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UNO-Generalsekretär "zutiefst enttäuscht"

Ban Ki Moon mit diplomatischer Mission in Myanmar gescheitert / Regime verweigerte Unterredung mit Suu Kyi

Von Thomas Berger *

Selbst beim Bemühen von höchster Stelle schaltet Myanmars Militärregime auf stur. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon musste nach einem zweiten Treffen mit Staatschef Than Shwe sein Scheitern eingestehen.

»Ich bin zutiefst enttäuscht. Ich glaube, man hat eine wichtige Chance verpasst, den Versöhnungsprozess mit den verschiedenen politischen Gruppen fortzusetzen und die anstehenden Wahlen zu legitimieren«, sagte Ban am Sonnabend (4. Juli) in die Mikrofone der Reporter. »Es ist ein Rückschlag für die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, Myanmar zu helfen.« Der UN-Generalsekretär suchte spürbar nach den richtigen Worten, seiner Unzufriedenheit mit dem Ausgang des jüngsten Versuches, die Generale zum Einlenken zu bewegen, Ausdruck zu verleihen.

Bereits am Freitag (3. Juli) hatte es eine zweistündige Unterhaltung mit Than Shwe gegeben, der die oberste Entscheidungsgewalt in allen Belangen in seinen Händen konzentriert. Doch auch nach einem weiteren Gespräch von 30 Minuten am Folgetag in der neuen Hauptstadt Naypyidaw war schließlich klar: Die Junta verweigert Ban ebenso wie zuvor schon dessen Sondergesandten Ibrahim Gambari den Zugang zu Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi.

Die Fortsetzung des Prozesses gegen die inhaftierte Friedensnobelpreisträgerin war am Freitag (3. Juli) abermals vertagt worden, doch diente das Gerichtsverfahren Than Shwe als vorgeschobene Begründung, dem UN-Generalsekretär eine Unterredung mit Suu Kyi nicht zu gestatten. Man wolle die Justiz nicht beeinflussen, hieß es. Unverrichteter Dinge musste Ban somit seinen Weiterflug nach Bangkok antreten, wo er Thailands Premier Abhisit Vejjajiva einen Tag später persönlich vom enttäuschenden (Nicht-)Ergebnis seiner Myanmar-Mission berichtete. In Naypyidaw hatte der Spitzenmann der Vereinten Nationen nur Allgemeinplätze zu hören bekommen. Than Shwe versicherte ihm, dass die für nächstes Jahr geplanten Wahlen, das erste Votum seit 1990, frei und fair verlaufen würden. Seinerzeit allerdings hatte die Junta, die seit 1988 an der Macht ist, der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) nach einem 80-prozentigen Sieg die Früchte des Erfolges verwehrt.

NLD-Parteichefin Suu Kyi hat rund drei Viertel der seither verstrichenen Zeit unter Hausarrest verbracht, der jährlich verlängert wird. Im Mai hatte es geringe Hoffnungen gegeben, dass sie doch noch freikommen könnte, doch ein Vorfall machte diese zunichte. Ein US-Amerikaner hatte es geschafft, in das an sich schwer bewachte Haus der Politikerin zu gelangen, die ihm dort kurzzeitig Unterschlupf gewährte. Beim Verlassen wurde er aber aufgegriffen, und bis heute halten sich Spekulationen, es sei eine fingierte Aktion gewesen.

Jedenfalls steht Suu Kyi, die in einen Sonderbereich des berüchtigten Insein-Gefängnisses verlegt wurde, nun unter Anklage, die Auflagen ihres Hausarrestes durch das Empfangen eines nicht genehmigten Besuchers verletzt zu haben. Ihre Rechtsanwälte beklagen, bei der Verteidigung ihrer Mandantin behindert zu werden, da insgesamt drei von ihnen benannte Entlastungszeugen nicht im Prozess zu Wort kommen dürfen. Lediglich einem Zeugenantrag der Verteidiger ist zugestimmt worden. Suu Kyi, Tochter von Nationalheld Aung San, der einst die Unabhängigkeit von den Briten erkämpfte, droht bei einer Verurteilung eine längere Haftstrafe. Beobachter werten das Gerichtsverfahren als Versuch, sie vor den Wahlen noch wirkungsvoller politisch kaltzustellen.

Mit dem Scheitern des Versuchs von Ban Ki Moon, selbst Bewegung in die Sache zu bringen, hat die UNO vorerst ihr diplomatisches Pulver verschossen. Und die Hardliner unter den Kritikern des Regimes rufen bereits nach einer weiteren Verschärfung der Sanktionen. Diese Möglichkeit brachte zumindest noch am Sonnabend unmittelbar nach der Erklärung des UN-Generalsekretärs vor der Presse Londons Premier Gordon Brown zur Sprache. Man wolle zwar Bans detaillierten Bericht abwarten, aber es scheine, dass die Junta den Weg weiterer Isolation gewählt habe, statt sich an den Prinzipien der Vereinten Nationen zu orientieren.

Ob es für neue Sanktionen einen Konsens im Weltsicherheitsrat gibt, ist aber auch nach der jüngsten Enttäuschung zweifelhaft. Russland und China sehen eine solche Entscheidung generell skeptisch, und selbst der neue US-Präsident Barack Obama hat bisher nicht durchblicken lassen, welchen Stellenwert er dem Fall Myanmar auf seiner politischen Agenda zumisst. Richtige Freunde hat das Militärregime im früheren Burma zwar nicht, aber die südostasiatischen Nachbarn gehören zu denen, die trotz deutlicherer Kritik als zuvor eine Beteiligung an den Sanktionen des Westens ablehnen.

* Aus: Neues Deutschland, 6. Juli 2009


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