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Riad hievte alten Plan auf neuen Gipfel

Mit einer Nahost-Initiative von 2002 will die Arabische Liga den Friedensprozess voranbringen

Von Karin Leukefeld *

Vor dem Hintergrund neuer Gewalt in Irak ging am Donnerstag (29. März) das Gipfeltreffen der Arabischen Liga in Riad (Saudi-Arabien) zu Ende.

Diskussion und Tagesordnung der Führer aus 21 arabischen Staaten und Palästina (Libyen boykottierte den Gipfel) dominierte die Verabschiedung eines fünf Jahre alten Friedensplans, der von Saudi-Arabien bereits 2002 in Beirut vorgelegt worden war. Damals hatten weder Washington noch Tel Aviv darauf reagiert. Der Plan bietet Israel normale Beziehungen an, sofern alle 1967 besetzten Gebiete Palästinas geräumt, ein palästinensischer Staat mit Ostjerusalem als Hauptstadt anerkannt und die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge nach 1948 zugelassen wird. Fast wortgleich wurde der Plan nun erneut von den arabischen Staaten verabschiedet, obwohl Israel schon im Vorfeld seine Vorbehalte deutlich gemacht hat.

Vor allem der Status von Ostjerusalem und die Rückkehr der Vertriebenen werden von Israel abgelehnt. Einziger Fortschritt scheint zu sein, dass man in Washington und Tel Aviv heute überhaupt über den Plan spricht. Zu den schärfsten Kritikern der alten und neuen Friedensinitiative gehört Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi, der dem Gipfel in Riad fernblieb. Es sei der Mühe nicht wert, sich zu treffen, so Gaddafi im Fernsehsender Al-Dschasira. Tagesordnung und Ergebnisse seien ohnehin von Washington bestimmt.

Die Abschlusserklärung war von den arabischen Außenministern vorbereitet worden. Die Forderung nach einem USA-Truppenabzug aus Irak fehlt. In Sachen Libanon werden ein 7-Punkte-Plan der Regierung und das internationale Tribunal zur Untersuchung des Mordes an Rafik Hariri unterstützt, in Sachen Syrien werden die USA aufgefordert, ihre Politik gegenüber Damaskus zu überdenken. Bei einem weiteren Treffen soll diskutiert werden, wie der Nahe Osten zu einer Region ohne atomare und andere Massenvernichtungswaffen werden kann. Die Nutzung der Atomenergie im Rahmen von internationalen Verträgen wird ausdrücklich begrüßt.

Die Position Saudi-Arabiens als diesjähriger Gastgeber des arabischen Gipfels bleibt widersprüchlich. Einerseits gilt das Königshaus nach wie vor als enger Verbündeter der USA, andererseits spart König Abdullah nicht mit Kritik an der USA-Administration. Bei seiner Eröffnungsrede verurteilte er die Besetzung Iraks als »illegitim« und forderte den Westen auf, den Boykott gegen die Palästinenser aufzuheben. Seit dem 11. September 2001 steht das saudische Königshaus unter enormem Druck, zumal sich unter den Attentätern junge Männer saudischer Abstammung befanden. Osama Bin Laden, der für die Anschläge verantwortlich gemacht wurde, ist ebenfalls Saudi. Mit Zustimmung der USA-Administration war sein Netzwerk Al-Qaida in den 80er Jahren im Kampf gegen die sowjetische Besetzung Afghanistans vom saudischen Königshaus finanziert worden.

Nach dem 11. September stoppte Riad das Geld und verfolgte Bin Ladens Mittelsmänner in Saudi- Arabien. Das erhöhte innenpolitisch den Druck der dogmatischen Wahhabiten, zu denen Bin Ladens Bewegung zählt. Sie kritisieren die Nähe des Königshauses zu den USA, insbesondere die Stationierung von USA-Soldaten in Saudi-Arabien. Seit seinem Amtsantritt 2005 versucht König Abdullah, auf Distanz zu den USA zu gehen, was aufgrund der engen wirtschaftlichen Verflechtungen von USA-Firmen und dem Königshaus schwer ist. Je katastrophaler sich die USABesetzung in Irak entwickelt, desto eigenständiger agiert König Abdullah regional. In wichtigen Bereichen zeigte er in den letzten Monaten großes diplomatisches Geschick, unterfüttert mit finanziellen Anreizen. Die Führer von Hamas und Fatah einigten sich durch seine Vermittlung auf ein Abkommen zur nationalen Einheit.

* Aus: Neues Deutschland, 30. März 2007


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