Kulanter Bush im Königreich
Saudi-arabische Terroristenhilfe kein Thema des Präsidentenbesuchs
Von Alfred Hackensberger, Tanger *
Für George W. Bush war der Besuch in Saudi-Arabien ganz sicher eine Geduldsprobe. Statt starker
Worte über Terrorismus und die Achse des Bösen, musste sich der US-Präsident im Land des
führenden Erdölexporteurs diplomatisch zurückhalten. Er monierte nur ein wenig den hohen Ölpreis
und versprach ansonsten König Abdullah modernste Waffensysteme im Wert von 20 Milliarden
Dollar.
Dabei hätte Bush seinem saudischen Gastgeber wohl einiges mehr zu sagen gehabt. Denn seit
Jahrzehnten unterstützen Geldgeber aus Saudi-Arabien islamistische Terrorgruppen. In den 80er
Jahren finanzierte man den Kampf der Mudschaheddin in Afghanistan gegen die Sowjetunion, was
den USA damals sehr willkommen war.
Aber aus der Unterstützung der afghanischen Guerilla-Gruppen entwickelte sich ein Finanznetzwerk
von Hilfsorganisationen, die bis heute islamistische Terroristen unterstützen. Es ist auch kein
Geheimnis, dass aus Saudi-Arabien Jahr für Jahr Millionen Dollar an palästinensische Gruppen
gehen. Allen voran an die radikal-religiöse Hamas, die stärkste Opposition zu Präsident Mahmud
Abbas, dem Verbündeten der USA im Friedensprozess mit Israel.
»Wenn ich einfach mit dem Finger schnippen könnte, um den Geldfluss an Terroristen zu stoppen«,
sagte Stuart Levey, im US-Schatzamt zuständig für den Kampf gegen Terrorismus, »wäre das zu
allererst die Finanzierung aus Saudi-Arabien.« Von den Millionen, die an saudische
Hilfsorganisationen gespendet werden, soll auch ein Teil nach Irak zu sunnitischen
Widerstandsgruppen gehen. »Ohne Zweifel geht Geld nach Irak. Aber auch nach Südostasien und
an jeden anderen Ort, wo es Terroristen gibt«, so Levey.
Wie viel Geld wohin geschickt wird, kann nur geschätzt werden. Letzte Zahlen wurden 2002 in
einem Bericht der USA dem Sicherheitsrat der UNO vorgelegt. Innerhalb des vorausgegangenen
Jahrzehnts sollen es zwischen 200 und 300 Millionen Euro gewesen sein, die überwiegend von
saudischen Organisationen und privaten Spendern an Terrorgruppen gegangen sein sollen. Seit
dem Beginn des Irak-Kriegs dürften es weitaus höhere Summen sein. Vor drei Jahren hatte Saudi-
Arabien zwar eine Kommission angekündigt, die den Spendenfluss überwachen soll. Bis heute hat
diese Kommission ihre Arbeit noch nicht begonnen.
Für Saudi-Arabien machte sich die Unterstützung von Terroristen, gerade in Irak, hinreichend
bezahlt. Im Jahr 2002 hatte das Königreich ein Haushaltsdefizit von 5,5 Milliarden Dollar. Erst der
Irak-Krieg, der die Ölpreise mittlerweile auf über 100 Dollar trieb, brachte Saudi-Arabien wieder
positive Zahlen. Bis 2006 kletterte der Überschuss von 26,2 Milliarden (2004) und 57,1 Milliarden
(2005) auf 70,7 Milliarden Dollar. Verständlich, dass saudische Behörden nur widerwillig Finanziers
von Terrororganisationen verfolgen. Wohlgemerkt Finanziers von ausländischen Gruppen, bei
lokalen radikal-islamistischen Militanten wird mit harter Hand durchgegriffen. Immer wieder werden
radikale Islamisten im Königreich verhaftet. Zu Hunderten sitzen sie in Gefängnissen, werden aber
wieder freigelassen, sobald sie ein Umerziehungsprogramm absolvieren, das von führenden
Geistlichen geleitet wird. Nach der Entlassung der Bekehrten ist die Regierung bei der sozialen
Integration behilflich. Wie die saudische Tageszeitung »Al Watan« berichtete, wurden insgesamt
rund 200 Millionen Euro an Ex-Häftlinge und ihre Familien ausbezahlt. Die Gelder wurden genutzt,
um Schulden zurückzuzahlen, für Krankenversicherungen, Hochzeitsfeiern oder um ein Auto bei der
Freilassung zu besitzen.
Der Oberste Richter des Landes, Sheik Saleh al-Luhaidan, wurde 2004 in einer Moschee
aufgenommen, als er junge Leute ermutigte, in Irak zu kämpfen. Es sei zwar wegen der »teuflischen
Satelliten« schwieriger geworden, nach Irak zu kommen, »aber wer am Kampf teilnehmen und das
Wort Gottes preisen will«, solle das ruhig tun. Von alldem erwähnte US-Präsident Bush bei seinem
Besuch kein Wort. Die USA setzten auf Saudi-Arabien als Gegenspieler zu Iran. In der Organisation
der Erdöl exportierenden Länder (OPEC) verhindert das saudische Königreich eine Umstellung des
Ölmarktes von Dollar auf Euro, was der US-Ökonomie eine Rezession bescheren würde. Dafür hüllt
sich der US-Präsident offensichtlich gerne in Schweigen, selbst, wenn seine Soldaten in Irak von
Waffen, die von saudischen Geldern bezahlt wurden, getötet werden.
Bush war am Montag (14. Jan.) zu seinem ersten offiziellen Besuch in Saudi-Arabien eingetroffen. Bei einem
ersten Treffen mit König Abdullah ging es laut einem Bericht der saudi-arabischen
Nachrichtenagentur SPA um den Nahost-Friedensprozess, die Situation in Irak und den
internationalen Kampf gegen den Terror. Über mögliche Vereinbarungen wurde nichts bekannt.
Außerdem verlieh der Monarch dem Präsidenten die höchste Auszeichnung seines Landes für
ausländische Staats- und Regierungschefs.
* Aus: Neues Deutschland, 16. Januar 2008
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