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Kein Jubelgrund

Malaysia: Paket neoliberaler Reformen zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit

Von Baradan Kuppusamy, Kuala Lumpur *

Malaysia feiert am Freitag den 50. Jahrestag seiner Unabhängigkeit. Für die zwölf Millionen Beschäftigten des südost­asiatischen Landes aber wird dieser Tag wohl kein Tag der Freude. Sie sehen sich mit Änderungsvorschlägen zum Arbeitsrecht konfrontiert, die sie der Willkür der Unternehmer ungeschützt ausliefern könnten.

Unbeliebt gemacht hat sich die Regierung von Ministerpräsident Abdullah Badawi bereits mit Plänen zur Privatisierung des Wasser- und Gesundheitssystems und der Streichung der Subventionen für Treibstoff und Nahrungsmittel – Maßnahmen, die zum Teil im Zusammenhang mit dem geplanten Freihandelsabkommen mit den USA stehen.

Im Juli hat Kuala Lumpur zu einem weiteren Schlag im neoliberalen Geiste ausgeholt: zu einer Reform des Arbeitsrechts, die nach Auffassung von Kritikern gegen die Verfassung, die UN-Charta und die malaysische Menschenrechtsgesetzgebung von 1999 verstößt. Schon die Tatsache, daß die Änderungsvorschläge ohne Diskus­sionsbeteiligung der Gewerkschaften formuliert wurden, bringt Arbeitsrechtler auf die Palme.

Sie organisieren derzeit Proteste und haben zusammen mit Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen die sogenannte JERIT-Koalition auf die Beine gestellt, die eine Unterschriftenkampagne und eine Online-Petition gestartet hat, um zusammen mit der politischen Opposition eine möglichst große gegnerische Kraft zu bilden. »Arbeiter haben wirklich keinen Grund, die 50jährige Unabhängigkeit zu feiern«, sagte die Aktivistin Sivaranjini Manickam in einem Gespräch mit IPS. »Sie verlieren beständig an Rechten.«

Geändert werden sollen etliche Klauseln im »Industrial Relations Act« und im »Trade Union Act«, zwei Gesetze aus den Jahren 1967 und 1959. Sie haben Arbeiter bisher vor unbegründeter Entlassung geschützt und Rechte wie das auf gewerkschaftliche Organisation gesichert.

Nach Einschätzung von Experten werden die Änderungsvorschläge, wenn sie umgesetzt werden, größte Schwierigkeiten bei der Bildung von nennenswerten Gewerkschaften nach sich ziehen. In eben diesem Sinne solle die Reform die Gründung von Betriebsgewerkschaften erleichtern und die Arbeitnehmervertretungen auf die Rolle kleiner Clubs ohne nationale Bedeutung reduzieren.

Ferner wird es im Falle einer Annahme der Reformpläne für die Arbeiter schwieriger, gerichtlich gegen eine ungerechtfertigte Entlassung vorzugehen. Vorgesehen ist eine extreme Verkürzung des Zeitraumes, in dem Beschwerde eingelegt werden kann. Hinzu kommen soll u.a. die Bindung der Entlohnung an die Produktivität und eine jährliche Prüfung der Leistung eines Beschäftigten.

»Treten die Änderungen in Kraft, dann mit enormen Verlusten für die Arbeiter und die Gewerkschaften«, kritisierte Arumugam Sivananthan vom malaysischen Gewerkschaftskongreß MTUC. Der Generalsekretär dieser Gewerkschaft, G. Rajasegaran, bezeichnete die geplanten neoliberalen Reformen als »regressiv, repressiv und einen Blanko-Scheck für Arbeitgeber, die Mitarbeiter nach Gutdünken loswerden wollen«.

* Aus: junge Welt, 30. August 2007


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