erleichtern«, sagte Margelow. Rußland sei in einer »einzigartigen Position«, weil das Land anders als die Beteiligten der NATO-Koalition weiter eine Botschaft in der von Muammar Al-Ghaddafi kontrollierten Hauptstadt Tripolis unterhalte.
(AFP/dapd/jW)

* Aus: junge Welt, 8. Juni 2011


Russland will zwischen Gaddafi und Rebellen vermitteln **

Angesichts der andauernden Kämpfe in Libyen ist Russland bereit, zwischen dem Regime von Muammar al-Gaddafi und der Opposition zu vermitteln. Dies sagte der russische Sondergesandte Michail Margelow, der sich gegenwärtig in der libyschen Oppositionshochburg Bengasi aufhält.

Russland sei in Bezug auf Libyen in einer einzigartigen Lage, weil es die Beziehungen mit der dortigen Regierung nicht abgebrochen und jetzt Beziehungen mit der Opposition aufgenommen habe, sagte Margelow dem russischen Nachrichtensender Westi-24.

„Wir sind bereit, wenn möglich bei der Anbahnung eines innerlibyschen politischen Dialogs zu vermitteln.“

Margelow ist am Montag (6. Juni) im Auftrag von Russlands Präsident Dmitri Medwedew in Bengasi eingetroffen. Wie RIA Novosti aus Verhandlungskreisen erfuhr, berät er mit den Rebellen über eine friedliche Beilegung des Konflikts. Bislang seien keine konkreten Vereinbarungen mit den Rebellen erreicht worden, die Gespräche gehen weiter. Der Quelle zufolge plant Margelow keinen Besuch bei der libyschen Regierung in Tripolis und reist von Bengasi nach Kairo aus.

In Libyen liefern sich die Truppen des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi seit Februar erbitterte Gefechte mit der Opposition, die Gaddafis Rücktritt fordert. Die Rebellen werden von westlichen Staaten militärisch unterstützt und kontrollieren viele Gebiete in Ostlibyen. Seit März fliegt die Nato Luftangriffe gegen vom Gaddafi-Regime kontrollierte Militäranlagen und Städte in Libyen. Der UN-Sicherheitsrat hatte am 17. März mit der Resolution 1973 das Tor für das internationale Eingreifen geöffnet, um die Zivilbevölkerung in Libyen zu schützen und Waffenimporte für Gaddafi unmöglich zu machen.

Nach Einschätzung Russlands geht der Nato-Einsatz über den Rahmen der UN-Resolution hinaus. Frankreich, Italien und Katar haben den Rebellenrat. Auf der Seite Gaddafis kämpfen unter anderem Milizen aus vielen afrikanischen Staaten. Gaddafi bezeichnet die Rebellen als Al-Qaida-Terroristen. Menschenrechtsorganisationen sprechen von tausenden Todesopfern in Libyen.

Am Mittwoch (1. Juni) verlängerte die Nato die Operation in Libyen, die ursprünglich im Juni abgeschlossen sein sollte, bis Ende September.

** Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 7. Juni 2011, http://de.rian.ru


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