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Megaprojekte für Mosambiks Wirtschaft

Großkonzerne investieren in Wirtschaft, Rohstoffgewinnung und Tourismusindustrie

Von Armin Osmanovic *

Mosambik gilt als aufstrebender Stern an Afrikas Himmel. Ausländische Investoren haben Bergbau, Landwirtschaft und Tourismus als Betätigungsfelder entdeckt. Armut und Kriegsschäden bereiten aber noch Probleme.

Mosambiks Wirtschaft zählt seit Jahren zu den dynamischsten Volkswirtschaften Afrikas. Seit dem Jahr 2000 lag das Wachstum pro Jahr im Schnitt bei 8 Prozent, im Krisenjahr 2009 wuchs die Wirtschaft um 6,1 Prozent. Bei den Gebern von Entwicklungshilfe, die über 50 Prozent des Staatshaushaltes finanzieren, zählt das Land zu den afrikanischen Erfolgsfällen. Flut in Pakistan

Angetrieben wird Mosambiks Wachstum durch Megaprojekte im Bergbau. Ausländische Investoren sind vor allem an der Ausbeutung der Kohle-, Erz- und Gaslagerstätten interessiert. Der brasilianische Bergbaugigant Vale und das australische Unternehmen Riversdale Mining investieren 1,3 bzw. 1 Milliarde US-Dollar in den Kohleabbau. Zu den Investoren zählt auch das Indische Staatsunternehmen Coal India und der britisch-australische Bergbaukonzern Rio Tinto, der den Abbau von Mineralerzen im Süden der Gaza Provinz plant.

Im Rovuma Becken an der Grenze zu Tansania meldete die US-amerikanische Firma Anadarko Anfang 2010 die Entdeckung einer großen Gaslagerstätte. Südafrikas Energiekonzern Sasol pumpt seit Jahren Gas über eine neu errichtete 865 Kilometer lange Pipeline aus Mosambik nach Südafrika.

Um den wachsenden Energiehunger in Johannesburg und anderswo im südlichen Afrika zu stillen, plant das staatliche Wasserkraftunternehmen Hidroeléctrico de Cahora Bassa, in das Wasserkraftwerk Cahora Bassa 800 Millionen US-Dollar zu investieren. Afrikas zweitgrößter Damm, der den Sambesi aufstaut, produziert derzeit 2000 Megawatt; die maximale Energiemenge, die mit neuester Technik produziert werden könnte, beträgt 14 000 Megawatt.

Neben Bergbau und Energiegewinnung lockt die Landwirtschaft ausländische Investoren an. Weiße Farmer aus Simbabwe, die ihr Land wegen Robert Mugabes Landreform verlassen haben, bewirtschaften nahe der Grenze zu Simbabwe Tete Ländereien. Dort pflanzen sie Mais und Gemüse an.

Neue Megaprojekte ausländischer Investoren zielen auf die Produktion von Biotreibstoffen, deren Anbau staatlich gefördert wird. Enerterra, ein portugiesisch-mosambikanisches Unternehmen, investiert 53 Millionen US-Dollar in eine 20 000 Hektar große Plantage für die zur Biotreibstoffgewinnung verwendeten Jatropha-Pflanzen in der Region Sofala. Größter Investor 2009 ist Norwegen mit zwei Farmprojekten.

Der Tourismus, weitgehend in der Hand südafrikanischer und europäischer Investoren, boomt ebenfalls. Waren die Traumstrände bis vor Kurzem vor allem ein Paradies für Rucksacktouristen, dominieren heute hochpreisige Hotels in der Tourismusregion Inhambane, die vor allem südafrikanische Touristen anlocken.

Der Staat feuert mit seinen Investitionen in die Infrastruktur, wie den Bau einer Brücke über den Sambesi, den Ausbau der Häfen, Straßen und Schienen, ebenfalls das Wachstum an. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf hat sich in den vergangenen Jahren auf 900 US-Dollar verdoppelt, doch noch liegt das Land weit hinter dem afrikanischen Durchschnitt.

Der neue Reichtum ist sehr ungleich verteilt. Die kleine Oberklasse und die sich entwickelnde Mittelklasse sind vor allem in Maputo zu finden. Auf dem Land ist die Armut weiterhin groß. Aber auch in den großen Städten verharren viele Menschen in Armut.

Seit Mittwoch (1. Sep.) gibt es in Maputo Proteste gegen die Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmittel und Benzin. Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei starben nach Regierungsangaben sieben Menschen. Die Regierung sieht keine Möglichkeit die Erhöhungen zurückzunehmen, da der Haushalt wegen stark gestiegener Importpreise und der Zurückhaltung einiger Geberländer stark belastet ist.

Kritiker bemängeln, dass die seit der Unabhängigkeit 1975 regierende FRELIMO sich zu sehr auf Megaprojekte konzentriere und die Armen vernachlässige. Zu wenig werde ins schwache Bildungssystem investiert. Aber auch die kritischen Stimmen verweisen auf das schwere Erbe des jahrelangen Bürgerkriegs.

* Aus: Neues Deutschland, 6. September 2010


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