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Nasheed nimmt auf den Malediven neuen Anlauf

Im Inselreich ist der politische Islam jedoch erstarkt

Von Thomas Berger *

Auch die Bewohner der Malediven sind am heutigen Sonnabend zur Wahl gerufen: Ein neues Staatsoberhaupt ist zu bestimmen.

Mohamed Nasheed gehört zu den Kandidaten, die sich berechtigte Hoffnungen auf das Amt an der Staatsspitze machen können. Es wäre eine Rückkehr: Der nach der »demokratischen Revolution« 2008 gewählte Präsident hatte den Posten vor anderthalb Jahren unfreiwillig räumen müssen. Nach einer Polizeirevolte im Februar 2012 wurde Nasheed durch seinen vormaligen Stellvertreter Mohammed Waheed Hassan ersetzt, der sich nun vom Wähler legitimieren lassen will, dem aber wenig Chancen eingeräumt werden. Der 46-jährige Nasheed, der während der fast dreißigjährigen autokratischen Herrschaft seines Vorgängers Maumoon Abdul Gayoom mehr als ein Dutzend Mal im Gefängnis saß, steht für das liberale Gesicht der Republik im Indischen Ozean. Doch gerade sein Eintreten für eine weltoffene, multikulturelle Gesellschaft und religiöse Toleranz spaltet die Nation, die ganz überwiegend muslimisch geprägt ist. Die meisten seiner Konkurrenten, wenngleich selbst nicht unbedingt fundamentalistisch eingestellt, haben doch einiges für das Erstarken islamistischer Tendenzen getan.

So fiel Mohamed Jameel Ahmed durch eine Hetzschrift auf, in der er Nasheeds ehemaliger Regierung unterstellte, »von Juden und christlichen Priestern ferngesteuert« zu sein. Jameel tritt als Vize im Gespann mit Abdullah Yameen an, dem Kandidaten der neuen Fortschrittlichen Partei (PPM). Der wiederum ist Halbbruder von Expräsident Gayoom, der hinter den Kulissen noch immer viele Fäden zieht. Falls keiner der Bewerber in der ersten Runde über 50 Prozent kommt, könnte Yameen es mindestens in die Stichwahl schaffen.

Gleiches wird Gasim Ibrahim zugetraut, der für die konservativ-religiöse Jumhooree Party (JP) ins Rennen geht. Ibrahim ist der reichste Mann des Landes, sein Vermögen wird auf eine halbe Milliarde Dollar geschätzt. In seiner Amtszeit als Finanzminister (2005 – 2008) fiel er vor allem dadurch auf, dass er über die Staatsbank hohe Kredite an seine eigene Villa Group vergab.

Indische Wahlbeobachter sollen darauf achten, dass bei dieser Wahl alles mit rechten Dingen zugeht, insgesamt 240 000 Insulaner sind wahlberechtigt.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 7. September 2013


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