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Vorsprung bestätigt

Mexiko: Weiterhin Vorwürfe des Wahlbetrugs gegen PRI-Kandidaten Peña Nieto

Von Martin Mrochen, Mexiko-Stadt *

Am Wochenende haben Zehntausende Menschen in Mexiko-Stadt gegen den mutmaßlichen Sieger der Präsidentenwahl vom 1. Juli, Enrique Peña Nieto von der Institutionellen Revolutionären Partei (PRI) demonstriert. Sie werfen ihm Wahlbetrug vor. Die mexikanische Wahlbehörde IFE hatte am Freitag morgen (Ortszeit) das Endergebnis der Stimmauszählung aller 300 Wahldistrikte bekanntgegeben. Den Zahlen zufolge liegt Peña Nieto mit 38,21 Prozent der Stimmen klar vor Andrés Manuel López Obrador der linksgerichteten Partei der Demokratischen Revolution (PRD), für den 31,59 Prozent der Wahlberechtigten votierten. Bei den Berechnungen wurde eine Neuzählung von 54,5 Prozent aller Stimmen berücksichtigt, die nach einem Antrag López Obradors veranlaßt worden war.

Auch wenn eine Annullierung der Wahlen unwahrscheinlich ist, wurde damit noch keine endgültige Entscheidung darüber, wer das Präsidentenamt in Mexiko bekleiden wird, verkündet. Laut Aussage des Ratsmitgliedes des IFE María Elizondo Gasperín sollten vor etwaigen Siegesfeiern die Urteile der zuständigen Behörden über Anfechtungen und Manipulationsvorwürfe abgewartet werden. Die offizielle Benennung des Wahlsiegers und damit des künftigen Präsidenten erfolgt am 6. September durch das mexikanische Wahlgericht (Tribunal Electoral del Poder Judicial de la Federación). Für den Amtsantritt ist laut Gesetz der 1. Dezember vorgesehen.

Bereits unmittelbar nach der Abstimmung hatten zahlreiche Regierungen aus aller Welt Peña Nieto mit Glückwünschen zum Sieger erklärt. Zu den Gratulanten gehören seit Freitag auch der kubanische Präsident Rául Castro und der kürzlich zum französischen Regierungschef gewählte François Hollande.

Dennoch gibt der Kandidat der gemäßigt linken PRD nicht auf: López Obrador betonte vergangene Woche mehrfach, alle im Rahmen des Gesetzes möglichen Schritte zu unternehmen, um das Ergebnis der Wahlen anzufechten: »Die PRI hat Millionen von Stimmen gekauft«, sagte er in einer Pressekonferenz am Freitag. Aufsehen erregte die für die Veranstaltung gewählte Dekoration: Das Pult der Redner sowie die daneben befindlichen Säulen waren komplett mit Prepaid-Karten einer bekannten mexikanischen Supermarktkette beklebt. Der PRI wurde vorgeworfen, mit diesen Karten im Wert bis zu umgerechnet 60 Euro vor der Wahl Stimmenkauf betrieben zu haben. Bereits mehrere der Supermärkte wurden diese Woche aus Gründen der »öffentlichen Sicherheit« geschlossen. Enttäuschte Bürger sollen López Obrador die Karten gegeben haben.

Auch der promovierte Wahlrechtsforscher John Ackerman der Nationalen Autonomen Universität Mexikos (UNAM) kritisiert den Ablauf des diesjährigen Präsidentschaftvotums und betont die Notwendigkeit, jeden Fall von Wahlbetrug genau zu überprüfen. Laut dem Universitätsprofessor sei es schwer, einen Vorsprung von sechs bis sieben Prozentpunkten aufzuholen. Dennoch wäre es »schlecht für die demokratische Gesundheit«, sollten die Wahldelikte nicht sanktioniert werden.

* Aus: Junge Welt, Montag, 9. Juli 2012


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