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Kein Ja zu Obamas Krieg

Abgeordnetenhaus verweigert Zustimmung zur US-Beteiligung am Libyen-Krieg

Kein Ja zu Obamas Krieg Abgeordnetenhaus verweigert Zustimmung zur US-Beteiligung am Libyen-Krieg Von Knut Mellenthin *

Das Abgeordnetenhaus der USA hat es am Freitag (24. Juni) mit großer Mehrheit abgelehnt, die Beteiligung am Krieg gegen Libyen nachträglich zu legalisieren. Das stellt im Streit mit dem Kongreß eine schwere Niederlage für Präsident Barack Obama dar. Außenministerin Hillary Clinton hatte zuvor vergeblich versucht, die Fraktion der Demokraten auf die einheitliche Unterstützung des Krieges einzuschwören. In geschlossener Sitzung hatte sie die Abgeordneten ihrer Partei mit der Frage einzuschüchtern versucht: »Steht ihr auf Ghaddafis Seite oder steht ihr auf der Seite der Bestrebungen des libyschen Volkes und der internationalen Koalition, die ihnen Hilfe bringt?«

Trotz dieses Appells stimmten 70 der 193 demokratischen Parlamentarier gegen den Antrag. Im Gesamtergebnis wurde er mit 295 gegen 123 Stimmen abgelehnt. Die von dem demokratischen Abgeordneten Alcee L. Hastings aus Florida eingebrachte Resolution war identisch mit einer gemeinsamen Vorlage des Demokraten John Kerry und des Republikaners John McCain für den Senat, die dort voraussichtlich erst im Juli diskutiert und abgestimmt werden wird. Sie soll Obama ermächtigen, die Beteiligung am Libyen-Krieg noch ein weiteres Jahr lang fortzusetzen. Da die Demokraten im Senat eine Mehrheit haben, wird dort mit einer Annahme der Resolution gerechnet. Um wirksam zu werden, bräuchte sie aber auch die Zustimmung des Abgeordnetenhauses. Es wird daher voraussichtlich nicht ohne Änderungen und Kompromisse abgehen.

Obama hat den Ärger vieler Parlamentarier auch aus der eigenen Partei auf sich gezogen, weil er – im Widerspruch zur Verfassung und den Gesetzen der USA – darauf beharrt, für den Einsatz der Streitkräfte in und um Libyen nicht die Zustimmung des Kongresses zu benötigen. Der Präsident, selbst ein Verfassungsrechtler, mißachtet dabei auch die gegensätzliche Meinung führender juristischer Berater des Weißen Hauses. Nach seiner Interpretation handelt es sich bei der Beteiligung am Libyen-Krieg nicht um »Feindseligkeiten« im Sinne des War Powers Act von 1973, da sich die Rolle der USA überwiegend auf Unterstützung anderer NATO-Staaten beschränke und es wegen der Schwäche des Gegners praktisch keine Gefechtstätigkeit gebe.

Auch eine zweite Resolution scheiterte am Freitag im Abgeordnetenhaus. Nach Interpretation vieler Mainstreammedien sollte sie »die Finanzierung des US-Einsatzes in Libyen stoppen«. Die Abweisung des Antrags wird daher als Erfolg Obamas gedeutet. Tatsächlich hätte die von dem republikanischen Abgeordneten Thomas Rooney aus Florida eingebrachte Entschließung aber fast alle militärischen Aktivitäten der USA in und um Libyen legalisiert. Lediglich direkte Kampfaktivitäten sollten von der Finanzierung ausgenommen werden. Konkret bezieht sich das derzeit nur auf den Einsatz einer bewaffneten Drohne.

Da dieser Antrag im Grunde der Regierung sehr weit entgegenkam, war mit seiner Annahme gerechnet worden, weil sich vermutlich viele Demokraten anschließen würden. Tatsächlich stimmten aber nur 36 ihrer Abgeordneten zu, so daß die Vorlage mit 238 gegen 180 Stimmen abgelehnt wurde.

In dieser oder in der nächsten Woche hat das Repräsentantenhaus über einen Antrag des demokratischen Interventionsgegners Dennis Kucinich aus Ohio zu entscheiden. Er sieht einen vollständigen Stopp der Gelder für den Krieg gegen Libyen vor.

* Aus: junge Welt, 27. Juni 2011


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