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Clinton rudert zurück

Treffen mit arabischen Außenministern in Marrakesch

Von Karin Leukefeld *

Scharfe Kritik an ihren Äußerungen zum israelischen Siedlungsbau hat US-Außenministerin Hillary Clinton zurückrudern lassen. Bei dem Treffen mit arabischen Außenministern und dem Vorsitzenden der Arabischen Liga, Amr Moussa, am Dienstag in Marrakesch (Marokko), versuchte Clinton ihr tags zuvor ausgesprochenes Lob für angebliche israelische Zugeständnisse zurückzunehmen. Statt dessen betonte sie, die USA seien sehr unzufrieden mit dem Siedlungsbau und betrachteten ihn als illegal. Eigentlich hatte Clinton auf dem Treffen in Marrakesch für mehr Zusammenarbeit der arabischen Staaten mit Israel werben wollen, statt dessen schlug ihr eine Mauer des Schweigens entgegen, die sie versuchte, mit einer Reihe von Einzelgesprächen und einer Pressekonferenz zu durchbrechen. Clinton verlängerte ihren Besuch in der Region, um den verärgerten ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak in Kairo zu beruhigen. Mubarak hatte in einer gemeinsamen Erklärung mit dem jordanischen König Abdullah II. den israelischen Siedlungsbau als »unlogisch und hinderlich für einen Friedensprozeß« bezeichnet. US-Sondervermittler George Mitchell reiste bereits nach Amman, um bei König Abdullah die Wogen über die Siedlungsäußerungen von Hillary Clinton zu glätten.

Der noch amtierende palästinensische Ministerpräsident Salam Fayyad bekräftigte derweil in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP, Palästina müsse Fakten schaffen, anstatt sich von einem Verhandlungsprozeß abhängig zu machen, der seit 16 Jahren stagniere. Es müsse »um Aufbau, nicht um Zerstörung« gehen, sagte Fayyad, die »internationale Gemeinschaft« müsse gezwungen werden, das Existenzrecht eines palästinensischen Staates zu akzeptieren. Man müsse Institutionen bauen, die unabhängig von den Beziehungen zur Besatzungsmacht ab dem Jahr 2011 einen lebensfähigen palästinensischen Staat führen könnten. Konzentrieren will sich Fayyad auf die von Israel sogenannten Gebiete C, die Tel Aviv für sich beansprucht und wo seit 40 Jahren illegal Siedlungen entstanden sind. Diese Territorien seien nicht »umstritten, sondern besetzt«, und die Israelis müßten sich zurückziehen, so Fayyad. Israel müsse gezwungen werden, die Westbank und Ostjerusalem zu räumen, denn »internationale Forderungen sind keine Empfehlungen, so wie eine rote Ampel keine Empfehlung ist, anzuhalten«. Der Druck auf Israel müsse vom Nahostquartett (UN, USA, EU und Rußland) ausgehen, meint Fay­yad, obwohl das Gremium seit mehr als einem Jahr keine aktive Rolle mehr gespielt hat.

Der Ökonom Fayyad, der mit seinem technokratischen Kurs der Mitte keine große Gefolgschaft bei den Palästinensern hat, arbeitete früher bei der Weltbank und sorgt seit Jahren dafür, daß die Palästinensische Autonomiebehörde Milliarden Dollarhilfen aus internationalen Hilfsprogrammen erhält. Mit dem Geld wurden die Polizeikräfte bewaffnet und ausgebildet, die auch gegen Hamas-Anhänger vorgehen. Außerdem wurden kleinere Betriebe aufgebaut, die heute als erfolgreiches Rückgrat einer sich erholenden palästinensischen (Westbank-)Ökonomie präsentiert werden. Der Gazastreifen kommt in dem Plan nicht vor. Die Hamas erkennt Salam Fayyad nicht an, der von Präsident Mahmud Abbas im Machtkampf 2007 gegen den demokratisch gewählten Ministerpräsidenten Ismail Haniye ins Amt gehoben wurde.

* Aus: junge Welt, 4. November 2009


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