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Schlacht um Hafen von Misurata

UNO zieht Mitarbeiter aus Libyen ab. Ermordete Verwandte Ghaddafis beigesetzt *

Libysche Regierungstruppen haben am Montag (2. Mai) Misurata im Westen des nordafrikanischen Landes mit Panzern angegriffen. Bislang am Flughafen der Stadt versteckte Kampffahrzeuge hätten versucht, vom Südwesten aus in die Hafenstadt einzudringen, seien aber zurückgeschlagen worden, teilten Aufständische mit.

Seit dem Morgen hatten die Truppen Außenbezirke Misuratas unter heftigen Beschuß genommen, berichteten Reporter der Nachrichtenagentur AFP. Die Rebellen konterten mit Schüssen aus schweren Maschinengewehren. Am frühen Nachmittag teilten sie mit, der Angriff sei abgewehrt worden. Ärzten zufolge wurden bei den nächtlichen Gefechten seit Sonntag abend zehn Menschen getötet und Dutzende verletzt. Umkämpft ist vor allem der Hafen der Stadt. Dieser ist der einzige Zugang zu der etwa 200 Kilometer östlich von Tripolis gelegenen Küstenstadt, die seit zwei Monaten von den Regierungstruppen belagert wird. Hunderte Flüchtlinge harren dort aus und hoffen, die Stadt auf dem Seeweg verlassen zu können. Hilfsschiffe konnten am Montag nach Rebellenangaben weiterhin nicht in das Hafenbecken einlaufen, weil Truppen Ghaddafis dort in den vergangenen Tagen Seeminen ausgesetzt hatten.

Die NATO flog unterdessen weitere Luftangriffe auf die Hauptstadt Tripolis. Zeugenangaben zufolge waren im östlichen Teil der Stadt Explosionen zu hören. Das libysche Staatsfernsehen meldete, die in der Nacht zum Sonntag bei den NATO-Angriffen getöteten drei Enkelkinder und ein Sohn von Staatschef Ghaddafi sollten am Montag nach dem Mittagsgebet beigesetzt werden.

Die Vereinten Nationen zogen am Montag ihr ausländisches Personal aus der Hauptstadt ab. Zwölf ausländische UN-Mitarbeiter hätten die Stadt verlassen und seien nach Tunesien gebracht worden, sagte eine Sprecherin der Organisation. Zuvor hatten wütende Anhänger Ghaddafis diplomatische Einrichtungen Großbritanniens und Ital­iens in Tripolis demoliert. Auch ein UN-Gebäude soll gestürmt worden sein.

Über den Grenzübergang Dehiba flohen weiter zahlreiche Menschen in das westliche Nachbarland. Die Kontrollstelle war in den vergangenen Tagen zwischen regierungstreuen Truppen und Aufständischen heftig umkämpft. Am Montagmorgen schlugen nach AFP-Angaben in der Nähe von Dehiba mindestens vier großkalibrige Geschosse auf tunesischem Territorium ein, die jedoch niemanden verletzten. (AFP/jW)

* Aus: junge Welt, 3. Mai 2011


Nato tendiert zur rechtswidrigen Regelung des Libyen-Konflikts – Russischer Außenpolitiker **

Der in der vergangenen Nach von Nato-Fliegerkräften unternommene Luftangriff auf Tripolis war nach Ansicht von Konstantin Kossatschow, Chef des auswärtigen Ausschusses der Staatsduma, auf eine physische Beseitigung des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi gerichtet, womit die Operation in diesem Land zu einer rechtswidrigen Regelung des Konflikts tendiert.

Das, was ursprünglich als eine zweidimensionale Situation erschien, nämlich eine Konfrontation zwischen dem herrschenden Regime und dem Volk, entspreche in Wirklichkeit nicht dem realen Stand der Dinge, sagte Kossatschow am Sonntag (1. Mai) in einem Gespräch mit RIA Novosti.

"In Libyen ist ein Bürgerkrieg im Gange, die Einmischung einer dritten Kraft von außen führt die Situation in eine Sackgasse", betonte er.

Der Nachtangriff auf die Residenz von Gaddafi sei ein Versuch der Koalitionskräfte, einen Ausweg aus der Sackgasse zu finden.

Bei dem Angriff seien unter anderem Zivilisten ums Leben gekommen, betonte er. Solche Tragödien seien unvermeidlich, wenn versucht wird, die erklärten Ziele, selbst die denkbar edlen, mit nicht rechtmäßigen Mitteln durchzusetzen. Nach Kossatschows Ansicht stehen nun der Koalition im Zusammenhang mit diesem Vorfall schwere Auseinandersetzungen mit der internationalen Völkergemeinschaft bevor. Er zweifelt allerdings nicht daran, dass die Führung der Koalitionskräfte so tun wird, als wäre nichts Besonderes geschehen.

Nach Angaben der libyschen Regierung waren in der Nacht zum Sonntag bei einem Nato-Luftangriff auf Tripolis Gaddafis jüngster Sohn, der 29-jährige Saif al-Arab, sowie drei Enkelkinder des Staatschefs, mehrere Freunde und Nachbarn getötet worden.

** Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 1. Mai 2011; http://de.rian.ru


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