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Mit den Multis gegen den Hunger in Mosambik?

nd-Soliaktion: Kleinbauern im Manjacaze-Distrikt sehen G8-Initiative von Barack Obama mit großer Skepsis

Von Andreas Bohne und Tabea Behnisch *

2012 wurde im Rahmen der G8 die »Neue Allianz für Ernährungssicherung« gestartet. Damit soll Afrikas Landwirtschaft auf Vordermann gebracht werden. Kleinbauern spielen darin die zweite Geige.

Es hört sich traumhaft an: Privatwirtschaftliche Investitionen in Afrikas Landwirtschaft sollen Jobs schaffen und 50 Millionen Menschen aus der Armut befreien – bis 2022. Das sind die Zielsetzungen der 2012 von USA-Präsident Barack Obama lancierten Initiative »Neue Allianz für Ernährungssicherheit.« Auch mit Mosambik wurde ein Partnerschaftsabkommen verabschiedet. So wie die Abkommen formuliert sind, dienen sie allerdings weniger der Bekämpfung von Hunger und Armut als der Absicherung von privatwirtschaftlichen Interessen.

Für die ehrgeizigen Ziele möchte die Allianz alle zusammenbringen: die Regierungen der G8-Staaten, mehr als 80 private Unternehmen der Agrar- und Ernährungsindustrie mit Größen wie BASF oder Monsanto sowie die afrikanischen Regierungen. Auch die deutsche Regierung beteiligt sich im Rahmen der Entwicklungspolitik an der Allianz. Wer jedoch nur in sehr begrenztem Umfang eingebunden wird, sind die direkt betroffenen Kleinbauern und -bäuerinnen und ihre Interessenvertreter.

Bisher wurden Partnerschaftsabkommen mit neun afrikanischen Ländern abgeschlossen. In Mosambik sollen durch die Initiative 3,1 Millionen Menschen aus Armut und Hunger befreit werden. In dem Kooperationsabkommen mit Mosambik wird die Stoßrichtung der Allianz deutlich: Die mosambikanische Regierung soll entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, um private nationale und vor allem internationale Investoren für die landwirtschaftliche Entwicklung zu generieren. Dabei soll sich das Engagement des privaten Sektors vor allem auf die landwirtschaftlichen Inputmärkte wie den Düngemittel- und Saatgutsektor beziehen. In Mosambik soll dazu die Verteilung von frei verfügbarem und nicht modifiziertem Saatgut verboten und Eigentumsrechte an Saatgut geschaffen werden. Infolgedessen würden die Kleinbauern und -bäuerinnen zum Kauf von Saatgut gezwungen und möglicherweise auch gentechnisch verändertes Saatgut verbreitet. Da 80 Prozent der Mosambikaner und Mosambikanerinnen auf dem Land größtenteils von der Subsistenzlandwirtschaft leben, sind gravierende Folgen für ihre Ernährungssituation vorprogrammiert. Derzeit gelten etwa 38 Prozent der mosambikanischen Bevölkerung als unterernährt. Daneben soll auch die Landpolitik reformiert werden, um Besitzsicherheit zu garantieren und InvestorInnen anzuziehen.

Angeblich sollen Kleinbauern und -bäuerinnen von der Initiative profitieren. Dass dies jedoch aufgrund der Schwerpunktsetzung der Initiative gar nicht erreicht werden kann, kritisierte im August 2013 ein Netzwerk, bestehend aus Kleinbauern, indigenen Gemeinschaften und zivilgesellschaftlichen Gruppen aus 50 afrikanischen Ländern. Nach ihrer Auffassung geht es bei der Initiative um die Schaffung investitionsfreundlicher Bedingungen für multinationale Konzerne, um den Zugang zu afrikanischen Märkten für Saatgut und Pestizide sowie zu Land zu erhalten. Kritikwürdig sind auch die Indikatoren, die den Erfolg der Initiative messen sollen. An erster Stelle steht der »Doing Business Index« der Weltbank, welcher vor allem das Investitionsklima bemisst. Dagegen wurden Indikatoren zur Messung der Armuts- und Hungerbekämpfung, wie der Rückgang der Zahl unterernährter Menschen, nur unzureichend berücksichtigt.

Die in den Partnerschaftsabkommen aufgeführten Reformen fördern ein industrielles Agrarmodell, das den Bedürfnissen der Mehrheit der Kleinbauern und -bäuerinnen und den ökologischen Herausforderungen nicht gerecht wird und stattdessen vor allem den Profitinteressen der Konzerne dient. Der gewünschte Absatz patentierten Saatguts, die Einführung von Hybridsaatgut und der Einsatz von Chemikalien zeigen, dass Konzepte der Grünen Revolution wieder aufgenommen werden. Dies entspricht jedoch nicht den Kriterien einer kleinbäuerlichen Landwirtschaft, die der Ernährungssouveränität dient und Armut bekämpft. Wie Luis Muchanga von der mosambikanischen Kleinbauernbewegung UNAC kürzlich in einem Interview zur G8-Initiative betonte: »Für uns sind die Aussichten nicht gut.«

* Tabea Behnisch ist Geschäftsführerin des KoordinierungsKreis Mosambik (KKM), Andreas Bohne ist Projektmanager Afrika bei SODI.

Aus: neues deutschland, Dienstag, 21. Januar 2014



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