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RENAMO greift zum Terror

Moçambique: Opposition verübt tödliche Anschläge auf Rohstoffroute. Mehr Macht gefordert

Von Stefanie Schams/Christian Selz *

Nach mehreren Anschlägen auf Busse und LKW in der zentralen Provinz Sofala geht in Moçambique die Angst vor einer neuerlichen Destabilisierung des Landes um. Ein LKW-Fahrer und ein weiterer Passagier starben am Freitag bei einem Angriff der in den 70er Jahren durch die rassistischen, weißen Regime Südafrikas und Rhodesiens aufgebauten Resistência Nacional Moçambicana (RENAMO). Insgesamt kostete deren neuerliche Offensive nach Informationen von Reuters Africa seit April mindestens 14 Menschenleben. Die Regierung in Maputo regierte inzwischen mit Militärkonvois zum Schutz von Zivilfahrzeugen.

Die konterrevolutionäre RENAMO und die ehemals marxistische Befreiungsbewegung Frente de Libertação de Moçambique (FRELIMO), die Moçambique seit dem Ende der portugiesischen Kolonialherrschaft 1975 regiert, standen sich bis 1992 in einem sechzehnjährigen Bürgerkrieg gegenüber. Seitdem erlebte das südostafrikanische Land einen langsamen, aber friedlichen Wiederaufbau seiner Wirtschaft. Der ist durch die neuerliche Zuspitzung des Konflikts nun bedroht. Die RENAMO, seit den Wahlen von 1994 stärkste Oppositionspartei in Moçambique, verliert politisch seit Jahren an Bedeutung und könnte 2014 von der neuen Oppositionspartei Movimento Democrático de Moçambique (MDM) verdrängt werden. Ihr Griff zu den Waffen ist der verzweifelte Versuch der alten Funktionäre, ihre machtpolitische Marginalisierung zu verhindern und von den immer besser erschlossenen Rohstoffvorkommen des Landes zu profitieren. Offiziell verlangt die RENAMO Änderungen des Wahlrechts; die Verhandlungen mit der FRELIMO stagnieren allerdings. Beide Seiten schienen zuletzt eher auf Konfrontationskurs. So war den jüngsten Überfällen die Verhaftung des RENAMO-Sprechers Jeronimo Malagueta vorausgegangen, der seinerseits zuvor eine Blockade der Hauptverkehrswege zwischen den nordwestlich gelegenen Kohlerevieren und dem Hochseehafen Beira angekündigt hatte. Kurz darauf kam es in dem Gebiet tatsächlich zu den Attacken.

Problematisch ist auch, daß die RENAMO keine programmatischen Forderungen vorbringt, sondern lediglich mehr Einflußmöglichkeiten in Regierungsgremien fordert. »Wir hatten ehrlich Probleme zu verstehen, was RENAMO will«, ließ der Chefunterhändler der Regierung, José Pacheco, nach einem Treffen mit der RENAMO-Spitze daher ganz offen wissen. Derweil rief der Sprecher des moçambiquanischen Innenministeriums, Pedro Cossa, die Bevölkerung auf, gegenüber »geplanten und spontanen Attacken sowie Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit wachsam zu sein«. Daß die RENAMO mit ihren Schätzungen zufolge noch rund 1000 bewaffneten Kämpfern einen erneuten Bürgerkrieg anzetteln kann, gilt zwar als unwahrscheinlich, allein die Bedrohung für den Rohstoffsektor könnte jedoch weitreichende Folgen für Moçambique haben. Wie real die Bedrohungen sind, zeigt das Beispiel des Bergbaumultis Rio Tinto. Der Konzern, der die riesigen Kohlevorkommen des Landes ausbeutet, hat nach Angaben des Provinzgouverneurs Rachid Gogo vom Mittwoch seine Exporte aufgrund der unsicheren Bahnverbindung eingestellt.

* Aus: junge welt, Donnerstag, 27. Juni 2013


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