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Tränengas gegen Lehrer

Verletzte bei Protestcamp-Räumung in Mexiko *

Mehrere Polizeihundertschaften haben am Freitag einen von streikenden Lehrern besetzten Platz in Mexiko-Stadt gewaltsam geräumt.

Nach Ablauf eines Ultimatums gingen Sicherheitskräfte mit gepanzerten Fahrzeugen, Wasserwerfern und Tränengas gegen rund 200 Demonstranten vor, die sich hartnäckig einer umstrittenen Bildungsreform der Regierung widersetzten. Die Polizei nahm nach eigenen Angaben 29 »Anarchisten« fest und sprach von elf verletzten Beamten. Laut Rotem Kreuz wurden mindestens 29 Regierungskritiker verletzt.

Das Zeltlager im historischen Zentrum der Millionenmetropole war vor drei Wochen errichtet worden und wurde nun auf Geheiß der Staatsführung vor den Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag am Sonntag und Montag abgerissen. Der Räumungseinsatz begann wenige Minuten, nachdem die Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto die Einladungen zum Unabhängigkeitsfest auf dem Zocalo-Platz verschickt hatte.

Ursprünglich hatten sich mehrere Tausend Lehrer in der Zeltstadt niedergelassen, doch bis auf einen harten Kern zogen sich die meisten von ihnen vor dem Polizeieinsatz zurück. Einige errichteten jedoch Barrikaden mit Metallgittern in umliegenden Straßen. Anrückende Sicherheitskräfte wurden mit Steinen und Brandsätzen beworfen, in anderen Straßen der Großstadt setzten sich die Proteste fort: Hunderte Demonstranten gingen dort teils mit Knüppeln auf Polizisten los. Diese feuerten mit Tränengasgranaten zurück.

Am Zocalo-Platz liegen unter anderem der Nationalpalast, aztekische Ruinen und die Kathedrale der Millionenstadt. Am Montag ist eine Militärparade geplant. Reinigungskräfte machten sich nach der Räumung des Platzes umgehend daran, Zelte und Müll zu entfernen.

Mit ihren Aktionen haben die Lehrer immer wieder massive Verkehrsbehinderungen in der Metropole verursacht. Vorigen Monat hatten sich deshalb 59 Prozent der Stadtbewohner in einer Umfrage der Zeitung »Reforma« für eine gewaltsame Räumung des Platzes ausgesprochen. Entflammt hatte sich die Wut der Lehrer an einer strittigen Bildungsreform.

* Aus: neues deutschland, Montag, 16. September 2013


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