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Wenn's um die Kohle geht

Streit um neue Kraftwerke im Inselstaat Mauritius

Von Armin Osmanovic *

Auf Mauritius, der Inselgruppe im Indischen Ozean mit ihren rund 1,3 Millionen Einwohnern, tobt ein heftiger Streit um ein geplantes Kohlekraftwerk.

Mauritius braucht für seine wachsende Wirtschaft mehr Strom, meint zumindest die Regierung um Ministerpräsident Navin Ramgoolam (Labour Party). Südlich der Hauptstadt Port Louis, nahe dem Städtchen Albion, soll ab 2015 ein neues Kohlekraftwerk ca. 100 Megawatt Strom liefern. Die Kohle dafür soll per Schiff aus Südafrika kommen und dann vom Hafen mittels Lastwagen zum knapp zehn Kilometer entfernten Albion transportiert werden. Weitere Kohlekraftwerke sollen folgen.

Schon heute wird Kohle aus Südafrika auf Mauritius verstromt. Immer dann, wenn es nicht genügend Bagasse gibt. Das sind die Überreste der Zuckerproduktion aus Zuckerrohr, das auf der Insel angebaut wird. Über Jahrzehnte hat die Zuckerindustrie die Wirtschaft des Archipels bestimmt. Seit der EU-Zuckerreform sind viele Fabriken geschlossen worden. Die verbliebenen haben sich mit der Stromproduktion aus Bagasse und Kohle eine lukrative Einnahmequelle erschlossen, ohne die sie kaum überleben könnten.

Daneben gibt es viele kleine Stromgeneratoren auf Diesel- und Kerosinbasis und einen kleinen Anteil Wasserkraftstrom. Windkraft und Solarstrom spielen bislang keine nennenswerte Rolle. Etwa 25 000 Haushalte nutzen immerhin die Kraft der Sonne für die Warmwasserversorgung.

Eigentlich will die Regierung wegen der bedeutenden Tourismusindustrie das saubere Image der Insel fördern. Dafür steht u.a. der Plan »Nachhaltiges Mauritius «. Warum also ausgerechnet hier, zwischen Palmen und Meer, ein Kohlekraftwerk?

Die im »Komitee für Erneuerbare Energie« (Kreolisch: Komité pu Lenerzi Renuvlab, KLR) vereinten Gegner der Kohlekraftwerke machen neben der Skepsis der Politik gegenüber den erneuerbaren Energiequellen wirtschaftliche Interessen für die Kohlepläne verantwortlich. Im Komitee vermutet man angesichts der undurchsichtigen Eigentümerstrukturen des Unternehmens CT Power, welches das Kohlekraftwerk betreiben soll, dass auch Politiker vom geplanten Kohlekraftwerk profitieren.

Das Komitee drängt auf die komplette Einhaltung der für den Bau des Kraftwerks vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung. Damit hofft man die Pläne stoppen zu können. Gleichzeitig will man selbst mit einem eigenen Energieplan in die Offensive gehen. Bis Ende des Jahres soll ein Papier vorliegen, das die Alternativen zur Kohleverstromung deutlich macht. Denn den Aktivisten um Jeff Lingaya, der aus Protest gegen das Kraftwerk im Dezember für mehrere Tage in den Hungerstreik getreten war, geht es neben einer sauberen Umwelt auch um mehr Arbeitsplätze auf der Insel. Sie sehen in der Nutzung von Wind- und Sonnenkraft alternative Einnahmequellen für viele Hunderte Kleinbauern auf der Insel, welche wegen der EU-Zuckerreform ihre Arbeit verloren haben.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 2. April 2013

Mauritius

Mauritius ist ein Inselstaat im südwestlichen Indischen Ozean unweit von Madagaskar. Ähnlich wie die zu Frankreich gehörende Nachbarinsel Reunion sind die beiden Hauptinseln Mauritius und Rodriguez vulkanischen Ursprungs, während die zum Staatsgebiet zählenden Agalega- und Cargados-Carajos-Inseln aus Korallenriffen bestehen. Die reichlich eine Million Einwohner der früheren britischen Kolonie leben vom Zuckerrohranbau, der Textilindustrie und dem Tourismus.




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