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Junta bereichert sich an Gasmilliarden

Menschenrechtsorganisation wirft Regime in Myanmar Wechselkursmanipulationen vor

Von Michael Lenz, Bangkok *

Bereicherung, Korruption und Wechselkursmanipulation – die Vorwürfe der Menschenrechtsorganisation ERI gegen die Regierung Myanmars (Burmas) sind hart: Während das Volk in bitterer Armut leben muss, soll sich die Militärjunta mit Unterstützung internationaler Ölmultis einen Großteil der Einnahmen aus den Erdgasvorkommen des Landes in die eigene Tasche gesteckt haben.

Die myanmarische Militärjunta bereichert sich durch die Manipulation des Wechselkurses der Währung Kyat an den Milliardeneinnahmen aus den reichen Gasvorkommen in Yadana. Drei internationale Öl- und Gasmultis unterstützen bei der Ausbeutung des Gasfeldes Yadana die »Zwangsarbeit und Korruption auf höchster Ebene«. Diesen schweren Vorwurf gegen das französische Unternehmen Total, den US-Konzern Chevron und die thailändische PTT-EP veröffentlichte die Organisation Earthrights International (ERI) in zwei dieser Tage in Bangkok veröffentlichten Studien über die lukrativen Gasgeschäfte.

Die Junta habe rund 4,8 Milliarden US-Dollar durch das Gasprojekt verdient, aber nur einen Bruchteil davon dem Staatshaushalt zugeführt, heißt es in Berichten der vom myanmarischen Dissidenten Ka Hsaw Wa gegründeten ERI. Der Löwenanteil der Summe sei auf Konten von zwei Großbanken in Singapur, Overseas Chinese Banking Corporation sowie DBS Group, versteckt. Ka Hsaw Wa war Ende August in Manila für seinen Kampf gegen die Korruption in Myanmar mit dem »Ramon Magsaysay Preis« ausgezeichnet worden, der als Friedensnobelpreis Asiens gilt.

Im Haushalt verrechnet die Junta die Einnahmen auf der Grundlage des offiziellen, künstlich niedrigen Wechselkurses von etwa sechs Kyat pro Dollar. Die tatsächlichen Einnahmen belaufen sich jedoch weit höher, da bei den in Dollar abgewickelten Geschäften ein Wechselkurs von etwa 1000 Kyat verwendet wird. Ein vertrauliches Gutachten des Internationalen Währungsfonds komme zu ähnlichen Ergebnissen, betonte die Menschenrechtsorganisation. Die Einnahmen aus dem Gasprojekt machten nur ein Prozent der Staatseinnahmen im Jahr 2007/2008 aus, »aber sie könnten 57 Prozent ausmachen, wenn sie zu marktüblichen Wechselkursen bewertet würden«, zitiert ERI aus dem IWF-Gutachten.

Die Informationen über die Konten in Singapur habe man aus »vertraulichen und zuverlässigen Quellen«, sagte ein Sprecher von ERI, ohne diese jedoch zu benennen. Die beiden Banken in Singapur haben die Vorwürfe zurückgewiesen. Der Chef des französischen Mineralölkonzerns Total verteidigte in einem vor Kurzem im Magazin »Newsweek« veröffentlichten Interview die Aktivitäten seines Unternehmens in Myanmar. Dadurch seien die Lebensbedingungen von 50 000 Menschen verbessert worden.

Das Gas aus Yadana wird nach Thailand exportiert, wo es zur Stromproduktion für die Region Bangkok benutzt wird. Es macht nach ERI-Angaben 60 Prozent der myanmarischen Gasexporte nach Thailand aus.

Die EU-Kommission lehnte trotz der Vorwürfe Forderungen internationaler Menschenrechtorganisationen nach Verschärfung der Wirtschaftssanktionen gegen die Junta ab. Auf das Ersuchen nach Einsetzung einer internationalen Kommission zur Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen reagierte Brüssel zurückhaltend. Ein Kommissionssprecher sagte, es sei zwar absehbar, dass die für 2010 in Myanmar vorgesehenen Wahlen nicht frei sein würden. Nötig sei aber ein ausgewogener Ansatz gegenüber der komplexen Lage in dem südostasiatischen Land.

* Aus: Neues Deutschland, 17. Oktober 2009


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