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UN-Einsatz in Mali

"Friedenstruppe" der Vereinten Nationen will westafrikanisches Land stabilisieren. Kritik an Beteiligung tschadischer Truppen

Von Simon Loidl *

Am heutigen Montag beginnt die »friedenssichernde« UN-Mission in Mali. Die United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission in Mali (MINUSMA), wie der sperrige offizielle Name der Operation lautet, wurde am vergangenen Dienstag vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen noch einmal offiziell bestätigt. Bis zu 12600 Blauhelme sollen für die Stabilisierung des Landes sorgen und die Durchführung von Wahlen Ende Juli sicherstellen. Frankreich, dessen Streitkräfte am 1. Juli das Kommando an die UN-Truppe übergeben, kündigte an, im August mit dem Abzug seiner etwa 3000 Soldaten zu beginnen.

Im Januar hatte Paris mit der »Operation Serval« einen Angriff auf den Norden Malis begonnen, wo aufständische Tuaregs und islamistische Gruppen die Kontrolle übernommen hatten. Mehrere afrikanische Länder entsandten ebenfalls Truppenkontingente und kämpften im Rahmen der »African-led International Support Mission to Mali« (AFISMA) an der Seite der Franzosen.

Mitte Juni wurde in Burkina Faso ein Friedensabkommen zwischen der provisorischen Regierung Malis und der Rebellengruppe »Nationale Bewegung für die Befreiung des Azawad« (MNLA) unterzeichnet. Die MNLA hält nach wie vor die Stadt Kidal. Der Vertrag sieht vor, daß die Präsidentschaftswahlen dennoch bereits Ende Juli im ganzen Land abgehalten werden – auch in Kidal.

In der vergangenen Woche hatte der für die UN-Friedenstruppen zuständige Herve Ladsous angekündigt, daß der MINUSMA-Einsatz mit zunächst 6000 Soldaten beginnen werde. Diese sollen zusammen mit malischen Sicherheitskräften Patrouillen durchführen sowie deren Ausbildung sicherstellen. Der überwiegende Teil der UN-Soldaten wird von afrikanischen Ländern gestellt. Aber auch die BRD bleibt im Einsatz. Hatte die Bundeswehr schon den französischen Angriff mit Lufttransportern und Betankung logistisch unterstützt, sollen auch unter UN-Führung weiterhin bis zu 150 deutsche Soldaten in Mali stationiert bleiben.

Angehörige der tschadischen Armee, die zusammen mit französischen und malischen Streitkräften maßgeblich an den Kämpfen gegen die Aufständischen beteiligt waren, sollen ebenfalls Teil der Blauhelmtruppen werden. Die tschadischen Kräfte waren nicht Teil des AFISMA-Kontingents, sondern direkt in die französischen Kommandostrukturen eingegliedert. Ihr Einsatz hat indes zu Kritik von Menschenrechtsgruppen geführt. Die Plattform »Watchlist on Children and Armed Conflict« machte darauf aufmerksam, daß der Tschad von der UNO nach wie vor als Land geführt wird, in dem Kindersoldaten rekrutiert würden. Tatsächlich taucht der Tschad in dem einmal jährlich vom UN-Generalsekretär veröffentlichten Bericht zur Situation von Kindern in bewaffneten Konflikten auf. In dem Mitte Mai erschienenen Papier heißt es zwar, daß das Land im vergangenen Jahr die Rekrutierung von Kindern nicht offiziell betrieben hat, dennoch gebe es nach wie vor Fälle von Anwerbung Minderjähriger. So seien beispielsweise 34 Kinder in Trainingslagern der Armee aufgefunden worden. Vor diesem Hintergrund wäre die Integration tschadischer Soldaten in die Blauhelmtruppe eine »gefährliche und richtungsweisende Maßnahme«, so »Watchlist«.

Seitens der Vereinten Nationen hieß es zu den Vorwürfen, daß dem Tschad und anderen an der Mission teilnehmenden Ländern eine viermonatige Übergangsfrist gewährt werde, innerhalb derer sie UN-Standards erreichen müßten, zitierte die Washington Post UN-Sprecher Eduardo del Buey. Die UN-Sonderbeauftragte für »Kinder und bewaffnete Konflikte«, Leila Zerrougui, erklärte zu den Vorwürfen, daß die Teilnahme des Tschad an der militärischen Mission in Mali eine Möglichkeit für das Land sei, sein Engagement beim Schutz von Kindern zu auszubauen.

* Aus: junge Welt, Montag, 1. Juli 2013

Zur Resolution 2100 (2013)

Dem Mandat zur Entsendung von "Blauhelmen" liegt eine Resolution des UN-Sicherheitsrats zu Grunde, die am 25. April 2013 verabschiedet wurde: "Stabilisierung wichtiger Bevölkerungszentren und Unterstützung zur Wiederherstellung der staatlichen Autorität im gesamten Land"
Resolution 2100 (2013) des UN-Sicherheitsrats, verabschiedet am 25. April 2013



UNO-Mission in Mali

Blauhelmsoldaten sichern Norden des Landes **

UN-Blauhelmsoldaten haben am Montag die Verantwortung für die Sicherheit im Norden Malis übernommen.

Die UN-Mission zur Stabilisierung Malis (MINUSMA) löste bei einer Zeremonie in der Hauptstadt Bamako die afrikanische Schutztruppe AFISMA ab. Diese war nach der französischen Militärintervention gegen die Islamisten im Norden des Landes im Januar entsandt worden. Die 6300 Soldaten der AFISMA gehen in der neuen Schutztruppe auf. Sie soll unter dem Kommando des ruandischen Generals Jean-Bosco Kazura bis Jahresende mehr als 12 600 Soldaten umfassen. Die Blauhelmsoldaten sollen insbesondere die Präsidentschaftswahl absichern, die für den 28. Juli geplant ist. Allerdings bestehen Zweifel, dass die Abstimmung rechtzeitig organisiert werden kann.

Tuareg-Rebellen und Islamisten hatten nach einem Putsch unzufriedener Soldaten im März 2012 den Norden Malis unter ihre Kontrolle gebracht. Die Islamisten verdrängten dann die Tuareg-Rebellen und führten in dem Gebiet das islamische Recht ein. Eine französische Militärintervention stoppte in diesem Januar schließlich den Vormarsch der Islamisten Richtung Süden.

Derweil können die Vereinten Nationen in den nächsten zwölf Monaten 5,8 Milliarden Euro für ihre Friedenssoldaten ausgeben. Der Haushaltsausschuss der Vollversammlung genehmigte in seiner letzten Tagung der einjährigen Sitzungsperiode die gut 7,5 Milliarden Dollar für die Blauhelm-Truppen, wie der Ausschussvorsitzende, der deutsche Botschafter Miguel Berger, am Sonntag sagte. Das sind 200 Millionen Dollar mehr als in den gerade abgelaufenen zwölf Monaten – aber gut 100 Millionen weniger als von Generalsekretär Ban Ki Moon beantragt. »Teilweise schwierige Verhandlungen haben schließlich zu einem ausgewogenen Ergebnis geführt«, sagte Berger. »Der Etat hat nun eine gute Balance zwischen der Unterstützung der Friedenssoldaten und der Haushaltsdisziplin in Zeiten finanzieller Zurückhaltung.«

** Aus: neues deutschland, Dienstag, 2. Juli 2013


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